Am 19. August 2022 wurde, fast unbemerkt von der Öffentlichkeit, dafür nach gefühlt ewigem Warten, das Sächsische Transparenzgesetz vom Landtag beschlossen und es tritt am 1. Januar 2023 in Kraft. Ist das Gesetz der große Wurf und welche Auswirkungen hat es auf die oft kritisierte Informationspolitik der Stadt Leipzig?

Eine Vorgeschichte im Stadtrat

Im Januar 2022 wurde von der Ratsversammlung über den Antrag VII-A06205-NF-03 der Fraktion Freibeuter mit dem Namen „Informationspolitik der Stadt Leipzig verbessern“ beraten. Abgestimmt und bestätigt wurde der zugehörige Verwaltungsstandpunkt.

Der Hintergrund dieses Antrages war, aus der Sicht der Antragsteller, dass die Informationsfreiheits-Satzung (IFS) der Stadt Leipzig den Bürgerinnen und Bürgern nur unzureichend Informationen gewährt. Ausgeschlossen sind nämlich Informationen zu Weisungsaufgaben. Diese sind Aufgaben der Ortspolizeibehörde, Pass- und Personenstandsangelegenheiten, Denkmalschutz, Bauaufsicht und Meldewesen und Statistik.

Die Stadtverwaltung kann Auskünfte zu diesen Angelegenheiten mit der Begründung, dass Weisungsaufgaben nicht unter die IFS fallen, verweigern. Das ist auch üblich, wie an nachfolgendem Beispiel zu sehen ist.

Beispiel: Arbeitsanweisungen des Ordnungsamtes

Im Frühjahr 2021 beantragte die Fraktion Freibeuter mit Antrag VII-A-02631 die Veröffentlichung der Arbeitsanweisungen Nr. 05/1993 „Abschleppen und Verfahren verkehrsordnungswidrig parkender Fahrzeuge“ und Nr. 04/2001 „Abschleppmaßnahmen bei verbotswidrigem Parken im Fahrraum von Schienenfahrzeugen der Leipziger Verkehrsbetriebe (LVB)“ gemäß Informationsfreiheits-Satzung.

Hintergrund dieses Antrages war die aktuell wieder geführte Diskussion um Duldungen von Falschparkern.

Da die Ablehnung einer Veröffentlichung (mit der Begründung, dies beträfe eine Weisungsaufgabe) absehbar war, wurde der Antrag in einer Neufassung in „sind dem Fachausschuss Umwelt, Klima und Ordnung, sowie den Stadträt/-innen vorzulegen“ geändert.

Mit dem Verwaltungsstandpunkt wurde selbst dies abgelehnt, mit der Begründung: „Die Ausführung von weisungsgebundenen Aufgaben unterliegt somit nicht der Kontrolle oder Einflussnahme durch den Stadtrat oder einzelne Ausschüsse. Insoweit besteht keine Pflicht zur Übergabe der genannten Arbeitsanweisungen oder deren Vorversionen.“

Letztendlich durften dann doch die Ausschussmitglieder Einsicht in die Arbeitsanweisungen nehmen. Da der Ausschuss nicht öffentlich ist, unterliegen sie aber der Verschwiegenheit betreffs der Dokumente.

Zurück zum Januar 2022

Der Antrag zur Verbesserung der Informationspolitik beinhaltete in Teil 1, dass die Stadtverwaltung freiwillig Anfragen zu Weisungsaufgaben nicht mehr pauschal ablehnt, sondern Ablehnungen mit Versagungsgründen wie Geheimhaltungsvorschriften, personenbezogenen Daten, Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen und anderen zu begründen hat. Liegen keine Versagungsgründe vor, dann ist Auskunft zu erteilen.

Teil 2 des Antrages war die Installation einer Plattform für die Veröffentlichung aller Anfragen und Antworten nach Informationsfreiheitssatzung sowie der Anfragen zu Weisungsaufgaben, inklusive der durch die Stadt Leipzig freigegebenen Informationen.

Mit dem Verwaltungsstandpunkt wurde der Antrag als rechtswidrig klassifiziert, das möchte ich hier nicht weiter ausführen. Aber der Verwaltungsstandpunkt führt weiter aus:

„Wie schon mit dem Verwaltungsstandpunkt – VII-A-06205-VSP-01 – angesprochen, können die Einreicher der Beschlussvorlage VII-A-06205-NF-03 ihr angestrebtes Ziel nur so erreichen, dass sie den Erlass des Sächsischen Transparenzgesetzes abwarten, ggf. für die Beschleunigung des Gesetzgebungsverfahrens eintreten und alsdann etwaige Umsetzungsmaßnahmen auf kommunaler Ebene einleiten bzw. begleiten.“

Das Gesetz ist da, und wie geht’s weiter?

Der letzte Absatz des Verwaltungsstandpunktes lautet: „Die Stadtverwaltung sollte daher mit der Prüfung beauftragt werden, welche Möglichkeiten einer verbesserten Informationspolitik sich für die Stadt Leipzig aus dem als Gesetzesentwurf vorliegenden Sächsischen Transparenzgesetz mit dessen Inkrafttreten ergeben und welche Umsetzungsmaßnahmen auf kommunaler Ebene zu dieser Verbesserung geeignet und erforderlich sind, sowie verpflichtet werden, hierüber bis zum Ende des Jahres 2022 zu berichten.“

Der Verwaltungsstandpunkt wurde so, mit Mehrheit der Ratsversammlung, beschlossen. Das heißt, der Prüfauftrag wurde erteilt.

Allerdings steht dieser Bericht der Stadtverwaltung aus, zumindest habe ich nichts dazu gefunden.

Was sagt das Gesetz?

In § 4 „Transparenzpflichtige Stellen“ im Transparenzgesetz wird erkennbar, dass die Gemeinden nicht automatisch das Transparenzgesetz umsetzen müssen, sie können es, wie aus Absatz 2 hervorgeht.

„(2) Gemeinden, Landkreise und Gemeindeverbände sind transparenzpflichtige Stellen, soweit sich die jeweilige Körperschaft durch Satzung dazu verpflichtet.“

Wie kann es weitergehen?

Ich gehe davon aus, dass es die Aufgabe des Stadtrates wird, das anzuschieben. Ob die Stadtverwaltung es von sich aus macht, ist fraglich. Für mich ist klar, dass es der Stadtrat machen muss, schließlich steht im oben zitierten Verwaltungsstandpunkt: „… können die Einreicher … ihr angestrebtes Ziel nur so erreichen … und alsdann etwaige Umsetzungsmaßnahmen auf kommunaler Ebene einleiten bzw. begleiten.“

Ich bin also gespannt, welche Fraktion einen Antrag stellt, mit dem Titel:

„Transparenzsatzung für Leipzig erarbeiten“.

Erst dann, wenn die Transparenzsatzung beschlossen ist, haben Bürgerinnen und Bürger, oder wie im Beispiel zu sehen auch Stadträtinnen und Stadträte, ein umfassendes Informationsrecht.

Vielleicht wird das Jahr 2023 dann wirklich ein Jahr der Transparenz in Leipzig.

Der Beitrag entstand im Rahmen der Workshopreihe „Bürgerjournalismus als Sächsische Beteiligungsoption“ – gefördert durch die FRL Bürgerbeteiligung des Freistaates Sachsen.

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Danke für den informativen Artikel! Wissen Sie, ob kommunale Behörden, welche Weisungsaufgaben des Freistaats Sachsen erfüllen, zu den “der Aufsicht des Freistaates Sachsen unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts” (§4.1.1 SächsTranspG) zählen?

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