In Leipzig demonstrierten am Samstag laut Polizei etwa 200 Personen gegen die Politik der Bundesregierung, dazu formierte sich entsprechender Gegenprotest. Und: Die SPD Leipzig hat ihre Kandidaten für die Landtagswahl im kommenden Jahr aufgestellt. Die LZ fasst zusammen, was am Wochenende, dem 4./5. November 2023, in Leipzig, Sachsen und darüber hinaus wichtig war.

„Bürgerbewegung“ marschiert unter Gegenprotest, Polizei registriert Straftaten

Nach Angaben der Polizei rund 200 Menschen (und damit deutlich weniger als mit 5.000 angemeldet) versammelten sich am Samstagnachmittag auf dem Augustusplatz in Leipzig, um sich anschließend mit einem Marsch um den Innenstadtring gegen die Politik der Bundesregierung zu positionieren. Zu der Aktion aufgerufen hatte die Gruppierung „Bürgerbewegung Leipzig 2021“, die seit Ende 2021 vom Verfassungsschutz in Sachsen als erwiesen extremistisch eingestuft wird. Sie hatte in der Corona-Zeit unter anderem Stimmung gegen die staatlichen Anti-Pandemie-Maßnahmen gemacht.

Gegen den Aufmarsch formierte sich Protest in Form des Bündnisses „Leipzig nimmt Platz“, das mit zwei Versammlungen unter dem Motto „Aufbruch? Abbruch!“ präsent war. Die Versammlungen fanden ebenfalls auf dem Augustusplatz bzw. dem kleinen Wilhelm-Leuschner-Platz statt, hier nahmen laut Polizei insgesamt etwa 330 Menschen teil.

Bei der Demo der „Bürgerbewegung“ wurden auch Russland-Flaggen sowie Fahnen der rechtsextremen Kleinstpartei „Freie Sachsen“ geschwenkt, es kam zu Aggressionen gegen Pressevertreter. Die Polizei stellte einen „nationalsozialistischen Gruß“ durch einen Versammlungsteilnehmer fest. Zudem leiteten die Gesetzeshüter Verfahren wegen Beleidigung, Körperverletzungsdelikten, des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen sowie wegen Verstößen gegen das Versammlungsgesetz ein. Während des Marschs auf dem Cityring kam es zu vereinzelten Sitzblockaden durch Gegenprotestler.

Die Demo der Rechtsextremen fand fast auf den Tag genau drei Jahre nach einer Großkundgebung sogenannter Querdenker mit bis zu 20.000 Menschen in Leipzig am 7. November 2020 statt. Damals war die Situation zeitweise völlig eskaliert, Polizei und Medienvertreter wurden massiv angegriffen. Im September hatte das Leipziger Amtsgericht den Rechtsextremen Sven Liebich und drei weitere Personen wegen einer damaligen Attacke auf einen Fotografen verurteilt.

Pro-Palästina-Demo in Berlin und andernorts

Demonstriert wurde angesichts des Kriegs im Nahen Osten auch in Berlin. Unter strengen Auflagen fand dort am Samstag die größte „Free Palestine“-Demonstration Deutschlands seit dem Terrorangriff der Hamas am 7. Oktober statt. Laut Medienberichten nahmen rund 8.500 Personen teil, Anwesende schätzten bis zu 30.000 Teilnehmende. Aufgerufen hatten die Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost e. V., Palästina spricht, Kampagne Palästina und Jewish Bund.

Sie kritisierten die deutsche Politik für ihre bedingungslose Solidarität mit Israel und forderten ein Ende des Massenmords in Gaza. Palästinenser sollten nicht für die deutsche Schuld am Holocaust zahlen müssen. Alle Menschenleben seien gleich viel wert. Kritik an den Taten des Staates Israel können nicht mit Antisemitismus gleichgesetzt werden. Ein sofortiger Waffenstillstand sei notwendig. Als der Demozug einen Starbucks passierte, gab es Buh-Rufe und Daumen nach unten von den Protestierenden.

59 Personen kamen in Polizeigewahrsam. Die Polizei nahm zwei mutmaßliche Übergriffe auf Medienvertreter auf. 64 Anzeigen  (davon 16 wegen des Verdachts auf Volksverhetzung) wurden zudem registriert. In den letzten Wochen hatte Berlin pauschal viele pro-palästinensische und antirassistische Demonstrationen verboten. In den sozialen Medien war die Demonstration aufgrund ihrer Standpunkte und der hohen Teilnahme von schwarzen Personen und People of Colour massiven rassistischen Äußerungen ausgesetzt.

Die BILD verbreitete falsche Informationen über eine angebliche Forderung, Israel zu bombardieren. Pro-palästinensische Demos werden immer wieder mit dem Vorwurf des Antisemitismus konfrontiert.

Weitere pro-palästinensische Demonstrationen fanden in Essen, Düsseldorf und Duisburg statt.

