Ab und an überarbeitet die Stadt Leipzig ihre Lichtkonzeption. Die letzte Konzeption stammt noch aus den 1990er Jahren. Da wurde die gesamte noch aus DDR-Zeiten stammende Beleuchtung durch damals moderne Natriumhochdrucklampen ersetzt. Doch mittlerweile ist ein ganz anderes Leuchtenzeitalter angebrochen. LED-Lampen lösen die alten Stromfresser ab. Aber mittlerweile spielt auch das Thema Lichtverschmutzung eine Rolle.

Die Straßenbeleuchtung Leipzigs soll künftig vollständig auf LED-Licht umgerüstet werden. Neben der damit verbundenen Energie- und CO2-Ersparnis soll dies auch die Sicherheit im öffentlichen Raum erhöhen, da das warmweiße Licht die Umgebung farbecht wiedergibt, formuliert das Planungsdezernat die Grundzüge des neuen Masterplans. Obwohl das so simpel nicht stimmt.

Denn an den Hauptverkehrsstraßen wird die Stadt weiterhin auf starkes weißes Licht setzen.

„Schon aus Sicherheitsgründen“, betonte Stefan Heinig, Amtierender Leiter Stadtplanungsamt, am Mittwoch im Pressegespräch, in dem Baubürgermeisterin Dorothee Dubrau das neue Lichtkonzept in Grundzügen vorstellte.

Diesen Lichtmasterplan hat die Stadtspitze jetzt auf Vorschlag von Baubürgermeisterin Dorothee Dubrau beschlossen. Dieser regelt sowohl, welche Leuchten an welcher Stelle im Stadtgebiet eingesetzt werden, als auch die Inszenierung der nächtlichen Leipziger Stadtsilhouette.

Zudem definiert der Plan erstmals sogenannte „Lichtempfindliche Gebiete“, in denen aus Gründen des Umweltschutzes einer Lichtverschmutzung vorgebeugt werden soll. Dazu zählen Forst- und Landwirtschaftsflächen, aber auch Wiesen, Parks und Gewässer. Gerade nächtliches Licht wirkt sich schädlich auf die hier lebenden Insekten, Vögel, Fledermäuse oder auch Fische aus. Die Beleuchtung in diesen sensiblen Bereichen darf daher nur eine Farbtemperatur von maximal 3.000 Kelvin haben und muss gegen den Nachthimmel abgeschirmt sein.

Neue Leuchten sollen in diesen Gebieten möglichst nicht installiert werden, direktes Anstrahlen von Gewässern ist nur in Ausnahmen zugelassen und eine Lichtbeschränkung ab 22 Uhr wird angestrebt. Der Plan schreibt jedoch gleichzeitig vor, welche Wege und Straßen in diesen lichtempfindlichen Bereichen derzeit und künftig ausgeleuchtet werden – die Leipziger sollen sich bei abendlichen Parkspaziergängen weiterhin sicher fühlen.

Vergleichbare Pläne zu „Lichtempfindlichen Gebieten“ habe er zwar in anderen Städten noch nicht gefunden, sagt Stefan Heinig. „Aber mit dem Thema beschäftigen sich mittlerweile alle.“ Es geht ja nicht nur um die öffentlichen Parks der Stadt, die für viele Tiere und Insekten Rückzugsräume sind, sondern auch um das ganze Schutzgebiet Leipziger Auenwald, die vor überschüssig ausgestrahltem Licht bewahrt werden sollen.

Wobei es da auch künftig Konflikträume geben wird, denn die Hauptstraßen, die die Elsteraue schneiden, bleiben weiter in starkem weißen Licht ausgeleuchtet.

Gedämpfteres Licht – bis 3.000 Kelvin – wird es nur in den Seitenstraßen geben, dort also, wo die meisten Leipziger wohnen und durch grelle Straßenleuchten nicht aus dem Schlaf geblendet werden sollen.

Für Leipzig als überregionales touristisches Reiseziel spiele aber auch die nächtliche Beleuchtungsszenerie im Stadtzentrum eine wichtige Rolle, so Heinig. Der Illuminationsplan für die Innenstadt sieht eine Grundbeleuchtung der Straßen und Gassen durch die historische Schinkelleuchte vor. In diese Lichtszenerie sind zehn besondere Orte als Lichtinseln eingebettet. Dazu zählen Solitäre wie die Oper, das Alte Rathaus mit Marktensemble oder das Bildermuseum. Denkmäler, wie etwa das Standbild für Richard Wagner auf dem Goerdelerring oder das Schumann- und Gellert-Denkmal werden weiterhin angestrahlt.

Auch im weiteren Stadtgebiet identifiziert der Plan 16 markante Bauwerke, deren Ausleuchtung den jeweiligen Stadtteil effektvoll in Szene setzen und die Vielfalt der Stadt unterstreichen sollen. Die neuen angestrahlten Gebäude sollen die Identifikation der Bürger mit ihrem Stadtviertel stärken. Angedacht ist daher beispielsweise ebenso, das Parkschloss Grünau, das Viadukt am Parkbogen Ost oder auch den Bismarckturm zu illuminieren. An der Alten Messe sollen künftig markante Gebäude inszeniert werden, ebenso westliche Eingangsbauten des Rundlings. Wichtig, so Heinig: Angestrahlt werden sie stets von oben nach unten, damit nicht zu viel Licht nach oben abstrahlt.

