Ein Ergebnis können die Demonstranten der 48-Stunden-Demo am Leipziger Hauptbahnhof mit nach Hause nehmen. Sie haben eine Alternative aufgezeigt, wie zukünftig gleichzeitig mehr Platz für Fußgänger, Radfahrer und den ÖPNV gleichermaßen entstehen kann. Und wenig überraschend stimmten die Vertreter der Ratsfraktionen der Linken, Grünen, CDU und SPD am Samstag bei einer Diskussion dem Grundanliegen zu: vor allem der private Autoverkehr hat hier oberirdisch eigentlich keine Zukunft mehr.

Die Probleme und Vorschläge zum gesamten Areal vor dem Leipziger Hauptbahnhof beschäftigen den Leipziger Stadtrat schon länger. Um genau zu sein, spätestes seit dem Jahresende 2016, als dem letzten klar wurde, dass die gewachsene Stadt auch an einem eigentlich großzügig gebauten Platz und der gerade erst 2006 neu eingeweihten Zentralhaltestelle enorme Probleme hat. Während die LVB bei immer höherer Taktung der Bahnen Themen mit der Breite der Bahnsteige hat, was Umsteigezeiten verlängert, kollidieren die Radler genau hier mit den Fußgängern, welche vor den Bahnhof treten oder hineinwollen.

Zudem müssen auch die Busse der LVB durch das Nadelöhr Zentralhaltestelle, kommen tatsächlich solche Konzepte wie das 365-Euro-Ticket oder auch nur das bereits im Stadtrat beschlossene „Nachhaltigkeitsszenario“ – also deutlich mehr Geld in den ÖPNV – hinzu, platzt hier endgültig alles aus allen Nähten.

Seit 2017 liegen die Vorschläge der Ratsfraktionen der Verwaltung nun vor – sie reichen von einer Troglösung der CDU, um hier den Pkw-Verkehr unter die Erde zu bringen, bis hin zur Umleitung des Autoverkehrs auf den Südring und hinter dem Hauptbahnhof entlang, wie auch am Wochenende vom ADFC Leipzig und Fridays for Future gefordert.

Unterdessen ist von einer dritten Fußgängerquerung in der Mitte der Haltestelle zum Bahnhof hin die Rede gewesen – ein Klein-Klein angesichts der wirklichen Fragen vor Ort. Perspektivisch könnte es sogar eher darum gehen, die Zentralhaltestelle hier noch weiter auszubauen, um mehr Busse und Bahnen durch den längst zur Engstelle im ÖPNV gewordenen Umstiegsort zu bekommen. Was zusätzlichen Platz zulasten der bislang vierspurigen Straße fordern wird.

Das Tor zur Innenstadt und die Radler

Und ein weiteres Problem liegt direkt gegenüber am Müller-Park zwischen Kleinem Willy-Brandt-Platz und Goethestraße. Hier ist der innere Radring noch immer nicht wirklich geschlossen. Darüber hinaus ist seit einer Gerichtsentscheidung im vergangenem Jahr klar, dass sich hier sogar heute schon Radfahrer auf dem Ring bewegen dürften.

Und so drückten am Samstag vor allem die zur Podiumsdebatte geladenen Stadträte – mit dabei u.a. Sabine Heymann (CDU), Daniel von der Heide (Grüne), Henrik Fischer (SPD) Marco Böhme (Linke) und Ute Elisabeth Gabelmann (Piraten) – ihre Hoffnung aus, dass die Stadtverwaltung nun endlich die Prüfungen aller bisherigen Ideen zu diesem Tor zur Innenstadt abschließen und dem Stadtrat einen Plan zur Umsetzung vorlegen solle.

Alle bisher in einem freien Architektenwettbewerb bekannten Entwürfe gehen hierbei übrigens von einem autofreien Ring vor dem Hauptbahnhof und so von einer spürbaren Entlastung für die Fußgänger und Radler aus. Samt steigender Aufenthaltsqualität und einer Fahrradgarage (im Innenbereich des Bahnhofes oder davor).

Video: L-IZ.de

Seltsam wenige Debatten auf der Straße

Für die 48-Stunden-Demonstration zog heute Alexander John (ADFC) ein überaus positives Fazit. „Friedlich und fröhlich“ sei es gewesen, Zwischenfälle gab es trotz des umstrittenen Themas keine. So kann man auch feststellen, dass sich zwar jede Menge Autofahrer im Netz aufregten, aber den Weg zum Hauptbahnhof und somit zum Dialog mit den Demonstranten am Wochenende eher nicht fanden.

Die Vision des ADFC Leipzig zum Bahnhofsvorplatz. Bild: ADFC Leipzig
Die Vision des ADFC Leipzig zum Bahnhofsvorplatz. Zum Vergrößern klicken. Bild: ADFC Leipzig

Dies könnte sich ändern, wenn man die gleiche Test-Vollsperrung aus Demonstrationszwecken einer wahrscheinlichen Zukunft wie die drei Stunden am heutigen Sonntag mal auf einen Montagmorgen 6 Uhr verlegen würde.

Denn der von manchen erhoffte Tunnelbau am Hauptbahnhof dürfte nicht nur lange dauern und um die 200 Millionen Euro kosten – er würde auch das Passieren hier für die Jahre des Baus komplett lahmlegen. Besser jedoch wäre es, jetzt, nach der Vorführung am Wochenende, das Thema endlich im Stadtrat zu beraten. Um so auch in den Debatten klarzumachen, wie eng die Themen ÖPNV-Ausbau, Erhöhung des Radverkehrs und die Platzfrage vor dem Hauptbahnhof miteinander zu tun haben. Und sicher auch, dass die Zufahrt für den Bus-ÖPNV oder gar für Rettungskräfte und Polizei eben nicht gesperrt werden würde.

Im Grunde geht es um die 220.000 privaten Pkw in Leipzig zuzüglich der wachsenden Pendlerbewegungen, von denen zukünftig nicht unerheblich viele über den Südring der Stadt geschickt werden könnten, um hier Bahnreisenden, Touristen, Bahnhofspromenaden-Kunden, Radlern und ÖPNV-Nutzern mehr Platz zu verschaffen.

Der ADFC Leipzig im Netz

Impressionen vom Sonntag, 30. Juni 2019

ADFC Leipzig und Fridays for Future: Die 48-Stunden-Demo am Bahnhof hat begonnen + Video

ADFC Leipzig und Fridays for Future: Die 48-Stunden-Demo am Bahnhof hat begonnen + Video

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