Mit viel Feuerwerk ging vor zwei Jahren die Idee eines neuartigen Höhenwindrads durch die Leipziger Medien, die scheinbar für eine regelrechte Revolution im Markt der Windkrafträder sorgen sollte: Es ging um das von Horst Bendix konzipierte Höhenwindrad. Und auch der halbe Stadtrat war euphorisch und wünschte sich gar, das neuartige Windrad gleich mal auf Leipziger Flur zu errichten. Die Linksfraktion hat jetzt nachgefragt, was aus der Idee geworden ist.

Sie hat auch gleich noch das Protokoll aus der Ratsversammlung vom 19. Mai 2022 mit dazu getan. Denn damals sah ja alles so aus, als wenn das überhaupt kein Problem ist, das erste Bendix’sche Höhenwindrad auf Leipziger Stadtgebiet zu bauen.

Das Protokoll vom 19. Mai 2022

„Wir kommen zur letzten Frage, dann ist die Stunde vorbei. Gibt es Nachfragen zur schriftlichen Antwort? – Es gibt gar keine schriftliche Antwort? – Dann muss ich mündlich antworten.

Also, wer dabei war, kann verstehen, dass es eine gewisse Begeisterung ausgelöst hat, als Herr Laguna de la Vera von einer Sprunginnovation berichtete, die ihm bei der Gründung der Agentur durch einen älteren Herrn im beige-grauen, eleganten Sommeranzug vor die Füße gelegt wurde. Ich will die Geschichte jetzt nicht wiederholen, aber diese technologische Idee, das Windrad so zu bauen, dass der Motor nicht oben, sondern unten liegt und es dadurch statisch zu einer unglaublichen Entlastung kommt, ist offensichtlich ingenieurtechnisch – so habe ich mir das erklären lassen – eine großartige Möglichkeit für die Schaffung neuer windenergetischen Einspeisungsmöglichkeiten.

Horst Bendix hat diese Idee patentiert und hat in der Tat angeboten, dass er dieses erste Windrad von großer Dimension, das gebaut werden könnte, gerne in seiner Heimatstadt sehen würde. Und ich habe spontan gesagt: Das müssen wir doch hinkriegen. Aktuell ist die Situation so – Herr Dienberg, vielleicht können Sie ergänzen -: Meines Wissens gibt es noch keinen Bauantrag, aber es gibt einen Brief – oder gibt es sogar schon einen Bauantrag? -, in dem angekündigt wird, ob wir uns des Projekts annehmen und uns weiter damit beschäftigen können.

Ich habe die Verwaltung beauftragt, eine Lösung zur Errichtung einer Pilotanlage zu prüfen. Die beteiligten Ämter stimmen sich dazu ab. So ist der aktuelle Sachstand. Es ist also noch nichts ist entschieden, aber in der Tat sollten wir ganz ergebnisoffen prüfen. Ich finde es technologisch eine spannende Idee.

Herr Dienberg, wollen Sie ergänzen?

Es ist alles gesagt. Das Amt für Wirtschaftsförderung, das Stadtplanungsamt, das Amt für Umweltschutz, das Amt für Bauordnung, das Amt für Denkmalpflege – alle sind eingebunden, und die werden sich damit beschäftigen. Es gibt ja zum Beispiel den Mast neben dem Panorama auf 100 Meter Höhe, als Kommunikations- und Telekommunikationsmöglichkeit, als Funkmast. Wir werden sehen, was es wird. Ich bin gespannt.“

Der Ratsbeschluss von September 2022

Die Ratsversammlung hat dann am 15. September 2022 auf Antrag der Freibeuter-Fraktion und der SPD-Fraktion zum Antrag „Ein Höhenwindrad für Leipzig“ beschlossen: „Der Oberbürgermeister wird beauftragt, im bereits bestehenden Vorrang- und Eignungsgebiet auf Leipziger Stadtgebiet, die Zulässigkeit zur Errichtung eines Höhenwindrades bis Ende 2022 zu prüfen. Darüber hinaus wird der OBM beauftragt, sich im Rahmen der Fortschreibung zum Regionalplan in der Untersuchung zu Potenzialflächen bzw. bei der Ausweisung weiterer Vorrang- und Eignungsgebiete für Windkraftanlagen im Stadtgebiet von Leipzig für die Errichtung des Höhenwindrades einzusetzen.“

Zum 1. Juni 2023 sollte es dann einen Realisierungsbericht geben. Aber den gab es nicht. Also fragte die Linksfraktion jetzt nach, was aus dem Projekt nun geworden ist.

