Eigentlich lohnt es sich nicht, über AfD-Anträge in der Ratsversammlung zu berichten. Sie sind so gut wie alle fachlich falsch, einseitig und suggerieren Tatbestände, die schlicht nichts mit der Wirklichkeit zu tun haben. Normalerweise handelt die Ratsversammlung auch so und lehnt den „klassischen AfD-Blödsinn“ (Grünen-Stadtrat Jürgen Kasek) einfach ab, um ihm nicht auch noch Aufmerksamkeit zu verschaffen. Am 15. November aber wurde aus gutem Grund noch diskutiert. Denn es ging um Windkraftanlagen.

Und in den Ortschaftsräten geht die Leipziger AfD längst schon wieder auf Stimmenfang, um gegen mögliche Windkraftanlagen auf Leipziger Stadtgebiet Stimmung zu machen.

Schon in der Stadtratssitzung im Oktober blamierte sich AfD-Stadtrat Udo Bütow mit seiner Unkenntnis zur Rentabilität von Windkraftanlagen.

AfD operiert mit Pseudofakten

Deswegen sprach am 15. November wohl lieber sein Fraktionskollege Beyer. Und auch das mündete wieder in eine Ballung von „Pseudofakten“, wie es SPD-Stadtrat Andreas Geisler dann nannte. Der nahm den gesamten AfD-Antrag mit all seinen „Pseudofakten“ gründlich auseinander. Allein schon dieser Redebeitrag lohnt sich, angesehen zu werden.

Je mehr in Sachsen über Windkraft diskutiert wird, umso mehr Politiker verschiedener Parteien beschäftigen sich tatsächlich ernsthaft mit dem Thema, hinterfragen die Fakten, lesen die mittlerweile verfügbaren Untersuchungen. Und wer sich – wie Geisler – damit beschäftigt, merkt, wie die AfD in ihren Kampagnen immer wieder die alten, falschen Vorurteile wiederholt, ohne das Geringste dazuzulernen.

Nachdem die AfD durch CDU-Stadträtin Sabine Heymann, durch Andreas Geisler und durch Jürgen Kasek deutliche Gegenreden bekommen hatte, versuchte AfD-Stadtrat Sebastian Kriegel auch noch mit der bekannten, vorwurfsvollen Haltung den anderen Fraktionen einzureden, sie würden sich an den Ortschaftsräten versündigen.

Eine Flut von Bürgerbegehren würde dann auf sie zurollen, wenn künftig auf Leipziger Gebiet neue Windkraftanlagen auch innerhalb des 1.000-Meter-Abstands zur nächsten Bebauung entstehen. Das ist in Sachsen inzwischen möglich.

Noch aber es ist nicht einmal klar, wo in Leipzig geeignete Standorte für Windkraftanlagen ausgewiesen werden. Daran arbeitet die Verwaltung noch. Der Stadtrat wartet auf das entsprechende Gutachten.

Nicht mal die Bauordnung verstanden

Aber während Kriegel den anderen Fraktionen Angstmache vorwarf, hatte er ja ganz offensichtlich selbst wieder Angst gemacht. Mit völlig falschen Argumenten. Da platzte selbst CDU-Stadtrat Falk Dossin der Kragen und er wies Kriegel darauf hin, dass sein Verweis auf die Sächsische Bauordnung falsch war.

Denn im von ihm zitierten Paragraphen 84 der Sächsischen Bauordnung steht nun einmal eindeutig, dass die 1.000-Meter-Abstandsregel unterschritten werden kann, wenn „die Gemeinde, auf deren Gebiet das Vorhaben geplant ist, sowie die Gemeinde, auf deren Gebiet Wohngebäude mit einem Abstand von weniger als 1.000 m zum Vorhaben stehen, dem geringeren Abstand zustimmt“.

Ziemlich einhellig ist die Position der Ratsfraktionen dazu, dass „Gemeinde“ hier eben nicht nur Ratsversammlung heißt, sondern dass die Ortschaftsräte in jedem einzelnen Fall, der sie betrifft, einbezogen werden.

Und so steht es auch im Gesetz: „Die Zustimmung der Gemeinde erfolgt jeweils durch Beschluss des Gemeinderates im Einvernehmen mit den Ortschaftsräten der Ortschaften, auf deren Gebiet das Vorhaben geplant ist, sowie mit den Ortschaftsräten der Ortschaften, auf deren Gebiet Wohngebäude mit einem Abstand von weniger als 1.000 m zum Vorhaben stehen.“

Der ganze kraftmeierische AfD-Antrag mit dem Titel „Schadensbegrenzung: Keine Reduzierung der Abstandsregeln von Windkraftanlagen zur Wohnbebauung!“ war also – wie Jürgen Kasek feststellte – „klassischer AfD-Blödsinn“. Oder völlig sinnfrei.

Sabine Heymann hatte zwar noch beantragt, statt des AfD-Antrags den ausgewogenen Verwaltungsstandpunkt abzustimmen.

Aber das hätte bei Zustimmung dem AfD-Antrag nur ein Gewicht verliehen, das ihm einfach nicht zustand, wie Kasek meinte.

Und so lehnte die Stadtratsmehrheit nicht nur den Verwaltungsstandpunkt mit 11:37 Stimmen bei sechs Enthaltungen ab, sondern auch den (völlig das Thema verfehlenden) AfD-Antrag mit 9:42 Stimmen bei sechs Enthaltungen.

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