Am 26. April schrieb ein Leipziger einen freundlichen Brief an den Petitionsausschuss: „Liebe Stadträte, es scheint, dass Gott die Stadt Leipzig vor vielen Toten nach großer Verderbnis in der Corona-Seuche zu bewahren gedacht hat, oder?“ Es ging dann noch ein bisschen um das „Sündenbabel Berlin“. Aber Ziel des Briefes war, dass Leipzig ein „großes Renaissance-Stadtfest“ feiern soll. Vielleicht im August oder September 2021. Am 16. September war die Petition Thema im Stadtrat.

Oder besser: ein Punkt. Nämlich Punkt 12.4 der Tagesordnung. Da wurde dann zwar nicht der Brief verlesen, auch nicht der Standpunkt, den der Petitionsausschuss dazu gefunden hatte. Aber diesen Standpunkt kann man im Ratsinformationssystem nachlesen.

Und so unsinnig fand der Petitionsausschuss das Anliegen gar nicht, auch wenn noch lange nicht absehbar ist, wie lange uns die Corona-Pandemie noch in Atem halten wird und auch große Stadt- und Freudenfeste verhindert, wenn es nicht wieder zu einem großen Ausbruch der Epidemie kommen soll, den Leipzig bislang glücklicherweise vermeiden konnte. Grund genug für Dankbarkeit gibt es ja – auch und gerade den Menschen gegenüber, die die Epidemie bis jetzt klug und professionell eingehegt haben.

„Die Stadt unterbreitet einen Alternativvorschlag: Sollte sich der Petent in die Ausgestaltung des Kulturangebotes der Stadt Leipzig einbringen wollen, so stehen dafür regelmäßig Termine zur Verfügung, zu denen Anträge auf Projektförderung beim Dezernat Kultur bzw. dem Kulturamt der Stadt Leipzig eingereicht werden können, die wiederum von einer Fachjury beurteilt werden. In diesem Rahmen könnte auch ein Konzept für ein Renaissance-Projekt zur Beantragung gebracht werden“, schlug der Petitionsausschuss vor, ganz trocken im Leipziger Antrags-Denken, wie man sieht.

Aber das Wort Renaissance bedeutet ja Wiedergeburt. Auch nach großen Seuchen im Mittelalter fühlten sich Menschen oft nicht nur gerettet, sondern auch wiedergeboren. Das – normale – Leben konnte wieder beginnen.

Ob das nach Corona so sein wird, wissen wir ja nicht. Man kann es sich nur wünschen.

„Eine Petition schlägt vor, in Folge der Corona-Pandemie ab dem Jahr 2021 ein großes Rennaissance-Stadtfest zu etablieren, das im 2-Jahres-Rhythmus (versetzt zum Leipziger Stadtfest) stattfinden und mit einem städtischen Budget von 100.000 Euro unterstützt werden soll. Das Stadtfest soll Dankbarkeit für den gemäßigten Verlauf der Corona-Pandemie in Leipzig symbolisieren“, begründet der Petitionsausschuss seinen Vorschlag für die Ratsversammlung.

„Die Stadt Leipzig sieht gegenwärtig – besonders vor dem Hintergrund der Pandemie – keinen Anlass, ein neues Festival zu etablieren, vielmehr müssen bestehende Kulturangebote erhalten und gefördert werden. Sollte sich der Petent in die Ausgestaltung des Kulturangebotes der Stadt Leipzig einbringen wollen, so stehen dafür regelmäßig Termine zur Verfügung, zu denen Anträge auf Projektförderung beim Dezernat Kultur bzw. dem Kulturamt der Stadt Leipzig eingereicht werden können, die wiederum von einer Fachjury beurteilt werden.“

Das ist natürlich eine Ablehnung. Einerseits verständlich, weil nun wirklich noch nicht absehbar ist, ob im August 2021 schon eine überstandene Corona-Pandemie gefeiert werden kann. Im April war ja wirklich nicht absehbar, dass die Pandemie weltweit noch im Sommer ganze Länder fest in ihrem Griff haben würde.

Aber man kann den Beschluss auch als Anregung sehen – nicht nur für den Briefschreiber – das Thema wieder auf den Tisch zu packen, wenn Leipzig wirklich möglichst unbeschadet durch die Pandemie gekommen sein sollte. Man könnte auch das schon existierende Stadtfest selbst so thematisieren und damit auch den Leipziger/-innen die Gelegenheit geben, sich gemeinsam zu freuen – vielleicht auch gemeinsam zu trauern um die Mitmenschen, die Corona nicht überlebt haben. Denn dass die Pandemie in Leipzig bislang nur zwölf Todesopfer gekostet hat (Stand 19. September) ist auch dem Bemühen der ganzen Stadtgesellschaft zu verdanken, dem Virus hier nicht zur Ausbreitung zu verhelfen.

