Ab heute Abend werden dann wohl die politischen Statements folgen, denn seit Mittwochmittag ist klar: die Leipziger SPD hat keinen Vorsitzenden in Leipzig mehr. Mit sofortiger Wirkung trat heute Hassan Soilihi Mzé von diesem Posten zurück, ein knappes halbes Jahr vor der anstehenden Leipziger Vorstands-Wahl am 17. November 2018. In seiner Mitteilung, welche erst der Leipziger Vorstand und wenig später auch die Presse satzgleich von ihm erhielt, schildert Mzé eine aus seiner Sicht tief gespaltene SPD.

Vor vier Jahren war Mzé gewählt worden und galt dabei nicht unbedingt als Mann der Linken innerhalb der Leipziger SPD. Die Hoffnung damals, dass es ihm gelingen möge, die SPD in Leipzig zusammenzuhalten, in manchen Fragen gar neu zu einen. Offenbar ist eben dies nicht gelungen, was einerseits an den hohen Fliehkräften zwischen linken, mittleren und rechten Flügeln innerhalb des Leipziger Stadtverbandes liegt, andererseits auch an einer gewissen öffentlichen Unauffälligkeit des Stadtvorsitzenden.

In seiner Information an die Presse zumindest greift Hassan Soilihi Mzé bei seinem Abschied heute gegenüber dem Stadtvorstand und der Presse zu drastischen Worten, welche das Bild einer bis in die menschlichen Beziehungen hinein zutiefst gespaltenen SPD zeichnet.

So sei es trotz Anstrengungen nicht gelungen, „die massiven Konflikte des Leipziger SPD-Verbandes substantiell zu befrieden. Die Bemühungen des reinweg ehrenamtlich arbeitenden Vorstands um eine inhaltlich konstruktive Zusammenarbeit der Strömungen innerhalb der Leipzig-SPD wurden von einem Teil der hauptamtlichen örtlichen Mandatsträgerinnen und Mandatsträger sowie einzelnen Interessengruppen weder ernst- noch wahrgenommen.“

Womit letztlich Teile der gewählten Stadträte der SPD, Landtagsabgeordnete und Bundestagsmandatsträger seiner Partei gemeint sind. Wie tief es dabei aus Sicht Mzés in die persönlichen Beziehungen geht, formuliert er nun öffentlich. So stünde aus seiner Sicht in der Leipziger SPD im Vordergrund, „anderen das Leben schwer zu machen“, was ein „respektvolles Miteinander“ nicht mehr möglich mache.

„An einem Punkt, wo in einem feindseligen Klima aber die Gesundheit schließlich verloren geht, ist auch zu entscheiden, ob ein solcher Einsatz noch verantwortbar ist“, so Mzé zu seinem Entschluss, den Vorsitz heute niederzulegen.

Wiederwahl war eher ungewiss

Mit zum Entschluss Mzés beigetragen haben dürfte jedoch auch die Ahnung, dass es am 17. November 2018 durchaus hätte schiefgehen können mit seiner erneuten Wahl zum Stadtvorsitzenden. Dann wird die SPD immerhin im Vorfeld eines von Wahlen geprägten Jahres 2019 den gesamten Stadtvorstand neu bestimmen müssen. Bereits 2014 hatte sich der damalige Neuling nur knapp bei der Wahl zum Vorstandsvorsitzenden durchsetzen können – der linke SPD-Flügel war nicht auf seiner Seite gewesen.

Da es ihm offenbar – wie er selbst schreibt – in den vergangenen vier Jahren nicht gelungen ist, eben diesen Riss zu kitten, steht nun wohl eher die Frage, welche stärker integrierenden und moderierenden Menschen die Partei bis zum 17.11.2018 findet und zur Wahl aufstellt. 2019 ist praktisch von der Kommunal- und Europawahl im Frühjahr bis zur Sachsenwahl im Spätsommer/Herbst des gleichen Jahres Dauerwahlkampf.

Da dürfte keine Partei gut beraten sein, interne Konflikte öffentlich auszutragen.

Die vollständige Meldung von Hassan Soilihi Mzé vom 6. Juni 2018 an den Stadtvorstand Leipzig und die Presse

Lieber Vorstand, ich schreibe Euch heute, um mitzuteilen, dass ich von meinen Ämtern innerhalb der SPD mit umgehender Wirkung zurücktrete. Nach fast vier Jahren an der Spitze des Leipziger Stadtverbandes bedanke ich mich zuallererst bei den vielen Mitgliedern, die mich in meiner Arbeit unterstützt haben. Mit Rat, mit Tat und immer wieder auch mit Zuspruch und Ermunterung. Gemeinsam mit diesen Menschen ist mit Blick auf Leipzig vieles gelungen – und dafür bin ich sehr dankbar. Vieles heißt aber auch: entscheidende Punkte nicht.

Es ist trotz Anstrengungen nicht gelungen, die massiven Konflikte des Leipziger SPD-Verbandes substantiell zu befrieden. Die Bemühungen des reinweg ehrenamtlich arbeitenden Vorstands um eine inhaltlich konstruktive Zusammenarbeit der Strömungen innerhalb der Leipzig-SPD wurden von einem Teil der hauptamtlichen örtlichen Mandatsträgerinnen und Mandatsträger sowie einzelnen Interessengruppen weder ernst- noch wahrgenommen.

Mit verheerenden Folgen für das innerparteiliche Klima: Denn wo im Vordergrund steht, statt gemeinsam Inhalte zu entwickeln, anderen das Leben schwer zu machen, da ist keine politische Zusammenarbeit, da ist kein respektvolles Miteinander mehr möglich. Ich habe mich entgegen diesen Entwicklungen und trotz Anfeindungen gerne für die Leipzig-SPD an verantwortlicher Stelle eingebracht. An einem Punkt, wo in einem feindseligen Klima aber die Gesundheit schließlich verloren geht, ist auch zu entscheiden, ob ein solcher Einsatz noch verantwortbar ist.

Diese Entscheidung ist jetzt gefallen. Ich bedanke mich bei allen, die mit dem Ziel im Stadtvorstand gearbeitet haben, für den Zusammenhalt der Leipzig-SPD zu wirken, und verabschiede mich mit herzlichem Gruß Hassan Soilihi Mzé

Weiter so oder eine tiefgehende Aussprache? Nach dem Rücktritt des Leipziger SPD-Chefs

Nach dem Rücktritt des Leipziger SPD-Chefs

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