Diese Behauptung ist nicht neu, ob nun in der Unternehmenskommunikation, in der Wissenschaftskommunikation oder auch in der Politik ist transparente Kommunikation und transparentes Handeln essenziell für das Vertrauen und die breitest mögliche Mitarbeit aller Beteiligten. Im Bereich der Kommunalpolitik gilt das ebenso für das Verhältnis zwischen kommunaler Verwaltung und den Einwohnerinnen und Einwohnern der Kommune.

Braucht es Einschränkungen bei der Transparenz?

Es braucht diese in gewissem Maße, beim Schutz der Persönlichkeitsrechte, bei Betriebsgeheimnissen wie Patenten usw. und auch, wenn es z. B. um Aufbau der kritischen Infrastruktur geht.

Zwei Beispiele, bei denen keine Einschränkungen erforderlich sind.

  • Ein Einwohner oder eine Einwohnerin will wissen, warum für Gebäude X scheinbar andere Kriterien bei der Sanierung, in Bezug auf Denkmalschutz, angelegt werden.
  • Eine Einwohnerin oder ein Einwohner möchte eine Aussage über die Kriterien, nach denen das Ordnungsamt Falschparker sanktioniert. Es kommt ihr oder ihm so vor, als ob in der einen Straße sanktioniert wird, in einer anderen vergleichbaren aber nicht.

In beiden Fällen werden Anfragen an die Stadt, ob nun nach Informationsfreiheitssatzung oder als Einwohneranfrage, gestellt.

Für beide Anfragen wird eine Beantwortung abgelehnt, da diese Weisungsaufgaben der Kommune betreffen.

Weisungsaufgaben

Diese Weisungsaufgaben sind von der Selbstverwaltungsgarantie der Kommune ausgenommen, sie muss diese ausführen und darf, nach §4 (1) der Sächsischen Gemeindeordnung, nicht einmal Informationsweitergabe über die Informationsfreiheitssatzung regeln.

Weisungsaufgaben sind der Denkmalschutz, die Bauaufsicht, die Ortspolizeibehörde, Pass- und Personenstandangelegenheiten und Meldewesen und Statistik. Im ersten, oben genannten, Beispiel kommen Denkmalschutz oder Bauaufsicht, im zweiten Beispiel die Ortspolizeibehörde als Ablehnungsgrund zum Einsatz.

Weisungsaufgabe schließt Transparenz aus?

Nicht nur die Fraktion Freibeuter im Leipziger Stadtrat sah das anders, sie stellten im Januar 2022 einen Antrag, der die Stadt verpflichten sollte, freiwillig, nach Prüfung auf Versagungsgründe, auch Anfragen zu Weisungsaufgaben zu beantworten, zur Abstimmung.

Die Verwaltung argumentierte, der Antrag wäre rechtswidrig, weil es kein Recht auf Informationszugang gäbe, dieser müsse per Gesetz geregelt sein. Als Beweis zitierte sie drei Gerichtsurteile, allerdings war bei allen ein Gesetz, welches für den konkreten Fall den Informationszugang beschränkte, der Ablehnungsgrund.

Der Antrag fand keine Mehrheit, besonders weil für 2022 das Sächsische Transparenzgesetz erwartet wurde. Nach Beschluss dieses Gesetzes wollte die Verwaltung ihre Handlungsoptionen erarbeiten und dem Stadtrat mitteilen.

Das Gesetz ist da, und nun?

Das Sächsische Transparenzgesetz wurde am 19.08.2022 veröffentlicht und trat am 01.01.2023 in Kraft. Die Leipziger Stadtverwaltung wollte bis Ende 2022 eine Vorlage dazu erarbeiten, es dauerte bis Anfang Februar 2023, jetzt kann’s losgehen, oder?

Um das Gesetz auf Leipzig anzuwenden müsste die Verwaltung eine Transparenzsatzung erarbeiten und der Stadtrat müsste diese bestätigen. Leider ist es nur möglich in dieser Satzung festzulegen, dass Leipzig sich als „transparenzpflichtige Stelle“ erklärt und somit das Gesetz im Ganzen Anwendung findet.

Die Verwaltung stellt das in der Informationsvorlage mit dem sperrigen Titel: „Umsetzung des Ratsbeschlusses in der Fassung des Verwaltungsstandpunktes VII-A-06205-NF-03-VSP-01 ‚Informationspolitik der Stadt Leipzig verbessern‘. Hier: Handlungsoptionen im Rahmen des neuen Sächsischen Transparenzgesetzes“ dar.

