Da wunderten sich nicht nur die beobachtenden Medien, was da in der gegenwärtigen Sitzungsperiode des Stadtrats schon alles an eindeutig rechtswidrigen Anträgen nicht nur auf der Tagesordnung der Ratsversammlungen landete, sondern selbst bis zur Abstimmung durchgezogen wurde, obwohl schon ein Blick auf den Antrag zeigte, dass dieser Antrag nicht in die Kompetenz des Stadtrats fiel, sondern ein Hoheitsrecht der Verwaltung berührte.
In der Ratsversammlung am 24. September machte das die Linksfraktion zum Thema einer Anfrage. Klarheit muss schon sein.
„In der aktuellen Wahlperiode wurden bereits einige Anträge durch einzelne Fraktionen ins politische Verfahren gegeben, die sich im Nachgang als rechtswidrig herausgestellt haben (vgl. VIII-EF-00539-AW-01)“, merkte die Linksfraktion dabei an, die auch mit einigen eigenen Anträgen betroffen war.
„Im Ratsinformationssystem Allris besteht die Möglichkeit im Verwaltungsstandpunkt (VSP) anzugeben, ob ein Antrag rechtswidrig ist. Wenn das der Fall ist, wird dies im VSP begründet. Das Rechtsamt ist an der juristischen Einschätzung beteiligt.“
Nur gab es ganz offensichtlich eine teilweise willkürliche Behandlung solcher Anträge. Denn die Linksfraktion fragte ja deshalb, weil einige ihrer eigenen Anträge schon im Vorfeld wegen Rechtswidrigkeit aus dem Verfahren genommen wurden, während andere – eindeutig rechtswidrige Anträge anderer Fraktionen – es bis in die Beschlussfassung des Stadtrates schafften.
Wer hat da eigentlich geschludert? Oder herrscht da wirklich Willkür und einige Fraktionen dürfen immer wieder Anträge stellen, die ins Hoheitsrecht des OBM eingreifen, und andere nicht? Eine nur zu berechtigte Frage, zu der dann am 24. September die Fraktionsvorsitzende der Linken Franziska Riekewald und Linke-Stadtrat Enrico Stange auch nachfragten.
Klare Eingriffe in Pflichtaufgaben
„Überwiegend betreffen die als rechtswidrig eingestuften Anträge einen Eingriff in die dem Oberbürgermeister zur alleinigen Erledigung übertragenen Pflichtaufgaben nach Weisung (z.B. Straßenverkehrsordnung, Asylrecht) sowie einer Beschlussfassung entgegenstehende Gesetze (Wahlrecht, Ordnungsrecht)“, erklärte der OBM in der schriftlichen Antwort.
Wobei eben die Verweisung auf das Verkehrsrecht verblüfft. Denn solche Anträge hat besonders die CDU-Fraktion immer wieder gestellt, die die von der Stadt zusammengestellte Liste deutlich anführt. Allein vier Anträge sind direkte Anträge zu Verkehrsanordnungen, die ganz allein der Leipziger Straßenverkehrsbehörde obliegen.
Was natürlich die Frage aufwirft – wie es Enrico Stange auch tat – ob so etwas nicht im Vorfeld zu klären ist und Ratsfraktionen da nicht gleich und transparent behandelt werden müssten.

Dass es da an Transparenz fehlt, gab Oberbürgermeister Burkhard Jung auch zu. Irgendwie stimmt das Verfahren nicht mehr. Denn die zuständigen Dezernate können ja sehr wohl feststellen, ob ein Antrag rechtswidrig ist oder nicht. Dann wäre es der naheliegende Schritt, die entsprechende Fraktion spätestens drei Tage vor der Ratsversammlung zu informieren, sodass diese die Gelegenheit hat, den Antrag entweder ganz zurückzuziehen oder zu überarbeiten, damit er rechtskonform ist.
Ein transparentes Verfahren
Darin gab Burkhard Jung Stange und Riekewald auch recht. Denn mit Gleichberechtigung und Transparenz hat das gegenwärtige Vorgehen nichts zu tun. Er will sogar das Rechtsamt einbeziehen, um ein transparentes Verfahren für einen Umgang mit rechtswidrigen Anträgen zu entwickeln. Obwohl das Problem – wie Stange anmerkte – ja nicht nur bei den Ratsfraktionen liegt, sondern ganz offensichtlich auch bei den Dezernaten, die Stellung nehmen.
Der eine Antrag kommt durch oder wird nur als teilweise als rechtswidrig eingeschätzt und kommt dann ebenfalls auf die Tagesordnung. Und bei anderen verkündet Burkhard Jung dann am Tag der Ratsversammlung erst, dass der Antrag wegen Rechtswidrigkeit zurückgewiesen wurde.
Im Grunde kann das Verfahren tatsächlich nur so aussehen, dass alle ganz oder teilweise rechtswidrigen Anträge genau mit diesem Verweis an die Fraktionen zurückgehen, sodass sie nachbessern oder auf ihren Antrag verzichten können. Das würde auch Zeit in der Ratsversammlung selbst sparen, wenn man nur an die wilden Verkehrsdiskussionen der letzten Zeit denkt, die am Ende gar nichts gebracht haben, weil für verkehrsrechtliche Anordnungen ganz allein die Verkehrsbehörde zuständig ist.
Burkhard Jung jedenfalls versprach, dass man ein transparentes Verfahren finden werde, das dann – wie Stange sich das wünscht – endlich auch Klarheit im Umgang mit solchen rechtswidrigen Anträgen bringt. Eine Klarheit, die das Ratsinformationssystem selbst nicht gibt.
Da kann man zwar – wie es die Stadt mit dieser Liste getan hat – die eindeutig rechtswidrigen Anträge herausfiltern, aber nicht all jene, in denen einer oder mehrere Antragspunkte rechtswidrig waren. Solche Anträge landen dann eben doch meist in der Ratsversammlung, es wird kräftig diskutiert und am Ende müssen sie doch abgelehnt werden, weil sie Themen behandeln, über die der Stadtrat schlichtweg nicht entscheiden darf.
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Keine Kommentare bisher
Ich finde diesen Versuch, gewisse Themen oder Wünsche gar nicht erst zur Sprache kommen zu lassen, mehr als schwierig.
Offensichtlich gibt es Diskussionsbedarf, fraktionsübergreifend, immer wieder. In der Vergangenheit hat der OBM oder eine andere Institution doch in solchen Fällen einfach empfohlen, dass der Antrag umformuliert wird, oder habe ich das falsch in Erinnerung?
Aus dem Antrag “Das Amt soll folgendes tun:…” wird einfach die Formulierung “Das Amt wird aufgefordert zu prüfen, ob…gemacht werden kann”. Darüber wird dann abgestimmt und/oder debattiert, und das Thema wurde wenigstens mal im demokratischen Plenum behandelt.
Dass stattdessen solche Dinge weitere amtsinterne Kreise ziehen sollen und sich damit 1) weiter verzögern und 2) das Amtsgebilde weiter beschäftigen, kann ich nicht besser finden als es einfach umzuformulieren, was da an Bedarfen da ist. Und das geht, wie die Vergangenheit gezeigt hat, mit solchem AfD-Quatsch wie “Zuzug in Leipzig sofort stoppen!” doch recht schnell.