Das Konzept ist Grundlage für alle Beleuchtungsplanungen im öffentlichen Raum und wird bei der fortlaufenden Modernisierung der Stadtbeleuchtung angewendet. Die im Masterplan gelisteten Standardleuchten sollen zudem künftig regelmäßig überprüft werden, um gegebenenfalls smarte Zusatzfunktionen integrieren zu können. Straßenlaternen sind beispielsweise als wertvolle Infrastruktur für die Themen 5G oder Autonomes Fahren denkbar.

Letzteres aber wirkt auch wie ein Stopper. „Wir wissen ja noch nicht, welche Funktionen wir künftig alles in die Maste integrieren müssen“, so Dubrau. „Die Masten der Zukunft werden völlig anders aussehen als heute.“

Aber Masterplan bedeutet in diesem Fall auch: Bis die ganze Stadt flächendeckend mit LED-Leuchten ausgestattet ist, wird es wohl mindestens zehn Jahre dauern, wie Michael Mahler vom Verkehrs- und Tiefbauamt, Abteilung Stadtbeleuchtung, betont. Von den über 54.000 Leuchten im Stadtgebiet sind bislang erst zehn Prozent mit LED-Leuchten ausgestattet. Nicht nur das Budget zum Lampenaustausch ist begrenzt, auch der Personalbestand.

Von 69 Mitarbeitern in der Abteilung Stadtbeleuchtung sind 35 direkt für die Beleuchtung zuständig, davon 25 Monteure. Weitere fünf sind allein im Schichtdienst rund um die Uhr für die Überwachung nicht nur der Stadtbeleuchtung, sondern auch der 420 Lichtsignalanlagen zuständig. Wenn es irgendwo zu Ausfällen kommt, müssen sie jederzeit in der Lage sein, Reparatur oder Ersatz zu organisieren.

Für die Instandhaltung der gesamten Stadtbeleuchtung stehen jedes Jahr 1,2 Millionen Euro zur Verfügung. Dass der Austausch von LED-Leuchten überhaupt systematisch vorangeht, hat mit dem dafür extra zur Verfügung gestellten Budget von 150.000 Euro pro Jahr zu tun.

In Geld kann Michael Mahler zwar nicht beziffern, welche Einsparungen die Umrüstung am Ende bringt. Aber eine verlässliche Größe ist der Energieverbrauch. 18,5 Millionen kW/h verbraucht die Leipziger Stadtbeleuchtung heute jedes Jahr. Mit der Umrüstung auf LED rechnet Mahler pro Jahr mit einer Energieeinsparung von 1,2 Millionen kW/h, umgerechnet 720 Tonnen CO2.

Eine Lichtsatzung für Leipzig ist rechtlich nicht möglich, aber einen Lichtmasterplan soll es geben

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Es gibt 5 Kommentare

Im übrigen ist “Gedämpfteres Licht – bis 3.000 Kelvin” irgendwie auch Quatsch.

Kelvin gibt die Lichtfarbe an, also eher rötlich, gelb, weiß oder bläulich.
Gedämpft ist das deswegen aber nicht. Das wäre Lux, Lumen oder Candela; je nach Betrachtung.

#klugscheiss

@Rudi: Schau, so kann man auch Energie einsparen. Straße und Wohnung mit einer Lampe ausleuchten. Auch kein lästiges Schalterdrücken mehr.

Woher kennst du Gefängnisbeleuchtungen? 😉

“Gedämpfteres Licht – bis 3.000 Kelvin – wird es nur in den Seitenstraßen geben, dort also, wo die meisten Leipziger wohnen und durch grelle Straßenleuchten nicht aus dem Schlaf geblendet werden sollen.”
Theorie und Praxis. Bei uns hat man die relativ neuen Leuchtmittel (eingebaut 2015) im Herbst letzten Jahres durch LED ersetzt, seitdem brauchen wir kein eigenes Licht mehr in der Wohnung. Es fühlt sich übrigens wie Gefängnisbeleuchtung an.

#Sebastian: Musste natürlich kW/h heißen. Wir haben es geändert.

“Aber eine verlässliche Größe ist der Energieverbrauch. 18,5 Millionen kW/h verbraucht die Leipziger Stadtbeleuchtung heute jedes Jahr. Mit der Umrüstung auf LED rechnet Mahler pro Jahr mit einer Energieeinsparung von 1,2 Millionen Tonnen, umgerechnet 720 Tonnen CO2.”

Was sind 1,2 Mio Tonnen Energie? Sind 1,2 Mio kW/h gemeint? Oder auf 1,2 Mio kW/h? Sonst käme mir die Einsparung zu wenig vor. Eine kurze Suche spricht von 60-75% Einsparung ggü. Natrium Hochdrucklampen.

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