In der jetzt stattfindenden Mobilitätswoche ist die Leipziger SPD vorgeprescht mit der Idee, auf den existierenden Gütergleisen rund um Leipzig einen kompletten S-Bahn-Ring einzurichten. Die Fraktion der SPD im Rathaus hat die Idee gleich aufgegriffen – und kann sich durchaus auch Varianten für so einen Ring vorstellen.

Denn eines ist heute schon Fakt: Das Mitteldeutsche S-Bahn-Netz hat seine Potenziale noch lange nicht erschlossen. Auf allen Strecken sind Taktverdichtungen noch allemal möglich, neue Routen sind ja auch im neuen Nahverkehrsplan des ZVNL angedacht. Je mehr Punkte in einer guten Vertaktung angefahren werden, umso attraktiver wird das Netz und umso mehr Pendler können auf ihr Auto endgültig verzichten.

Die Ring-Idee ist nicht mehr ganz neu und wird natürlich eine fachliche Prüfung brauchen.

„Das Leipziger S-Bahn-Netz ist eine Erfolgsgeschichte, die es fortzuschreiben gilt“, schreibt die SPD-Fraktion in ihrem Antrag. „Es kann den innerstädtischen Verkehr beschleunigen, den Stadtrand näher an das Zentrum heranbringen und bietet auch Menschen aus dem Umland eine umweltfreundliche und zumeist zuverlässige Möglichkeit, nach Leipzig zu kommen.

Folgerichtig diskutiert Leipzig über Möglichkeiten, das S-Bahn-Netz zu erweitern, wobei die Diskussion um den Ost-West-Tunnel besondere Aufmerksamkeit erfahren hat. Erwägenswert erscheint auch die Idee einer Ring-S-Bahn, die im Wesentlichen auf den Strecken des bestehenden Güterrings verlaufen könnte. Sie birgt das Potenzial, das S-Bahn-Netz schnell und kostengünstig zu erweitern, viele Leipziger Stadtteile zusätzlich zu erschließen und ohne Umwege durch die Innenstadt miteinander zu verbinden.

Damit trägt eine Ring-S-Bahn zur Entlastung des innerstädtischen Verkehrs und insbesondere des Innenstadtrings bei. Der stadtnahe Verlauf ermöglicht zahlreiche Umstiege zum bestehenden ÖPNV, mit den vorgeschlagenen Haltepunkten zu elf Straßenbahnlinien und fast allen bestehenden S-Bahn-Linien. Bereits in den 1970er-Jahren gab es Pläne für einen S-Bahn-Ring um Leipzig herum, die teilweise umgesetzt worden sind, wie der Streckenverlauf entsprechend der Abbildung (Anlage) exemplarisch darstellt.“

So könnte der S-Bahn-Ring um Leipzig aussehen. Grafik: AK-Stadtentwicklung & Umwelt der SPD Leipzig
So könnte der S-Bahn-Ring um Leipzig aussehen. Grafik: AK-Stadtentwicklung & Umwelt der SPD Leipzig

So schnell verschwinden also Ideen nicht. Und der Güterring ist möglicherweise auch deshalb interessant, weil er auch Ortsteile erschließt, die bei weiterem Bevölkerungswachstum auch wieder weiteren Wohnungsbau bekommen werden.

Was freilich im Ring-Projekt fehlt, ist die Verbindung von der Markkleeberger Waldbahn zur S-Bahn-Strecke nach Connewitz. In der Karte ist das Stück rot markiert.

„Wesentlicher Vorteil eines S-Bahn-Rings ist die Anknüpfung an bestehende Gleisanlagen, sodass zusätzliche Durchschneidungen der Stadt und des Auwaldes vermieden werden. Zudem ist zu erwarten, dass die Ertüchtigung kostengünstig ist“, so die SPD-Fraktion, die durchaus nicht darauf beharrt, dass ein geschlossener Ring tatsächlich das Ei des Columbus ist.

Es bieten sich ja auch noch andere Varianten an. „Bei der Prüfung sollen verschiedene Linienführungen berücksichtigt werden. Denkbar ist eine Ring-Linie, die Leipzig umkreisen könnte. Es ist aber auch möglich, Halbkreise durch den Citytunnel zu fahren oder zusätzliche Linien aus dem Umland um Leipzig herum zu führen, statt durch den Citytunnel.“

Rechnen und kalkulieren müssen am Ende sowieso die Experten – in diesem Fall wohl eher nicht die Planer der Stadt, sondern die des Zweckverbands Nahverkehr Leipzig (ZVNL), der das S-Bahn-Netz plant und die Transportleistungen vergibt. Und bauen muss am Ende ja die Bahn, der ja die ganzen Gleise gehören.

„Der Prüfauftrag soll die technische Machbarkeit des Projekts darstellen, mögliche Kosten abschätzen und das Potenzial ermitteln und der Idee auf dem Weg zur Umsetzung erste Konturen geben“, so die SPD-Fraktion. „Die Prüfungen sollen mit anderen Überlegungen zur Erweiterungen des Netzes abgestimmt werden, um Synergien aufzuzeigen, insbesondere mit den Überlegungen zu einem Ost-West-Tunnel.“

Man sieht: Dieser von der Leipziger Stadtpostille gefeierte Ost-West-Tunnel besetzt auch die Köpfe der SPD-Fraktion, obwohl selbst die Diskussionen zum Leipziger Mobilitätskonzept jetzt schon zeigen, dass Leipzig diesen Tunnel nicht bezahlen kann und es auch keinen Fördergeldgeber gibt, der hier noch einmal Milliarden versenken will. Aber da ja OBM Burkhard Jung zugesagt hat, auch noch die wildeste Tunnelvariante prüfen zu lassen, geht der Tanz ums Goldene Kalb weiter.

Und nun bekommt er – wenn der SPD-Antrag im Stadtrat eine Mehrheit findet – den nächsten Prüfauftrag: „Der Oberbürgermeister wird beauftragt, zu prüfen, inwiefern das Leipziger S-Bahn-Netz durch eine Ring-S-Bahn erweitert werden kann. Das Projekt soll sowohl als Alternative wie auch als Ergänzung zu einem möglichen Ost-West-Tunnel betrachtet werden. Zudem sollen vorhandene oder auch neue Anschlussmöglichkeiten an das Netz der LVB beachtet werden. In die Prüfung sind Deutsche Bahn, ZVNL, MDV und der Freistaat Sachsen einzubeziehen. Der Oberbürgermeister wird beauftragt, eine finanzielle und personelle Beteiligung des Freistaates zu ermöglichen.“

Die neue Leipziger Zeitung Nr. 59 ist da: Zwischen Überalterung und verschärftem Polizeigesetz: Der Ostdeutsche, das völlig unbegreifliche Wesen

Zwischen Überalterung und verschärftem Polizeigesetz: Der Ostdeutsche, das völlig unbegreifliche Wesen

 

Empfohlen auf LZ

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar