Dass sich viele Menschen nicht als Mann oder als Frau identifizieren, nach der Geburt nicht eindeutig zugewiesen wurden oder auch trans sind, kommt mittlerweile immer stärker im Bewusstsein der Gesellschaft an – vor allem, wenn es um prominente Menschen geht, die sich „outen“. Aber auch für Kinder spielen solche Themen schon eine große Rolle. Ein Antrag des Jugendparlaments für die Ratsversammlung am Mittwoch, dem 23. Juni, hat genau diese Menschen in den Blick genommen.

Das Jugendparlament wollte die Stadtverwaltung damit beauftragen, „unter Einbezug von Expert/-innen aus der Zivilgesellschaft, Gleichstellungsverbänden und Ähnlichen ein integratives Konzept, das alle Aspekte des schulischen Lebens beinhaltet“, zu erarbeiten. Solche Aspekte seien beispielsweise Formulare, Toiletten und Umkleideräume.So ist es – nicht nur in Schulen – immer noch üblich, dass auf Formularen nur die beiden Möglichkeiten „männlich“ oder „weiblich“ zur Verfügung stehen. Auch öffentliche Toiletten sind in der Regel nur für Männer oder Frauen. Dabei hat der Bundestag schon 2018 beschlossen, dass es in Deutschland offiziell nicht nur männliche und weibliche, sondern auch „diverse“ Personen gibt. Im (schulischen) Alltag spiegelt sich das häufig nicht wider.

Mit dem Formulierungsvorschlag, den die Verwaltung als Antwort auf den Antrag entworfen hatte, zeigte sich das Jugendparlament nicht ganz zufrieden. Dieser gehe zu wenig auf die Perspektive der Betroffenen ein und darauf, für die Probleme zu sensibilisieren, hieß es. Ein Änderungsantrag der CDU nahm statt zivilgesellschaftlichen eher staatliche Akteure in die Pflicht und reduzierte das Problem auf intersexuelle Personen. Dass es auch um nichtbinäre und trans Menschen gehe, erklärte die Grünen-Fraktion.

Auch die AfD warf ihr gesamtes Fachwissen zu diesem Thema in die Runde. Stadtrat Karl-Heinz Obser sagte: „Ein Vorschlag: Wir bleiben alle das, was wir sind. Ich schlage einen Wahlkampf auf dem Markt vor. Da haben Sie Publikum dafür. Aber wie das aussieht – darüber können sie rätseln.“ Was genau Obser damit sagen wollte, sorgte wiederum im Stadtrat für ordentlich Rätselraten.

Am Ende votierte die Mehrheit gegen die Stimmen von CDU und AfD für einen Änderungsantrag der SPD. Diese hatte unter dem Stichwort „Handlungsbedarfe zum Schutz von Geschlechtervielfalt“ sechs Punkte erarbeitet. Dabei geht es unter anderem um Fortbildungsangebote, bauliche Veränderungen in Schulen, einen Leitfaden sowie aktualisierte Formblätter.

Die Debatte am 23. Juni 2021 im Stadtrat

Video: Livestream der Stadt Leipzig

Hinweis der Redaktion in eigener Sache

Seit der „Coronakrise“ haben wir unser Archiv für alle Leser geöffnet. Es gibt also seither auch für Nichtabonnenten alle Artikel der letzten Jahre auf L-IZ.de zu entdecken. Über die tagesaktuellen Berichte hinaus ganz ohne Paywall.

Unterstützen Sie lokalen/regionalen Journalismus und so unsere tägliche Arbeit vor Ort in Leipzig. Mit dem Abschluss eines Freikäufer-Abonnements (zur Abonnentenseite) sichern Sie den täglichen, frei verfügbaren Zugang zu wichtigen Informationen in Leipzig und unsere Arbeit für Sie.

Vielen Dank dafür.

Empfohlen auf LZ

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

René Loch über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar