Am 31. Mai gab es endlich die Nachricht, auf die Kommunen in Sachsen seit über zehn Jahren gewartet hatten: Der Freistaat hob endlich seinen Anteil an der Finanzierung der Kita-Plätze an. Und er will auch endlich die Betreuung der Flüchtlinge etwas besser bezahlen. Denn in beiden Kategorien hat die Staatsregierung Kosten einfach auf die Kommunen abgewälzt. Da ist auch Christopher Zenker etwas erleichtert.

„Die Anhebung der Kita-Pauschale um 300 Euro je 9-Stunden-Platz auf 2.755 Euro pro Jahr gleicht die Kostensteigerungen aus”, kommentiert Christopher Zenker, Vorsitzender der SPD-Fraktion Leipzig und Mitglied im Sozialausschuss des Stadtrats, die Verhandlungsergebnisse, die auch für Leipzig eine millionenschwere Erleichterung bedeuten.

„Das ist ein guter Anfang, der große Wurf ist es jedoch noch nicht. Damit finanziert der Freistaat Sachsen einen Kinderkrippenplatz zu zirka 23 Prozent und einen Kindergartenplatz zu zirka 48 Prozent. Der Einstieg in die kostenlose Kinderbetreuung, der in den meisten Bundesländern inzwischen beschlossen ist, wird damit nicht gewagt. Wir werden daher weiter dafür werben, dass im Rahmen der Haushaltsverhandlungen ein Schritt in diese Richtung, zum Beispiel mit einem kostenlosen Vorschuljahr, gewagt wird, denn damit würde man gerade Familien mit geringem und mittlerem Einkommen entlasten.“

Gemäß Artikel 87 Absatz 1 Sächsische Verfassung ist es Aufgabe des Freistaates Sachsen, dafür zu sorgen, dass die kommunalen Träger der Selbstverwaltung ihre Aufgaben erfüllen können. Grundlegende Voraussetzung der kommunalen Selbstverwaltung ist dabei eine aufgabengerechte Finanzausstattung. Diese wird mit Hilfe des kommunalen Finanzausgleichs versucht sicherzustellen. Eine höhere Kitapauschale ist ein Beitrag dazu.

Aber tatsächlich ist das Verhandlungsergebnis erst ein erster Schritt, irgendwann wirklich eine auskömmliche Kommunalfinanzierung zu erreichen.

„Auch die Erhöhung der Pauschale für die Refinanzierung der Kosten der Flüchtlingsunterbringung um 2.764 Euro jährlich pro Flüchtling begrüßen wir. Die Erhöhung beruht auf einem Gutachten. Danach kostete 2017 die Flüchtlingsunterbringung pro Flüchtling in Sachsen im Durchschnitt 13.945 Euro pro Jahr. Der Freistaat Sachsen wird ab 2019 diese Kosten zu 90 Prozent tragen“, merkt Christopher Zenker an. „Auch wenn man von der versprochenen 100 Prozent Finanzierung immer noch ein Stück entfernt ist, ist das ein großer Schritt.“

Ein großer Schritt immerhin für eine Staatsregierung, die sich ihre Finanzpolster in den vergangenen Jahren immer auf Kosten der Kommunen zusammengespart hat. Es war dieselbe Austeritätspolitik, die auch der Bund seit 2005 betrieben hat. Und sie hat dieselben finanziellen Engpässe bei den Kommunen erzeugt, die auch die Bundespolitik zum Ergebnis hatte.

Und da taucht so ganz nebenbei ein Diskussionsthema auf, das im stetigen Abschiebe-Gedöns der Staatsregierung immer vergessen wird: Dass man Konflikte in der Asylaufnahme vor allem durch bessere Integrationsprogramme mindert. Aber da knausert der Freistaat noch immer.

Christopher Zenker: „Neben den fiskalischen Verbesserungen fordern wir auch vom Freistaat Sachsen, mehr Mittel und Programme für die Integration der Flüchtlinge bereitzustellen. Dazu gehören neben Sprachkursen und einer stärkeren Unterstützung bei der Integration in den Arbeitsmarkt vor allem Programme für Jugendliche ohne Schulabschluss. Das kann der Ausbau des Angebots von Produktionsschulen sein oder die einer Erweiterung der Berufsschulpflicht über das 18. Lebensjahr hinaus, wie in Bayern.“

Und dann wird er sehr deutlich, denn das Plus bei Kita-Pauschale und Flüchtlingsunterbringung kaschiert nicht, dass die Staatsregierung an anderer Stelle noch immer spart und den Kommunen damit die Chance nimmt, ihre brennenden Probleme zu lösen. Stichwort: bezahlbarer Wohnraum.

Denn über das Verhandelte hinaus benötige die Stadt Leipzig größere Unterstützung bei der Bereitstellung von bezahlbarem Wohnraum durch ein verbessertes und aufgestocktes soziales Wohnungsbauprogramm, sagt Zenker, „damit alle die, die auf günstigen Wohnraum angewiesen sind, auch eine bezahlbare Wohnung finden.

Diese Maßnahmen können unter anderem aus zusätzlichen EU-Mittel refinanziert werden, die Deutschland und damit auch der Freistaat für die Aufnahme von Geflüchteten erhält. Das sind immerhin 2.800 Euro für jeden Geflüchteten, der zwischen 2013 und 2017 nach Deutschland gekommen ist. Bezogen auf Sachsen sind das etwa 185 Millionen Euro. Heruntergebrochen auf Leipzig immerhin 25,5 Millionen Euro.“

Und dann gibt es da noch so ein kleines Problem, stellt der SPD-Fraktionsvorsitzende fest: Bei manchen Kita-Kindern zahlt der Freistaat gar nichts.

„Den meisten Eltern ist eine hohe Qualität der frühkindlichen Bildung ihrer Kinder besonders wichtig. In Sachsen haben wir sehr gut ausgebildete Erzieherinnen und Erzieher. Aber die Gruppen sind relativ groß in den Kindertageseinrichtungen und viele Kinder werden von der Schule zurückgestellt und verbringen ein zusätzliches Jahr in der Kita. Leider ohne extra Förderung“, benennt er dieses Loch in der Kita-Pauschale.

„Wir würden es daher begrüßen, dass neben einer höheren finanziellen Entlastung der Eltern auch im Freistaat Sachsen über ein festes Kitabudget pro Einrichtung verhandelt wird, mit dem die Kitas, individuell auf ihre jeweiligen Bedürfnisse abgestimmt, zusätzliche Angebote in ihren Einrichtungen anbieten können.“

Das Sächsische Finanzausgleichsgesetz ist reif für die Tonne

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