Inhalt der Vorlage

Das Rechtsamt argumentiert, dass bei Erklärung der Stadt Leipzig zur transparenzpflichtigen Stelle, gemäß § 4 Abs. 2 SächsTranspG, das Transparenzrecht der Landesbehörden für die Stadt Leipzig gelten würde. Damit entstünde:

  • ein zu hoher Verwaltungsaufwand, besonders die Veröffentlichungen betreffend,
  • ein wahrscheinlich stark erhöhter Anfall von Anfragen, da diese ein Jedermannsrecht – also nicht mehr auf Einwohnerinnen und Einwohner der Stadt Leipzig bezogener Anspruch – werden und
  • zu erwarten ist, dass durch die Kostenfreiheit von Anträgen bis zu 600,00 € dies finanziell nachteilig für die Stadt Leipzig ist.

Weiterhin ist zu erwarten, dass bei einer Ausweitung des Sächsischen Transparenzgesetzes auf Gemeinden, Landkreise und Gemeindeverbände, gemäß § 17 Abs. 3 (1) SächsTranspG, welche zwei Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes geprüft wird, ein Mehrbelastungsausgleich gezahlt werden könnte. Dieser entfiele bei der freiwilligen Übernahme einer (eventuell) zukünftigen Pflichtaufgabe.

Diese Argumentation ist durchaus akzeptabel im Sinne des kommunalen Finanzhaushaltes, denn für Pflichtausgaben gibt es Zahlungspflichten durch den Freistaat oder den Bund an die Kommunen.

Warum hat das so lange gedauert?

Die Frage stellt sich, wenn man sich die im nachfolgenden Absatz nachzulesende, Begründung anschaut. Die Begründung resultiert sachlich fast ausschließlich aus den in der Vorlage verlinkten Dokumenten. Das sind die „Sachverständigenanhörung vor dem Ausschuss für Verfassung und Recht, Demokratie, Europa und Gleichstellung“, in der der Sächsische Städte- und Gemeindetag die Regelung des § 4 Abs. 2 SächsTranspG kritisierte, vom 13.04.2022 und die Stellungnahme des Sächsischen Städte- und Gemeindetages datiert vom 20.10.2021.

Die Zeitdauer ist nicht zu erklären, außer man würde behaupten, dass die Vorlage erst nach der Verabschiedung des Doppelhaushaltes 2023/24 veröffentlicht wurde, um finanzielle und personelle Haushaltsanträge für die Einführung einer Transparenzsatzung zu verhindern. Das ist aber reine Spekulation.

Eine schlechte und eine gute Nachricht für die Transparenz

Die schlechte Nachricht ist, dass das sächsische Transparenzgesetz nicht den §4 (1) der Sächsischen Gemeindeordnung aufhebt, der verhindert, dass Informationsfreiheitssatzungen auf Weisungsaufgaben angewendet werden.

Die gute Nachricht ist, dass der Gesetzgeber es weder im Sächsischen Transparenzgesetz, noch im Gesetz zur Einführung des Gesetzes über die Transparenz von Informationen im Freistaat Sachsen vom 19. August 2022, für erforderlich hält, auf Weisungsaufgaben einzugehen.

Daraus lässt sich schließen, dass es kein generelles Auskunftsverbot zu Weisungsaufgaben gibt, sie dürfen durch die Kommune nur nicht per Satzung geregelt werden. Sonst müsste dieses Verbot durch eines der Gesetze aufgehoben werden, zumindest für den Fall, dass sich die Kommune per Satzung als transparenzpflichtige Stelle gemäß § 4 Abs. 2 SächsTranspG erklärt.

Nicht genannte Handlungsoptionen

In der Vorlage steht keine Handlungsoption der Verwaltung für mehr Transparenz. Es gäbe durchaus eine bekannte Option.

Wenn der Oberbürgermeister und die Stadtverwaltung nun nicht wollen, dass im Stadtrat ein Antrag mit dem Inhalt „Die Stadt Leipzig ist transparenzpflichtige Stelle im Sinne des Sächsischen Transparenzgesetzes“ gestellt wird, dann könnte eine Neuauflage des alten Freibeuter-Antrags, zumindest in Absatz 1, hilfreich sein. Dieser lautet:

„Der Oberbürgermeister wird daher beauftragt, sicherzustellen, dass Anfragen zu Weisungsaufgaben (§ 2 Abs. 3 SächsGemO) nicht allein durch Verweis auf den Bereich der Weisungsaufgaben zurückgewiesen werden, sondern eine eigenständige Prüfung im Einzelfall erfolgt, ob die Auskunft erteilt werden kann.“

Man darf weiter hoffen, besonders darauf, dass sich in diesem Falle zumindest die Grünen und die SPD im Stadtrat nicht erneut verweigern.

Das wäre gut für das Vertrauen der informierten Einwohnerinnen und Einwohner zur Stadtverwaltung.

Der Beitrag entstand im Rahmen der Workshopreihe „Bürgerjournalismus als Sächsische Beteiligungsoption“ – gefördert durch die FRL Bürgerbeteiligung des Freistaates Sachsen.

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