Die Grünen machten den Anfang. Am Donnerstag, 2. Januar, um 13 Uhr eröffnete ihre Kandidatin für die Oberbürgermeisterwahl am 2. Februar, Katharina Krefft, mit einem Stand auf dem Markt ihren Wahlkampf. Sie gehört zu den aussichtsreichen Kandidat/-innen bei dieser Wahl, bei der es auch darum geht, ob Leipzig es schafft, die Weichen für die Zukunft zu stellen. Mehr sozialer Wohnungsbau, mehr Teilhabe, ein besseres Mobilitätsangebot. Das sind einige Schwerpunkte in ihrem Programm.

„Ich bin jetzt seit 15 Jahren im Stadtrat“, sagt die Fraktionsvorsitzende der Grünen-Fraktion. „Ich weiß, wie Verwaltung arbeitet.“

Und sie kennt den Amtsinhaber Burkhard Jung (SPD) nun aus genug Stadtratssitzungen, um zu wissen, wie schwer sich der Amtsinhaber mit allen Themen tut, bei denen es wirklich um Zukunftsvisionen für Leipzig geht. Zuletzt erlebt bei der Einsetzung des Bündnisses für bezahlbares Wohnen. „Anderthalb Jahre hat der OBM dafür gebraucht“, kritisiert Krefft.

Alle wichtigen Entscheidungen, Leipzig fit zu machen für eine nachhaltige Zukunft, kommen derzeit aus den Stadtratsfraktionen. 2016 war es der Stadtrat, der der Stadtspitze mehrere Szenarien für eine andere Mobilität in Leipzig abverlangte. Ergebnis war die Entscheidung für das „Nachhaltigkeitsszenario“ 2018, das sich aber so gut wie gar nicht im Nahverkehrsplan niederschlug, den die Verwaltung dann 2019 auf dem Tisch legte.

Und der kurz vorm Scheitern stand. Im Ältestenrat – der Versammlung der Fraktionsvorsitzenden – wurde dann der Kompromiss beschlossen, wie der Nahverkehrsplan noch einmal leidlich repariert werden konnte und als Kompromiss gilt, während gleichzeitig die Hausaufgabe erging, in den nächsten drei Jahren einen neuen Nahverkehrsplan vorzulegen, der seinen Namen verdient.

Dasselbe beim Ausstieg aus der Fernwärmelieferung aus dem Kohlekraftwerk Lippendorf. Wieder war es der Stadtrat, aus dem der Vorstoß kam. Und siehe da: Leipzigs Stadtwerke sehen tatsächlich die technische Machbarkeit eines Ausstiegs mit Auslaufen des jetzigen Fernwärmeliefervertrages.

Aber woran liegt das, dass das regelrecht gegen den Willen des OBM so durchgesetzt wurde?

Einen Grund sieht Katharina Krefft darin, dass Burkhard Jung eigentlich kein Team-Spieler ist. Seine Amtszeit war davon geprägt, dass er sich immer mehr Kompetenzen auf den Tisch gezogen hat und damit viele Entscheidungen, die eigentlich die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister selbst hätten treffen können, in seinem Büro gesammelt hat. Die Folge: Oft monate- und jahrelange Verzögerungen.

„Dabei machen die Bürgermeister doch sowieso die Arbeit. Warum vertraut er ihnen nicht einfach?“, fragt Krefft, die jetzt einen wirklich vollgepackten Monat vor sich hat. Da bleibt eigentlich kein freier Tag ohne Wahlveranstaltung, Podiumsdiskussion oder Wahlstand in einem der Leipziger Stadtbezirke.

Am 1. Januar ging auch endlich die richtige OB-Wahlkampf-Website online, wo die OBM-Kandidatin der Grünen ihre politischen Ziele erklärt. Und ganz obenan steht eine Politik, die auf die Folgen des Klimawandels reagiert.

„Dazu braucht es eine mutige Oberbürgermeisterin, die sich traut, Veränderungen nachhaltig durchzusetzen und den Aufbruch in eine klimaverträgliche Zukunft einzuleiten“, kann man da als Schwerpunkt lesen.

