Schon die ganzen Unfälle mit Radfahrern in der Jahnallee hatten den Leipziger Stadtrat aufgeschreckt. Dann kam der Unfall am Martin-Luther-Ring. Und am 31. Mai sorgte dann der nächste tödliche Unfall mit einem 53-jährigen Radfahrer in Schönefeld für Entsetzen. Darauf haben jetzt gleich zwei Ratsfraktionen mit Anfragen reagiert. Denn dass Radfahrer immer wieder von Lkw überrollt werden, hat meistens mit einem fehlenden Abbiegeassistenten zu tun.

Der Antrag der SPD-Fraktion wendet sich direkt an die Stadt und ihre Eigenbetriebe. Denn die betreiben ja auch allerlei Lkw. Und wer im Leipziger Verkehrsgewühl unterwegs ist, weiß, wie knapp es mit den Ungetümen gerade in dicht befahrenen Straßen oft zugeht.

„In den vergangenen Wochen kam es auch in Leipzig zu schweren Unfällen durch insbesondere rechtsabbiegende Lkw, die Unfälle endeten teilweise tödlich. Rechtsabbiegende Lkw sind entsprechend verschiedener Studien für Radfahrer und Fußgänger besonders gefährlich, weil sie beim Abbiegevorgang übersehen werden, wenn sie sich im toten Winkel des Lkw befinden“, stellt die SPD-Fraktion fest.

Und das mahnende weiße Fahrrad am Martin-Luther-Ring erinnert ja auch die Ratsmitglieder jeden Tag daran, wie schnell der „tote Winkel“ für Radfahrerinnen und Radfahrer zur tödlichen Falle wird. „Aktuell wird auch auf Bundesebene über eine verpflichtende Einführung von Abbiegeassistenten für Lkw diskutiert. Soweit uns bekannt ist, wird der Einbau von Abbiegeassistenten über De-minimis gefördert.“

Die SPD-Fraktion möchte das Umdenken in der Verwaltung erst einmal über zwei Fragen anstoßen, die sie in der Ratsversammlung beantwortet haben möchte:

  1. Sind bereits Teile der kommunalen Lkw-Flotte (Eigenbetriebe und kommunale Unternehmen sowie deren Tochterunternehmen inbegriffen) mit entsprechenden Systemen ausgestattet? Wenn ja, wie hoch ist der Anteil?
  2. Plant die Stadt Leipzig die kommunale Lkw-Flotte (Eigenbetriebe und kommunale Unternehmen sowie deren Tochterunternehmen inbegriffen) mit Abbiegeassistenten nachzurüsten? Wenn ja: In welchem Zeitraum soll dies geschehen? Wenn nein: Warum nicht?

Die Linksfraktion reagiert noch ein wenig schärfer. Denn ihr sind die Meldungen zu tödlichen Radfahrerunfällen eigentlich zu viel: „Seit Anfang des Jahres 2018 sind in Leipzig vier Fahrradfahrer*innen durch Unfälle mit LKWs ums Leben gekommen. Wir halten es für geboten, dass die zuständige Bürgermeisterin Frau Dubrau diese Situation nicht länger nur mit ansieht, sondern endlich handelt.“

Auch die Linksfraktion fragt nach Abbiegeassistenten, geht aber noch weiter und stellt die Frage, ob man Lkw ohne solche Abbiegeassistenten einfach aus der Stadt verbannen könnte. Und sie verknüpft es mit einem eigenen älteren Antrag, der ein generelles Durchfahrtverbot für Lkw forderte.

Das hatte die Linke im Dezember ins Verfahren gegeben – aber nicht wegen den gefährdeten Radfahrern, sondern wegen der Luftbelastung durch Dieselfahrzeuge. Die Diesel-Affäre kocht ja noch immer. Und während große Lkw seit Einführung der Umweltzone im Jahr 2011 meist wirklich den Autobahnring nutzen, um Leipzig zu umfahren, wollte die Linke das Durchfahrtverbot auch auf Lkw ab 3,5 Tonnen Gewicht ausweiten.

Entsprechend fallen dann auch die Fragen aus, die die Linksfraktion jetzt beantwortet haben will.

  1. Wann liegen die mit unserem Antrag 05152 beschlossenen Ergebnisse der verkehrsrechtlichen Prüfung zum LKW-Durchfahrtverbot vor?
  2. Ist es der Stadtverwaltung rechtlich möglich, nur noch LKW mit Abbiegeassistenzsystemen die Einfahrt in Leipzig zu gestatten? Wenn nein, welche rechtlichen Voraussetzungen sind dafür notwendig?
  3. Beabsichtigt die Stadt, im Rahmen des Deutschen Städtetages politisch aktiv zu werden, damit bundesweit zum frühestmöglichen Zeitpunkt solche Abbiegeassistenzsysteme flächendeckend eingeführt und zur Pflicht werden?
  4. Was plant die Stadt Leipzig, um die stadteigenen LKW und die LKW der Beteiligungsfirmen schon vor einer Gesetzespflicht mit Abbiegeassistenzsystemen auszustatten?
  5. Welche sonstigen Maßnahmen plant die Stadtverwaltung, um die Unfallgefahr von Radfahrer*innen in Leipzig zu senken?

Das sind eigentlich lauter Fragen zu völlig unterschiedlichen Themenkomplexen. Aber dahinter steckt natürlich auch das unübersehbare Fehlen der lange schon versprochenen Radnetzplanung. Denn wenn der Radverkehr in Leipzig weiter so wächst wie bisher, braucht es deutlich mehr und sicherere Radwege im Hauptnetz, die auch endlich gebaut werden müssen.

Linksfraktion beantragt Durchfahrtverbot für Lkw ab 3,5 Tonnen durch Leipzig

Linksfraktion beantragt Durchfahrtverbot für Lkw ab 3,5 Tonnen durch Leipzig

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Das dürfte sich nur im Bund regeln lassen, was sicher ganz schnell geht: Schon nach wenigen Jahren Lobbyarbeit wird eine wenige Jahre dauernde, intensive Prüfung erfolgen, die in einen Gesetzentwurf mündet, der festlegt, daß nach wenigen Jahren Übergangsfrist kein neues LKW-Modell mehr auf den Markt gebracht werden darf ohne Abbiegeassistenzsystem. Da haben wir voraussichtlich in wenigen Jahrzehnten fast keine LKW ohne, abgesehen von denen, die dann einfach außerhalb der EU zugelassen werden, weil es ohne billiger ist.

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