Ab Weihnachten bis weit ins neue Jahr hinein gab es erhebliche Niederschläge auch in Leipzig. Und das sorgte nicht nur für volle Flüsse, sondern an einigen Stellen auch für überschwemmte Kleingartenanlagen. Da erfuhren dann auch deren Pächter zum ersten Mal, dass ihre schönen Gärten in starkregengefährdeten Niederungen und Senken lagen. Die Klagen wurden laut. Die Grünen fragten nach. Und die Stadt gab dann auch ein paar Zahlen heraus. Zumindest, so weit sie bekannt waren.

„Aktuell wurde darüber berichtet, dass eine Reihe von Kleingartenvereinen durch die starken Niederschläge Ende des vergangenen Jahres in Mitleidenschaft gezogen wurden, da Wasser zum Teil nicht abfließen kann, da keine ausreichenden Grabensysteme zur Verfügung stehen.

Vor dem Hintergrund des Klimawandels und der bisherigen Daten ist anzunehmen, dass die Wahrscheinlichkeit von Extremwettereignissen und damit auch die Wahrscheinlichkeit von temporären Hochwasserereignissen weiter zunimmt“, stellte die Grünen-Fraktion in ihrer Anfrage fest.

Wobei das zwei unterschiedliche Gefahrenlagen sind. Denn von Starkregen können auch Gärten betroffen sein, die nicht im Hochwassergefahrengebiet liegen.

Wobei die Anlage von Kleingartenanlagen in Hochwassergebieten sowieso fahrlässig war. Aber sie fand zumeist in Zeiten statt, in denen niemand mehr in Leipzig damit rechnete, dass Hochwasser noch einmal zu einer akuten Gefahr werden könnten. Man fühlte sich sicher hinter den vor 100 Jahren aufgehäuften Deichen. Doch die vermeintliche Sicherheit trügt, wie jeder auf der Hochwassergefahrenkarte der Stadt Leipzig sehen kann.

Und parallel zur Hochwassergefahrenkarte haben die Wasserwerke Leipzig mit der Stadt auch eine Starkregengefahrenkarte erarbeitet, die dann am 28. Februar in der Ratsversammlung von SPD-Stadtrat Andreas Geisler auch thematisiert wurde.

23 Kleingartenanlagen liegen im Hochwassergebiet

Aber das Wissen darum, dass der eigene Kleingarten in einem Starkregengefahrengebiet liegt, hilft den Kleingartenpächtern ja noch nicht weiter. Und dadurch erfährt man ja auch nicht, wie viele Kleingärten durch die großen Regenmengen zu Jahresbeginn unter Wasser gesetzt wurden, das, was die Grünen-Fraktion mit ihrer Anfrage ja erfahren wollte.

Das Amt für Stadtgrün und Gewässer verstand die Grünen-Anfrage dann auf seine Weise und erklärte dann erst einmal, wie viele Kleingartenanlagen in Leipzig tatsächlich in Hochwassergefährdungsgebieten liegen: „Im Stadtgebiet Leipzig befinden sich 23 von insgesamt 272 Kleingartenanlagen entweder ganz oder zumindest teilweise in Überschwemmungsgebieten (Quelle Kleingartenkonzeption Leipzig, 30.03.2005).

Dies betrifft hauptsächlich Kleingartenanlagen im nördlichen Rosental, die sich im Überschwemmungsgebiet der Parthe und Weißen Elster befinden, sowie Kleingartenanlagen in Leipzig-Mockau, die im Überschwemmungsgebiet der Parthe liegen.“

Aber um Hochwasser ging es ja eher nicht, sondern um die Folgen der Starkregen. Und da gab es zumindest ein paar konkrete Meldungen an die Stadt: „Während des Hochwassers und der intensiven Regenperiode um den Jahreswechsel 2023/2024 wurden dem Fachbereich Gärten (Amt für Stadtgrün und Gewässer) drei Kleingartenanlagen gemeldet, in denen Vernässungen auf einzelnen Parzellen und Wegen aufgetreten sind. Diese betreffen die Kleingartenanlagen ‚Gartenfreunde Südost‘, ‚Vorwärts‘ und ‚Brandts Aue‘.“

Die „Gartenfreunde Südost“ findet man in Marienbrunn, den KGV „Vorwärts“ in Leutzsch und „Brands Aue“ in Gohlis – und dort tatsächlich im Hochwasergefahrengebiet.

Grünen-Stadtrat Norman Volger wollte freilich wissen, ob es noch mehr betroffene Kleingartenanlagen gab oder ob die drei Kleingartenanlagen nur deshalb Erwähnung fanden, weil diese selbst „Land unter“ gemeldet hatten. Aber das konnte ihm die zuständige Bürgermeisterin Skadi Jennicke auch nicht sagen. Sodass es wohl eher so ist, dass die Stadt keine komplette Übersicht über die von Wasserstau betroffenen Kleingartenanlagen hat.

Entwässerungsgraben einfach zugeschüttet

Dass es in der Kleingartenanlage „Südost“ zu Überschwemmungen kam, interessierte die Grünen natürlich besonders. Denn die liegt ja nun weitab von jeder Hochwassergefahr. War es also nur ein nicht mehr funktionierendes Grabensystem, das hier für Wasserrückstau sorgte?