Insgesamt wurden bis zum 19. September 834 Leipziger/-innen positiv auf das Coronavirus getestet.

Und auch wenn die wirklich bedrückenden Nachrichten eher aus anderen Ländern kamen, hat Covid-19 auch die Leipziger/-innen wieder daran erinnert, dass das Leben endlich ist und in solchen Extremsituationen alle etwas dazu beitragen können, damit es nicht zu einem unkontrollierbaren Ausbruch der Epidemie kommt.

Die Ratsversammlung nahm den Vorschlag des Petitionsausschusses am Mittwoch, 16. September, einstimmig an.

Hinweis der Redaktion in eigener Sache

Seit der „Coronakrise“ haben wir unser Archiv für alle Leser geöffnet. Es gibt also seither auch für Nichtabonnenten unter anderem alle Artikel der LEIPZIGER ZEITUNG aus den letzten Jahren zusätzlich auf L-IZ.de über die tagesaktuellen Berichte hinaus ganz ohne Paywall zu entdecken.

Unterstützen Sie lokalen/regionalen Journalismus und so unsere tägliche Arbeit vor Ort in Leipzig. Mit dem Abschluss eines Freikäufer-Abonnements (zur Abonnentenseite) sichern Sie den täglichen, frei verfügbaren Zugang zu wichtigen Informationen in Leipzig und unsere Arbeit für Sie.

Vielen Dank dafür.

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Ralf Julke über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Es gibt 6 Kommentare

@Igor: klar kann man an vielen Dingen sterben. Ich kannte auch Menschen, die wegen Tabakkonsum gestorben sind, sind ja in Deutschland jährlich auch recht viele, die das trifft und niemanden scheint es zu interessieren (warum ist Tabak noch frei verkäuflich?). Aber trotzdem sollte ihnen, Igor, auch bewusst sein, dass auch manch alte Leute, welche ja hauptsächlich Corona zum Opfer fallen, noch ein wenig leben wollen und auch nicht so sterben wollen. Meine Oma möchte durchaus noch weiter leben und ich kenne noch mehr. Nicht jeder sehnt sich nach dem Tod wie ihr Onkel. Dass wir daher (auch weil Jüngere böse an Corona erkranken können – man sollte es vielleicht also nicht forcieren, zu erkranken, oder?) vorsichtig sein sollten, ist doch logisch? Die goldene Frage ist doch eher, wie und auf welche Art wir vorsichtig sein sollten, damit das, was wir tun, positive Wirkung zeigt und nicht nachher noch gleichzeitig Schaden anrichtet.

Eine 100%ige Sicherheit wird es natürlich nie geben und die Menschheit wird auch nicht alle Menschen beschützen können vor Corona – es werden auch immer Menschen sterben. Trotzdem kann man vorsichtig sein: wenn es draußen gewittert und stürmt, geh zumindestens ich nicht raus, wenn ich nicht zwingend muss. Und auch ein Gewitter ist Natur! Wenn irgendein Virus herumgeht, ist es durchaus angeraten, vorsichtig zu sein – natürlich ist es nicht einfach, da eine Balance zu finden zwischen “zu vorsichtig” und “zu wenig vorsichtig” und vor allem “auf welche Art vorsichtig”.

Ich selbst denke, man sollte mehr über die Art und Weise der Vorsicht nachdenken, aber gänzlich pauschal verharmlosen ist nun auch nicht zielführend.

Und “Vorsichtig sein” heißt auch nicht, dass man gleich Generation Schneeflocke ist – klar können wir uns nicht alle ein Leben lang in Watte einpacken, aber wir müssen auch nicht in einem Gewittersturm spazieren gehen.

#Igor: Sehr geehrter Herr Rascher, Sie bringen hier so viele Zahlen wild durcheinander, dass wir sie in einem eigenen Beitrag behandeln müssen. Den bringen wir am Samstag, 31. Oktober.

Ach ja, das hab ich vergessen, mein Onkel ist vor zwei Jahren an einem Schnupfen verstorben. Das wird durch Rhinoviren verursacht die gemeinsam mit vielen anderen Erregern jede Jahr im Herbst zum Ernten bei uns antreten und mein armer Onkel mit gerade mal 88 Jahren, nachdem er 5 Jahre um den Tod gebettelt hatte, war tot. Ich war die letzten Wochen bei Tante und Onkel und auch am letzten Tag noch bei ihm. Er hatte die Heizung abgedreht und hoffte so sterben zu dürfen. Ihn hatten mit 16 Jahren Polioviren erwischt und er hat sich tapfer durchs Leben gekämpft. Der Onkel starb 14 Tage nach seiner Frau, mit der er 70 Jahre innigst verbunden war.

