Mindestens zwölf Personen sind laut Recherchen der Gruppe „#Keine Mehr“ seit 2011 zum Opfer von Femiziden in Leipzig geworden. Das heißt, dass sie getötet wurden, weil sie Frauen sind oder als solche betrachtet wurden. Die Stadträtinnen Mandy Gehrt und Beate Ehms (beide Linke) haben in der Ratsversammlung am Mittwoch, dem 15. Juni, beantragt, dieser Opfer zu gedenken. Dafür gab es zwar eine Mehrheit, doch zuvor sorgte ein Redebeitrag der AfD für Empörung.

Aus deren Reihen nutzte Roland Ulbrich die Debatte, um auf „Frauen hassende Männer“ zu verweisen, die angeblich seit 2015 nach Deutschland gekommen seien. So betonte er auch, dass es sich bei mehreren Tätern um Migranten handelte. Seine Lösung für ein würdiges Gedenken lautete daher: Abschiebungen statt Denkmäler.

Während Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) es anschließend bei der Bemerkung beließ, dass die Rede „schwer zu ertragen“ gewesen sei, verwies Grünen-Stadtrat Norman Volger auf die Angehörigen der Opfer, die möglicherweise zuhören. Ihnen gegenüber seien Ulbrichs Ausführungen „pietätlos“ gewesen. Linken-Stadträtin Juliane Nagel bezeichnete die Rede als „rassistisch“, Sven Morlok (FDP) nannte sie „dummes Zeug“.

Auch die CDU-Stadträtin Andrea Niermann distanzierte sich von Ulbrich, drückte jedoch aus anderen Gründen „Bauchschmerzen“ aus. In Leipzig seien nicht nur Frauen, sondern auch Männer und Kinder getötet worden.

Es sei falsch, nur einer Gruppe zu gedenken. Nagel wies anschließend darauf hin, dass diese Sichtweise die in der Gesellschaft verankerte, also systematische Benachteiligung von Frauen ignoriere.

Ganz zu Beginn der Debatte hatte Linke-Stadträtin Beate Ehms beklagt, dass Femizide in den Medien häufig als „Beziehungsdramen“ verharmlost würden. Jeden Tag würde ein Mann versuchen, eine Frau zu töten – und jeden dritten Tag hätte er damit Erfolg. Femizide seien das Ende einer langen Kette, die mit Stalking und Belästigung im öffentlichen Raum beginne.

Vor allem mit den Stimmen von Linken, Grünen und SPD gab es für den Antrag eine Mehrheit im Stadtrat. Das Gedenken an die Opfer von Femiziden soll in die Erinnerungskultur der Stadt aufgenommen werden. Zudem soll bis Ende 2024 ein Gedenkort eingeweiht werden.

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