„Wir brauchen eine zeitgemäße Verkehrsplanung, die den öffentlichen Nahverkehr und das Radfahren fördert. Urbane Verkehrspolitik bedeutet, den Bürger/-innen freie Räume in ihrer Stadt, saubere Luft und eine sichere Fortbewegung zu gewährleisten. Damit unsere Stadt weiterhin wachsen kann, müssen wir außerdem bezahlbaren Wohnraum und gerechte Mietverhältnisse schaffen. Auch der Herausforderung der Digitalisierung werden wir uns unter meiner Führung stellen: Eine zeitgemäße digitale Entwicklung soll den Menschen nicht außen vor lassen, sondern ihn einbeziehen und zu seinem Vorteil geschehen.“

Dafür, dass auch die Mehrheit der Leipziger das so sieht und die Stadt sich wirklich nachhaltig ändern muss, sprächen auch die neuen Mehrheiten im Stadtrat, betont die Kandidatin, in dem nun Grüne und Linke die stärksten Fraktionen stellen und wo sich immer wieder Mehrheiten finden, die wichtige Veränderungen vorantreiben.

Katharina Krefft mit ihrem Wahlkampf-Team auf dem Markt. Foto: Ralf Julke
Katharina Krefft mit ihrem Wahlkampf-Team auf dem Markt. Foto: Ralf Julke

Ob das auch zu einem Wechsel im Oberbürgermeisteramt führt, wird man in der ersten Runde am 2. Februar erfahren. Und sicher ist sich Katharina Krefft, dass sie schon jetzt eine starke Herausforderin für den Amtsinhaber ist.

Wie stark sich ihre Positionen tatsächlich unterscheiden, machten auch die Reaktionen von Burkhard Jung und Katharina Krefft auf die Ausschreitungen zu Silvester in Connewitz deutlich.

Burkhard Jung, dem vor allem die konservativen Parteien gern vorwerfen, er würde nicht rücksichtslos genug gegen die Connewitzer Szene vorgehen, rang sich zu einem eher unentschiedenen Satz wie diesem durch: „Die sächsische Sonderkommission muss diese brutalen Gewalttäter schnell fassen. Meine Gedanken sind bei dem verletzten Polizisten und seiner Familie und ich wünsche ihm schnelle Genesung.“

Als hätte er längst vergessen, dass er einmal zusammen mit Polizeipräsident Bernd Merbitz darüber nachgedacht hatte, wie man die Konfrontation am Connewitzer Kreuz, wo die Polizei immer wieder mit einer dick armierten Hundertschaft anrückte, entschärfen könnte.

Eine Lösung schlug jedenfalls Katharina Krefft vor. Denn Beispiele für gelungene Deeskalation gibt es ja: „Diese alljährlichen gewaltvollen Rituale zum Jahreswechsel zeigen, dass wir auch in Leipzig neue Lösungen für die Silvesterfeiern brauchen. Ich werde mich als Oberbürgermeisterin nicht nur für böllerfreie Zonen in Leipzig einsetzen, sondern auch für ein besseres Quartiersmanagement.

Gleichzeitig brauchen wir neue Ideen, wie ein Bürgerfest am Kreuz. Berlin Kreuzberg am 1. Mai hat gezeigt, dass so Ausschreitung verhindert werden können. An ihrer Stelle kann stattdessen etwas Schönes und Gutes entstehen: Ein Fest für alle Menschen in Connewitz, bei dem gemeinsam das neue Jahr gefeiert werden kann.“

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Leider nennt Frau Krefft, obwohl sie das, wie sie selbst sagt, alles im Stadtrat schon so lange mitträgt, nicht die wirklichen Gründe: Mehr als 2 Amtszeiten sollte kein OBM tätig sein dürfen. Zu groß ist die Versuchung, an der Macht zu kleben, diese zu benutzen, sich in Seilschaften zu verstricken und für Lobbyisten ein gefundenes Fressen (da eine stabile Größe) zu werden. Aber wenn im Stadtrat Abstimmungen dadurch bestimmt werden, dass man “seinem” OBM oder “seinem” BM bzw. deren Vorgaben “nicht in den Rücken fallen will”, dann läuft es eben so, wie es hier gerade läuft – in vielerlei Hinsicht.
Noch ein kleiner Tipp: wenn das Wort “nachhaltig” allzuoft auftaucht, wird mancheR man/frau stutzig. Und ich persönlich frage mich, warum sich wer nicht traut, mit einem aktuellen/unbearbeiteten Foto altersangemessen in den Wahlkampf zu gehen. Was in einer Bewerbung nicht gut ankommt, wirkt auch bei Wahlen seltsam.

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