Ach Ähmm äh Ellen, es sterben jedes Jahr in Deutschland ca. (Pi mal Daumen) 40. 000 Menschen an Krankenhauskeimen. In anderen Ländern soll die Quote deutlich geringer sein (Dänemark). Ca.10 000 sterben an falscher Medikation, 30000 waren es bei der falschen Schutzimpfung vor 3 Jahren, die also keine Immunität erzeugen konnte, weil man einen anderen Erreger erwartet hatte.
Narkolepsie, schon mal was davon gehört? Nicht schön – nur ein kleiner Kollateralschaden einer der letzten Grippeimpfungen.
Hunger in Südamerika, als Folge des Lockdowns. Egal? Samuel Paty enthauptet, als einer der vielen Kollateralschäden durch dumme Außenpolitik. Ich mach mir die Welt…
Tjcha Pippi Langstrumpf lässt grüßen. Die Welt ist komplizierter, als das man es mit “gut” und “böse”, “richtig” und “falsch” beschreiben kann. “Gutgemeint” ist die kleine Schwester von “Scheiße gemacht”.
Der Boomer hat als Kind noch gelernt nicht so viel Flüssigkeit zu trinken, weil sehr ungesund. Heute sind 1 oder 2 oder 3 Liter “gesund”, ich empfehle 50 Liter Minimum pro Tag und schwupps, die Sonne dreht sich wieder um die Erde. Jaja.
Milchunverträglichkeit ist psychisch bedingt. Tsunamis waren Matrosengeschwätz und das Schnabeltier ein Scherz von Präparatoren.
Mannomann, haben Sie es gut in Ihrer Welt. Wie heißen Sie denn nun? Nur Mut und Gesicht zeigen, oder sitzt die Frisur nicht gut? Bin jetzt eher bei Reitschuster unterwegs.

Steffen Rascher Leipzig

Wenn ich jetzt polemisch werden wöllte, würde ich schreiben:
“OK, Boomer!”
Aber ich lese ja kein achgut & Co., bin also auf Wikipedia angewiesen:
https://de.wikipedia.org/wiki/Generation_Snowflake

Da kann man zur Geschichte des Wortes lesen. Irgendwie genau das Übel, dass menschliche Gefühle, für andere und auch sich selbst als “Schwäche” bewertet werden. Wer andere abwertet, erhöht sich selbst und durch das Zeigen auf andere, kann man auch ganz gut von sich selbst ablenken.

Aber eigentlich geht es ja dem “Igor” um sein unzureichendes medizinisches Wissen.
Also da kann ich so für Anfänger die Apotheken Umschau empfehlen:
“Ist es eine Grippe oder Erkältung?
Grippe, grippaler Infekt, Erkältung: Schon bei den Begriffen lauert Verwechslungsgefahr. Wir erklären die Unterschiede”
von Dr. Katharina Kremser, aktualisiert am 17.10.2018
https://www.apotheken-umschau.de/Grippe/Ist-es-eine-Grippe-oder-Erkaeltung-328009.html

Ja, so eine Erkältung, auch “grippaler Infekt” genannt, kann schon zur “Hysterie” führen, wer meinte nicht schon einmal an einer laufenden Nase zu versterben.

Aber dieses Covid-19-Virus ist weder eine “normale” Grippe, fern davon ein “Grippaler Infekt” zu sein, noch darf man so “blauäugig” (hihi) sein, zu glauben, dass das ohne Tote “von alleine” weggeht.

Angst hat etwas mit Vorsicht zu tun, und wir sind bisher ganz gut mit verständiger Vorsicht durch die weltweite Pandemie gekommen. Und mit dieser menschlichen Erfahrung werden wir auch die nächste Welle meistern.

Kann mir allerdings vorstellen, wie schwer es ist, wenn man sich zusätzlich ohnmächtige Angst machen lässt. Wahrscheinlich auch, wenn man einen Mund-Nasen-Schutz grundsätzlich ablehnt, “erstickt” man wohl eher vor Angst als dass man auf die Idee kommt, seinen nächsten zu schützen.
So als Boomer-Vorbild – wäre doch mal was.

Corona ist durch. War nicht gefährlicher als die grippalen Infekte der vergangenen Jahre, ja auch mit Toten und schlimm erkrankten Menschen und jetzt genau lesen: Menschen, die an der Hysterie gestorben sind, durch Fehlbehandlungen, mangels Erfahrungen, wegen reservierten Krankenhauskapazitäten oder aus Angst und weiß der Tod was noch. Das eine ist Natur, wie sie nun mal ist, und das andere ist tragisch und dumm. Was wir hier erlebt haben, ist die Reaktion einer Schneeflöckchen Generation, die ihr erstes Pflaster am Knie mit Anfang 30 haben werden.
Nun muss der Impfstoff her, denn Corona neigt seit ein paar Jahren dazu, sich schnell zu verändern, und das wussten wir seit 2012! Bis zum nächsten Mal sollten wir wirklich gut vorbereitet sein, Herr Spahn und nicht nur mit der großen Klappe so tun, als ob.

Schreiben Sie einen Kommentar