Das Amt für Stadtgrün und Gewässer erklärte dazu: „Innerhalb der Gartenanlage in Marienbrunn – Kleingartenanlage ‚Gartenfreunde Südost‘ – wurde die Flächenentwässerung ursprünglich über einen Zulaufgraben zum inzwischen nicht mehr vorhandenen Trenkengraben (heute Kanalisation) realisiert. Der bereits teilverfüllte Graben wurde 2020 vollständig verfüllt, weil diesem keine Entwässerungsfunktion mehr zugeordnet wurde.

Es muss nun eine Lösung gefunden werden, welche die Funktionalität der Flächenentwässerung wiederherstellt und den Prinzipien der wassersensiblen Stadt entspricht. Auf Grund der aktuellen Situation wird derzeit geklärt, inwieweit die ca. 5 bis 7 betroffenen Kleingartenparzellen vor einer regelmäßigen Vernässung geschützt werden können. Die Ermöglichung einer kleingärtnerischen Nutzung in den betroffenen Parzellen wird angestrebt, bleibt jedoch der weiteren fachlichen Prüfung im Zuge einer Lösungsfindung vorbehalten.“

Da hat dann wohl ein städtischer Mitarbeiter geschlafen, als der wichtige Entwässerungsgraben einfach für überflüssig erklärt wurde.

Kleingartenvereine müssen vorsorgen

Aber die hohen Wasserstände in Parthe, Pleiße und Weißer Elster machten eben auch deutlich, dass die Hochwassergefahr für einige Kleingartenanlagen in der Aue tatsächlich akut ist.

Weshalb die Grünen auch wissen wollten, wie die Stadt da jetzt vorsorgen will.

„In der Vergangenheit wurden in den Kleingartenanlagen, die besonders stark von hohen Grundwasserständen und wiederkehrenden Überschwemmungen betroffen waren, in Abstimmung mit dem Kleingartenwesen individuelle Lösungen entwickelt und umgesetzt“, teilt das Amt für Stadtgrün und Gewässer mit.

„Das diesbezüglich größte Projekt wurde in der Kleingartenanlage ‚Leipzig-Sellerhausen‘ umgesetzt. In einem von dauerhaft hoch anstehendem Grundwasser und wiederkehrenden Überflutungen durch die Östliche Rietzschke betroffenen Bereich wurden insgesamt rund 100 Kleingartenparzellen zurückgebaut und eine multifunktionale Retentionsfläche angelegt. Die Umsetzung erfolgte in enger Zusammenarbeit zwischen dem Kleingartenverband, dem Kleingartenverein, den Leipziger Wasserwerken und der Stadt Leipzig.“

Ein weiteres Beispiel beträfe die Kleingartenanlage „Mockau-Mitte“, in der ebenfalls Gärten aufgrund von hohem Grundwasserstand und Überschwemmungen der Parthe zurückgebaut wurden.

Aktuell soll im Bereich des Gohliser Flurgrenzgrabens – Kleingartenanlage „Naturheilkunde Gohlis“ – die schadlose Ableitung von Wassermengen in der Kleingartenanlage durch Gewässerrenaturierungsmaßnahmen nach Wasserrahmenrichtlinie und die Anlage einer Retentionsfläche reduziert werden, um den Gewässerzustand des Gohliser Flurgrenzgrabens und den Hochwasserschutz für die Kleingartenpächter zu verbessern, so da Amt für Stadtgrün und Gewässer.

Empfohlen auf LZ

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Es gibt 2 Kommentare

“Da hat dann wohl ein städtischer Mitarbeiter geschlafen, als der wichtige Entwässerungsgraben einfach für überflüssig erklärt wurde.”
Nein. Es ist ein Klassiker kommunalen Agierens. Der Stadtrat beschließt ein Konzept “Schwammstadt” und dann will man wegen 7 Gartenpazellen das Konzept unterwandern?
Es ist gut, dass der Entwässerungsgraben verfüllt und somit Wasser in der Fläche zurückgehalten wird. Der Kleingartenverein hat nun die Aufgabe die paar Parzellen aufzugeben und hier eine Feuchtwiese anzulegen.

Ich denke nicht, dass nur 3 KGV betroffen waren. Am Wochenende konnte mal im KGV “Tunnelwiese” im Ländereck Anger-Crottendorf / Sellerhausen / Stünz auch unter Wasser stehende Kleingärten beobachten, was sich ebenso in der Starkregenkarte abbildet.
Diese befinden sich linksseits der Östlichen Rietzschke hinter einem Wall – muss also durch Niederschläge entstanden sein.

Interessant ist im Übrigen, woher sich die Östliche Rietzschke VOR der entstandenen Retentionsfläche speist, da das Flüsschen bereits auch ab dem Regenrückhaltebecken in der Kanalisation verschwindet (einen Überlauf gibt es nicht).
Danach “beginnt es sozusagen von Neuem”.

Schreiben Sie einen Kommentar