Mit großer Mehrheit hat der Stadtrat am Mittwoch, den 13. März, dem Masterplan für den Eutritzscher Freiladebahnhof zugestimmt. Das war nicht selbstverständlich: Wenige Tage zuvor war der Verkauf des Grundstücks an einen anderen noch unbekannten Investor bekannt geworden. Mehrere Stadträte und Oberbürgermeister Burkhard Jung kritisierten dieses Verhalten. Bevor das Verfahren fortgeführt werden soll, sind nun zahlreiche Punkte zu prüfen.

Selbst die Stadtspitze war offenbar überrascht, als vor einer Woche bekannt wurde, dass die CG-Gruppe das Gelände des ehemaligen Eutritzscher Freiladebahnhofs verkauft hat. Dort soll in den kommenden Jahren ein neuer Stadtteil mit Wohnungen, Bildungseinrichtungen, Grünflächen, Kulturangeboten und Geschäften entstehen.

Wie der neue Stadtteil im Detail aussehen soll, war in den vergangenen Jahren mehrmals Gegenstand von Gesprächen zwischen Stadt und Investor, aber auch Ergebnis verschiedener Bürgerbeteiligungen. Nun äußern einige Stadträte die Angst, dass sich der neue Eigentümer nicht an die vereinbarten Ziele halten möchte.

In der Ratsversammlung am Mittwoch, den 13. März, stand zunächst der Masterplan zur Abstimmung. Dieser bildet die Grundlage für das weitere Verfahren. Die entsprechende Vorlage der Verwaltung enthielt jedoch nicht nur einen Beschluss zum Masterplan, sondern unter anderem auch eine Kenntnisnahme, dass „der bisherige Vorhabenträger seiner Informationspflicht nicht nachgekommen“ sei. Die Stadt hat bereits angekündigt, rechtliche Schritte zu prüfen.

Baubürgermeisterin Dorothee Dubrau (parteilos) bemängelte in ihrer Rede nochmals diesen Umstand. „Wir haben zufällig über den Verkauf erfahren“, so Dubrau. Noch am Freitag habe man deshalb ein Gespräch mit Christoph Gröner, dem Vorstandsvorsitzenden der CG-Gruppe, geführt. Als Vorzüge des neuen Stadtteils hob Dubrau unter anderem den zentralen Park, die „kompakte Bebauung“ darum und kurze Wege hervor. Nun sei jedoch der aktuelle Vertrag bis 30. September 2019 „stehend unwirksam“, also zwar vereinbart, aber aufgrund des Wegfalls des ursprünglichen Vertragspartners CG Gruppe einer weiteren Prüfung seitens der Stadt Leipzig zu unterziehen.

Stadtrat empört

SPD-Stadtrat Christopher Zenker beklagte: „Das hätte heute locker über die Bühne gehen können. Es ist ein normales Verhalten, sich an Vertrage zu halten.“ Das Vorgehen der CG-Gruppe sei „Vertragsbruch“. Zenker hätte sich gewünscht, dass die Gewerbetreibenden noch einige Jahre länger auf dem Gelände geblieben wären. „Aber es ist wahrscheinlich einfacher, ein Grundstück zu verkaufen, das frei von Mietern ist.“

Zugleich lobte Zenker die Verwaltung, die gute Verhandlungserfolge erzielt habe: Geplant sind unter anderem zwei Kitas mit 300 Plätzen, ein Schulcampus, Sportplätze, eine Kulturmeile und ein Anteil sozialen Wohnungsbaus von 30 Prozent. „Wir werden dem Masterplan zustimmen und geben damit einen Vertrauensvorschuss. Es bleibt aber ein mulmiges Gefühl.“

„Wir stimmen mit einem guten Gefühl zu“, äußerte hingegen FDP-Stadtrat Sven Morlok (Freibeuter). „Wir haben ein Quartier mir kurzen Wegen, einer guter ÖPNV-Anbindung und einer Reduzierung der Autos.“ Es sei bedauerlich, dass der Investor seiner Informationspflicht nicht nachgekommen ist. „Aber wir hätten sowieso keine Möglichkeit gehabt, den Käufer abzulehnen.“

Die Linksfraktion sei mit einigen Ausnahmen mit dem Masterplan zufrieden, erklärte Franziska Riekewald. Auch sie kritisierte das Verhalten der CG-Gruppe: „Das ist überheblich. Es geht hier um Klassenkampf. Es geht um das Grundrecht auf Wohnen.“ Die Zustimmung der Fraktion sei an „klare Vorbehalte geknüpft“, zum Beispiel die Fortsetzung der Bürgerbeteiligung.

Relativ kurz hielt sich Grünen-Stadtrat Daniel von der Heide: „Wir haben uns von der Verwaltung überzeugen lassen, dass Zustimmung strategisch sinnvoller ist als Vertagung.“ CDU-Stadträtin Sabine Heymann kritisierte, dass das Ergebnis schlechtgeredet werde. „Wir erwarten, dass man den Käufer als Partner begrüßt. Die Stadt braucht solche Partner, um die Menge an Wohnungen zu schaffen.“

Große Mehrheit für Masterplan

Die Verwaltung übernahm vor der Abstimmung einen gemeinsamen Änderungsantrag von Linken, Grünen und SPD, die einen baulich getrennten Radweg entlang der Bahngleise anstreben. Auch einen Antrag des Fachausschusses Stadtentwicklung und Bau, dass der Masterplan bis zu einem weiteren Beschluss des Stadtrates gegen Ende des Jahres „schwebend unwirksam“ sei, übernahm die Verwaltung.

Am Ende stimmte der Stadtrat mit großer Mehrheit für die Vorlage der Verwaltung. Bevor das Verfahren fortgesetzt werden kann, muss die Verwaltung nun prüfen, inwiefern sich die Situation durch den Verkauf des Grundstücks geändert hat und ob der neue Eigentümer noch an die bisherigen Verhandlungen gebunden ist. „Jetzt fängt die Arbeit eigentlich erst an“, lautete das Fazit des Oberbürgermeisters.

Die gesamte Debatte rings um den Freiladebahnhof am 13. März 2019 im Stadtrat Leipzig

Video: Livestream der Stadt Leipzig

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