Der Stadtrat hat beschlossen, eine Arbeitsgruppe zum „Wohnen in Leipzig für Menschen mit Migrationsgeschichte beziehungsweise Fluchterfahrung“ einzurichten. Der Beschluss geht auf einen Antrag des Migrantenbeirates zurück. Am Ende setzte sich jedoch ein Änderungsantrag der Grünen durch.

Der Migrantenbeirat hatte beantragt, einen Runden Tisch zu diesem Thema einzurichten. Der Vorsitzende Kanwal Sethi sagte in der Ratsversammlung: „Leipzig ist die am Stärksten wachsende Stadt in Deutschland. Wir wurden in vielen Gesprächen von Migranten darauf aufmerksam gemacht, dass es schwierig ist, in Leipzig eine Wohnung zu finden. Die Wohnungsnot in Leipzig macht die Situation für solche Menschen noch schwieriger.“

Zudem verwies Sethi auf eine kürzlich veröffentlichte Studie zur Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt. Den Verwaltungsstandpunkt habe der Migrantenbeirat mehrheitlich befürwortet. Dieser sah statt eines Runden Tisches eine Veranstaltung vor, die gegebenenfalls regelmäßig fortgeführt werden kann.

Juliane Nagel (Linke) betonte das Anliegen von Geflüchteten in Massenunterkünften, die in eine eigene Wohnung ziehen möchten: „Damit könnten wir nicht nur Geld sparen, sondern den Menschen auch ein selbstbestimmtes Leben ermöglichen.“ Sowohl „Mechanismen“ im Sozialamt als auch rassistische Einstellungen bei Vermietern würden das erschweren. Hinzu kämen mangelnde Sprachkenntnisse.

Nagel rückte auch andere Gruppen mit erschwertem Zugang zum Wohnungsmarkt in den Fokus: Arbeitslosengeldempfänger, Geringverdiener, aus Haft entlassene Menschen, psychisch Beeinträchtigte und Wohnungslose. „Das Recht auf Wohnen ist ein international verbrieftes Menschenrecht. Wohnraum muss auch für benachteiligte Gruppen zugänglich sein.“

Video der Debatte. Quelle: Livestream der Stadt Leipzig

Die Grünen-Stadträtin Petra Čagalj Sejdi erklärte, dass ihre Fraktion den Verwaltungsstandpunkt nicht unterstützen werde. Sie kritisierte die Formulierung, dass nach Möglichkeiten gesucht werden solle, „übermäßige Konzentrationen dieser Bevölkerungsgruppe in einzelnen Gebäuden und Quartieren zu vermeiden“. Zudem störte sie sich an einem Satz in der Begründung des Verwaltungsstandpunktes, wonach eine Aussage aus der Begründung des Antrags des Migrantenbeirates „entschieden zurückzuweisen“ sei, da diese „den Vorwurf der Diskriminierung Geflüchteter ‚auf struktureller Ebene beim Sozialamt‘ enthalte“.

Ein Änderungsantrag der Grünen forderte deshalb zwar ebenfalls eine einmalige Veranstaltung mit Option auf Fortführung, verzichtete jedoch auf den Satz zur „Konzentration der Bevölkerungsgruppe“. Diesem Antrag stimmten 40 Stadträte zu, 21 waren dagegen, zwei enthielten sich.

Verwaltungsbürgermeister Ulrich Hörning (SPD) hatte in Anbetracht der Diskussionen über die Formulierungen im Verwaltungsstandpunkt vor der Abstimmung eine „Sprachpolizei“ beklagt. Es folgte ein Raunen im Stadtrat.

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