Leipzig: Kandidaten der SPD zur Landtagswahl stehen fest

In der VDI GaraGe in Leipzig-Plagwitz wählten Mitglieder des SPD-Stadtverbands Leipzig bereits am Freitagabend die hiesigen Kandidaten zur Landtagswahl am 1. September 2024 in Sachsen.

Für die Messestadt gehen für ihren jeweiligen Wahlkreis laut dem Ergebnis Dirk Panter (49, Landtagsabgeordneter, Leipzig 1), Kevin Hofbüker (31, Sozialarbeiter, Leipzig 2), Bettina van Suntum (49, Juristin, Leipzig 3), Gerald Eisenblätter (41, Bildungsreferent, Leipzig 4), Sascha Kodytek (27, Student, Leipzig 5), Dr. Benjamin Schulz (41, operativer Leiter, Leipzig 6), Michael Schmidt (39, Pflegefachkraft, Leipzig 7) und Irena Rudolph-Kokot (50, Personalratsvorsitzende, Leipzig 8) ins Rennen.

Holger Mann und Christina März äußerten sich als Co-Vorsitzende der SPD Leipzig optimistisch, dass man mit den Kandidierenden gut für die Wahl aufgestellt sei. Das Team stehe für die Kernthemen Bildung, Arbeit und Soziales ebenso wie für Digitalisierung, Klimaschutz und Wissenschaft. Man freue sich auf einen engagierten Wahlkampf.

Worüber die LZ am Wochenende berichtet hat:

Asyl-Zugangszahlen in Sachsen steigen: Linke Landtagsabgeordnete fordert Problemlösungen statt Stimmungsmache

Kommentar zu Leistungskürzungen für Asylbewerber: „Der schädlichste Vorschlag, der seit langer Zeit gemacht wurde“

Sonntagskirche № 92: Die bewahrte St.-Wolfgangs-Kirche in Schneeberg

Leipziger Straßengeschichten: Was sich über Straßen und Orte in Leipzig so erzählen lässt

Sozialreport 2023: Sozialausgaben bringen Leipzigs Haushalt zunehmend unter Druck

Alkohol, Drogen, Medikamente: Ökonomische Lage zeigt sich auch in der Suchtgefährdung

Deutsche Ängste: Wurzelgeflechte und Deutungsgefechte

Catcalling: Leipzig hat Kampagne gegen sexuelle Belästigung gestartet

Was sonst noch wichtig war:

In der Saalfelder Straße in Leipzig-Neulindenau kam es bereits am späten Freitagabend aus noch ungeklärtem Grund zum Brand eines Mehrfamilienhauses. Die Hausbewohnerschaft wurde für den Einsatz der Feuerwehr evakuiert, laut Angaben der Polizeidirektion Leipzig mussten 17 Menschen vorsorglich mit Verdacht auf Rauchgasvergiftung ins Krankenhaus.

Nach den Löscharbeiten konnten die Wohneinheiten wieder betreten werden. Die Höhe des Sachschadens steht noch nicht fest, die Polizei ermittelt wegen eines möglichen Branddelikts.

Außerdem sammelte die Ahmadiyya-Gemeinde am Samstag bei einem Spendenlauf Geld für den guten Zweck. Mehr Informationen dazu gibt es hier von unserem Kollegen René Loch.

Mit der Festnahme eines Mannes und der Befreiung eines kleinen Kindes ging am Sonntagabend eine Geiselnahme auf dem Hamburger Flughafen nach etwa 18 Stunden zu Ende.

In Karlsruhe kam es offenbar zu einer Tat, die weniger glimpflich endete: Dort soll ein Mann vor dem Bundesverfassungsgericht am Samstagabend auf Polizisten geschossen und einen Beamten schwer verletzt haben. Der mutmaßliche Schütze wurde festgenommen.

Der Krieg im Nahen Osten und die Suche nach einer Lösung gehen unvermindert weiter.

Das gilt leider auch für den Angriffskrieg gegen die Ukraine. Deren Präsident Wolodymyr Selenskyj (45) macht sich nach hohem Besuch aus Brüssel zumindest Hoffnung auf einen EU-Beitritt des Landes. Er sei zuversichtlich, dass die Gespräche noch in diesem Jahr starten könnten.

Was morgen wichtig wird:

Die Ministerpräsidentinnen und -präsidenten der Länder treffen sich am Montag mit Kanzler Olaf Scholz (65, SPD) zum Migrationsgipfel. Dabei soll es um den weiteren Umgang mit den hohen Einwanderungszahlen nach Deutschland sowie die finanzielle Unterstützung von Ländern und Gemeinden durch den Bund gehen. Vorab sind die Erwartungen hoch.

NRW-Landesvater Hendrik Wüst (48, CDU) ließ verlauten, es müsse endlich einen Durchbruch geben. Der Umgang mit der Migration und die Frage der Finanzen waren in der jüngeren Vergangenheit ein gewaltiger Zankapfel.

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