Standort gesucht

„Die Stadt Leipzig hat am 18.10.2022 gegenüber der Beventum GmbH, Tochtergesellschaft der Bundesagentur für Sprunginnovation, in einem Letter of Intent das Interesse der Stadt erklärt und drei unverbindliche Standortvorschläge übermittelt“, teilt nun das Dezernat Stadtentwicklung und Bau mit. „Die Stadt Leipzig trat mit dem durch Beventum für den Bau eines Windrads bezuschlagten Unternehmen über die Standorte in den Austausch. Die Stadt Leipzig verfolgt das Ziel, einen Standort im Leipziger Stadtgebiet für ein Höhenwindrad zur Genehmigungsreife zu entwickeln. Allerdings sind hierbei zwingend sowohl die aktuelle Gesetzeslage als auch die Interessen der Anwohnerinnen und Anwohner zu berücksichtigen.“

Aber was haben nun die Prüfungen ergeben, wollte die Linksfraktion wissen.

„Aktuell sind Windkraftanlagen ausschließlich in Vorrang- und Eignungsgebieten, festgelegt im Regionalplan Westsachsen, zulässig. Im Stadtgebiet von Leipzig gibt es bisher ein Vorrang- und Eignungsgebiet, in welchem derzeit sieben Windkraftanlagen betrieben werden“, erklärt das Dezernat Stadtentwicklung und Bau. „Der Betreiber strebt das Repowering, also die Leistungssteigerung der Anlagen, aktiv an. Die Vorbereitungen des dafür notwendigen Genehmigungsverfahrens sind bereits weit fortgeschritten.“

Was den Fokus auf ein weiteres Problem lenkt: Dass auch der Regionale Planungsverband Westsachsen sich unendlich schwer tut, in der Regionalplänen die Flächen für Windkraft deutlich auszuweiten. Das lahme Tempo beim Windkraftausbau in Sachsen hat sehr viel mit den langwierigen Entscheidungsprozessen in den Planungsverbänden zu tun.

„Aktuell wird für das Stadtgebiet von Leipzig die Rahmenkonzeption ‚Flächen für erneuerbare Energien‘ bis Anfang 2024 erarbeitet (Auftaktvorlage Fachplanung – Rahmenkonzeption für die planerische Steuerung von Flächenbedarfen für die Gewinnung von erneuerbaren Energien). Ziel der Konzeption ist es u.a., weitere mögliche Vorrang- und Eignungsgebiete für Windenergie im Stadtgebiet zu ermitteln, die dann in den Regionalplan einfließen können (= in Aussicht genommene Vorrang- und Eignungsgebiete)“, erläutert das Planungsdezernat.

„Für die Beurteilung von Windkraftanlagen in den in Aussicht genommenen Vorrang- und Eignungsgebieten bedarf es der Anwendung des § 20 Abs. 3 Satz 1 Landesplanungsgesetz. Demzufolge können im Benehmen mit der Raumordnungsbehörde Abweichungen von den Festlegungen des Ziels 5.1.3 des Landesentwicklungsplans 2013 und den entsprechenden Festlegungen in den Regionalplänen im jeweiligen Zulassungsverfahren von der zuständigen Zulassungsbehörde genehmigt, wenn die Abweichung unter raumordnerischen Gesichtspunkten vertretbar ist. Die Zulassung erfolgt im Einvernehmen mit den betroffenen Gemeinden und im Benehmen mit dem Regionalen Planungsverband, in dessen Plangebiet sich das Vorhaben befindet.“

Idee nicht mehr verfolgt

Es wäre also durchaus möglich, ein Plätzchen für das Höhenwindrad zu finden: „Für das Höhenwindrad kann eine Prüfung in Zusammenarbeit mit dem Regionalen Planungsverband erfolgen. Alternativ könnte die Anlage als Forschungsvorhaben genehmigt werden (nach § 35 (1) Nr. 5 BauGB). Allerdings wurde bisher kein Nachweis von der Beventum GmbH erbracht, dass es sich um eine Anlage zur Erforschung der Windenergie handelt.“

Und nicht nur das: „Darüber hinaus wird durch das Unternehmen nicht mehr die ursprünglich von Herrn Bendix entwickelte Idee verfolgt.“

Die Idee von Horst Bendix liegt also erst einmal wieder auf Eis. Auch wenn das Projekt von der Agentur für Sprunginnovationen weiterhin als Vorzeigeprojekt geführt wird.

„Derzeit liegt keine Bauvoranfrage oder ein Antrag auf Baugenehmigung vor“, teilt das Planungsdezernat noch mit, gibt sich aber weiterhin optimistisch, dass es vielleicht mal auf Leipziger Grund so ein Höhenwindrad geben könnte: „Mit den Ergebnissen der Rahmenkonzeption ‚Flächen für erneuerbare Energien‘ ist Anfang 2024 zu rechnen. Somit ist dann eine Aussage über einen potenziellen Standort im Leipziger Gebiet für ein Höhenwindrad möglich. Im Anschluss obliegt es den Unternehmen, Flächen zu sichern und in den Bau eines Windrads zu realisieren.“

Empfohlen auf LZ

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Ralf Julke über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar