Wie ein Mantra wiederholen gerade Stadträte der CDU-Fraktion ihre Vorwürfe vom „zähfließenden Verkehr“ in Leipzig, den „willkürlichen“ Geschwindigkeitsbegrenzungen im Stadtgebiet und die Forderung nach mehr Tempo 50 in der Stadt, weil sie glauben, dadurch würde der Verkehr wieder flüssiger. Doch da gehen sie von falschen Vorstellungen aus und ignorieren vor allem ein Thema wie die Verkehrssicherheit. Und damit die schwächeren Verkehrsteilnehmer. Das Mobilitäts- und Tiefbauamt wird da sehr deutlich.
„Der OBM ergreift alle Maßnahmen, um den reibungslosen und leichtgängigen Verkehr im System der Hauptverkehrsstraßen gemäß STEP Verkehr und öffentlicher Raum durch weitgehende Beibehaltung der Höchstgeschwindigkeit 50 km/h (Verkehrsschild VZ 274-50) zu sichern“, hat die CDU-Fraktion beantragt.
Ein Antrag, mit dem sie – einmal mehr – die Kompetenzen des Stadtrates überschreitet. Denn zur Ausweisung von Richtgeschwindigkeiten in der Stadt ist ganz allein die Straßenverkehrsbehörde zuständig. Die eben auch mehr Aspekte berücksichtigen muss als die „Leichtgängigkeit“ von Verkehr. Und auch wenn die CDU-Fraktion ausgerechnet den ÖPNV anspricht, der durch Tempo 30 ausgebremst würde, spricht der Antrag im Grunde nur für die Leichtgängigkeit des motorisierten Verkehrs.
Er benennt zwar die Verkehrssicherheit an „sensiblen Stellen“. Aber das sind in der Regel genau die Stellen, an denen die Straßenverkehrsbehörde Tempo 30 verhängt hat – vor Schulen, Krankenhäusern, Seniorenheimen.
Allein die Straßenverkehrsbehörde ist zuständig
Aber irgendwie will die CDU-Fraktion unbedingt Straßenverkehrsbehörde spielen. Ob bei den Radwegen auf dem Promenadenring, in der Prager Straße oder eben bei Tempo 50.
Was dann erst einmal die deutliche Aufklärung durch das Mobilitäts- und Tiefbauamt (MTA) in dessen Stellungnahme zum CDU-Antrag mit sich bringt: „Nach Straßenverkehrsordnung gilt innerhalb geschlossener Ortschaften automatisch eine zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h. Dies bedarf entsprechend auch keines kommunalen Beschlusses.
Zulässige Abweichungen nach unten wie nach oben sind ebenfalls durch die StVO normiert und bedürfen verkehrsrechtlicher Anordnungen (VrAO), die durch die Straßenverkehrsbehörde nach Prüfung und Abwägung aller Belange zu erlassen sind und die nicht der Beschlussfassung oder des Beschlussvorbehalts des Stadtrates unterliegen.“
Tatsächlich gab es bei den Temporegelungen eine Zeitenwende, wie das MTA der CDU-Fraktion geduldig erklärt: „Durch die Novellierung der Straßenverkehrsordnung erfolgte zum einen ein Wandel der Entscheidungskriterien. Die Sicherheit geht nun der Flüssigkeit des Verkehrs vor. Zum anderen wäre das Festhalten an der angehobenen Geschwindigkeit in Hinblick auf die gewollte Geschwindigkeitsreduzierung in Städten, der ‚Vision Zero‘ sowie unter den Gesichtspunkten der stetigen Lärm- und Abgasreduzierung sowie des Klimaschutzes nicht mehr verhältnismäßig.“
Auch so kann man das formulieren: Leipzigs CDU-Fraktion steckt mit ihren Verkehrsvorstellungen im vergangenen Jahrhundert fest. Und ignoriert vor allem die Sicherheitsinteressen der schwächeren Verkehrsteilnehmer. „Vision Zero“ heißt eben: eine Stadt, in der es keine Verkehrstoten mehr gibt.
„Tempo 30 macht die Straßen wesentlich sicherer, insbesondere für die besonders gefährdeten Gruppen wie Fußgänger, Radfahrer, Kinder und Senioren. Im Umfeld von Schulen und Kindertagesstätten trägt Tempo 30 maßgeblich zur Unfallprävention bei und erhöht die Sicherheit für die schwächeren Verkehrsteilnehmer“, erklärt das MTA. „Eine geringere Geschwindigkeit führt zu weniger Lärm und geringeren Emissionen. Das verbessert die Lebensqualität in den Anwohnergebieten erheblich und trägt zum Schutz unserer Umwelt bei.
Eine niedrigere Geschwindigkeit macht den Rad- und Fußverkehr attraktiver und sicherer, was den Umstieg auf umweltfreundliche Verkehrsmittel erleichtert und den motorisierten Individualverkehr entlastet.“
Bei Tempo 30 rollt es besser
Und dann erläutert das MTA etwas, was motorisierten Verkehrsteilnehmern irgendwie schwerfällt zu akzeptieren: „Obwohl es auf den ersten Blick widersprüchlich erscheint, kann eine angepasste Geschwindigkeit auch den Verkehrsfluss insgesamt verbessern, Staus verringern und den Verkehrsraum effizienter nutzen. Dies bietet auch Vorteile für den ÖPNV.
Durch eine bessere Verkehrsführung können Verzögerungen reduziert werden, was die Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit der Bus- und Straßenbahnlinien verbessert. Die Modellierung zeigt, dass durch gezielte Maßnahmen, wie z.B. Anpassungen im Fahrplan oder die Optimierung der Linienführung, eventuelle Verzögerungen ausgeglichen werden können. So bleibt die Attraktivität des ÖPNV erhalten oder kann sogar gesteigert werden.“
Das Bild vom ausgebremsten ÖPNV, das die CDU-Fraktion gemalt hat, ist also auch falsch.
Mutmaßungen über das Zebrastreifenprogramm
Und dann hatte die CDU-Fraktion auch noch behauptet: „Dass das längst angekündigte Zebrastreifenprogramm dem Stadtrat noch immer nicht vorliegt, wird als destruktives Zeichen wahrgenommen. Der Stadtrat erwartet die Vorlage dieses Programms als wichtigen Teil der Mobilitätsstrategie 2030 unverzüglich.“
Eine Behauptung, auf die das MTA ziemlich verärgert reagierte: „Auch das Queren von Hauptverkehrsstraßen ist bei geringerer zugelassener Geschwindigkeit sicherer und dadurch kann dem Ziel der ‚Vision Zero‘ deutlich nähergekommen werden. Darüber hinaus läuft derzeit bereits die Umsetzung des Zebrastreifenprogramms. Die Erstellung des Zebrastreifenprogrammes wurde mit der Fußverkehrsstrategie beschlossen.
Der Darstellung, dass dieses Programm durch die Verwaltung nicht vorgelegt wurde, muss widersprochen werden.
Im Zuge der Fortschreibung des Rahmenplanes zur Umsetzung der Mobilitätsstrategie 2030 wurde das Zebrastreifenprogramm eingeordnet (Mobi2030_II-10_F_1 – Maßnahmen des Zebrastreifenprogramms). Aus diesem wurden auch bereits einige Querungen umgesetzt wie bspw. in der Möckernschen Straße, der Lilienstraße oder der Windorfer Straße. Derzeit in Bearbeitung sind unter anderem Querungen über die Gypsbergstraße (Mittelinsel an der Einmündung zur Essener Straße) oder an der Querstraße.“
Verständlich, dass das MTA den CDU-Antrag wegen Rechtswidrigkeit ablehnt. Noch steht er für mehrere Ausschüsse auf der Tagesordnung und kann dann auch in der Ratsversammlung landen. Aber wie gesagt: Der Stadtrat würde mit einem Votum für diesen Antrag seine Kompetenzen deutlich überschreiten.
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Es gibt 32 Kommentare
@Thomas:
“Mit dem Fahrrad kann man niemanden ernsthaft verletzen”
Das mag wohl in der Vergangenheit gelten, heute kann man das gerne in den Bereich Mythen und Sagen verordnen. Von dem letzten tödlichen Unfall dem ich hörte war das Rennrad (11kg) laut Schätzung Unfall Dienst mit 30km/h in die Frau geknallt (Fahrrad hatte Rot). Die Frau verstarb bedauerlicherweise an ihren Verletzungen. Jetzt wiegen Lastenfahrräder 60–65 kg, elektrisches Lastenrad wiegt ungefähr 6–10 kg mehr und E-Räder wiegen 20 bis 25 kg. Dazu noch eine auch von ungeübten Radfahrenden erreichbare Geschwindigkeit von 25 km/h. Da soll sich ein Fußgänger nicht ernsthaft verletzen. Sie können es gerne mal versuchen.
Natürlich hat das nichts mit dem Artikel zu tun, falls Sie sich fragen ich bin für 30 km/h in allen Wohngebieten, nur die Haupttrassen 50 km/h.
Ja, auch unter Radfahrenden gibt es Idioten, wie überall. Die gehören zur Verantwortung gezogen – ist aber nicht das Thema hier.
Der entscheidende Unterschied ist: Mit dem Fahrrad kann man niemanden ernsthaft verletzen (von unglücklichen Umständen viell mal abgesehen), mit einem tonnenschweren Auto schon. Und das passiert jeden Tag. Und, T30 wäre ein Mittel, die Anzahl und Schwere von Unfällen zu reduzieren. Und darum geht’s.
@Thomas_2
Auch wenn es schwer für Sie zu erkennen ist, geht es in meinem Post zu den Radfahrenden nicht um den Artikel, sondern um die Behauptung das nur Autofahrende der Schutz von schwächeren Verkehrsteilnehmern egal ist. Das ist leider eine Eigenschaft die einige Autofahrende und einige Radfahrende eint.
Radfahrer werden nicht per se in Schutz genommen, da täuscht sie ihr Gefühl.
In diesem Artikel geht es um die Geschwindigkeit von Autofahrern. Es geht nicht darum, dass Fahrradfahrer sich falsch verhalten (was natürlich einige auch tun). Normalerweise beleuchten kurze Artikel einen konkreten Sachverhalt und gehen nicht auf alle damit irgendwie (vermeintlich) verbundenen Themen ein.
“AbEr wAs isT mIt….” ist einfach nur fehl am Platz und ich empfinde Fremdscham.
@EarlGrey
Wenn mich der nächste Radfahrende erwischt werde ich mich vertrauensvoll an Sie wenden, da Sie dann wahrscheinlich eine Lösung haben.
Kommen wir nochmals zurück zu einem der Kernsätze des Mobilitäts- und Tiefbauamtes (MTA), das der CDU-Fraktion die seit letzten Oktober überarbeitete Straßenverkehrsordnung u.a. mit diesem Satz auszulegen versucht:
“Zum anderen wäre das Festhalten an der angehobenen Geschwindigkeit in Hinblick auf die gewollte Geschwindigkeitsreduzierung in Städten, der ‚Vision Zero‘ sowie unter den Gesichtspunkten der stetigen Lärm- und Abgasreduzierung sowie des Klimaschutzes nicht mehr verhältnismäßig.”
Was meint das MTA mit “angehoben”, 50km/h innerorts ist doch nicht angehoben? Und was genau bedeutet “gewollte Geschwindigkeitsreduzierung in Städten”? Nicht anheben und reduzieren sind doch zwei Paar Schuhe!?
Lärm und Abgase wurden stetig reduziert, es fahren kaum noch P50, P60, P601 oder P70 und dergleichen, genau wie die legendären rumsenden Einzylinder-Traktoren von Lanz-Bulldog mit Winkern, um zugegebenermaßen markante Beispiele zu nennen, die etwas länger zurückliegen, wobei gewöhnliche PKW und auch LKW heute doch weithin manierlich leise bleiben und mit allen möglichen Abgasreinigungsanlagen versehen sind.
Und beim Klimaschutz (ich nehme an, das Kohlendioxid ist gemeint) verhilft die Orts-bezogenen Brille sowieso nur ins Nirgendwo. Da fällt mir ein: alle, wirklich ausnahmslos alle LKW auf hiesigen Autobahnen fahren schneller als erlaubt. Man könnte genauso gut oder schlecht auf solch einen rein symbolischen Nebenzweig lenken!
Und “Wischen Sero” tut so, als ob bis dato Opfer des Straßenverkehrs leichtfertig und billigend inkauf genommen worden wären, im fraglichen Fall innerorts. Das ist nicht der Fall.
Wenn man doch nur hinstehen würde, und besondere Straßennetz-Stellen mit 20km/h, wie an der Unibibliothek, oder mit 30km/h an vielen Schulen und ähnlichen Einrichtungen versehen würde. Nichts wäre einzuwenden. Aber es gibt ein Sendungsbewußtsein, das mehr will und damit aber gesellschaftlich destruktiver wirkt, als das den Sendungsbewußten selbst in den Sinn kommt. Und die sich einen bösen Diesel-Dieter herbeidenken, den es so schon lange nicht mehr gibt, falls es ihn je gab.
Die Segregation der Gesellschaft und das weitere Ausformen von Gruppen, die Ressourcen nur noch verschwenden, etwa mittels Riesenkarren, wird sich mit einer Salamitaktik des 30km/h-Zonen-Vergrößerns kein Millimü, um eine historische Einheit zu bemühen, aufhalten oder gar umkehren lassen, im Gegenteil.
Confirmation bias!
“FÜR MICH stellen [Radfahrende] im täglichen Leben die höchste Gefährdung dar.”
“Aber was ist denn mit den Fahrradfahrern!?”
Ja was ist mit denen, die haben sich in den letzten Jahren für mich als Fußgänger nicht nur als Ärgernis sondern als Gefährdung dargestellt. Allein letztes Jahr bin ich insgesamt 10 mal angefahren worden (Fußweg war halt für die Geschwindigkeit der Radfahrenden zu eng, wahrscheinlich ist da die Stadt dran Schuld). Trotz Abschürfungen und beschädigter Kleidung wäre ein Anzeige nur Zeitverschwendung, da sowieso nicht ermittelbar. Ich bin es langsam leid, das die Radfahrenden immer in Schutz genommen werden. Für mich stellen sie im täglichen Leben die höchste Gefährdung dar.
“Aber was ist denn mit den Fahrradfahrern!?”
Soweit ich weiß, fahren die nicht mit 60 / 70 Sachen durch die Stadt, zumindest recht selten.
JA, auch Radfahrer achten nicht auf Regeln. JA, insbesondere Elektroräder auf dem Fußweg, gern auch als vollbesetztes Lastenrad sind ein Problem.
Gern auch Führerschein weg und Rad verschrotten.
Hallo fra,
auch beiden Südplatzkontrollen vorm Blumenladen oder beim Essen im Safran habe ich genau das Gemaule gehört.
–
Hallo Thomas_2,
stimmt, es gibt diese Tendenzen bei genau diesen Parteien. Ich wollte mich auch nicht gegen Blitzer aussprechen, aber die Akzeptanz solcher Maßnahmen ist eben doch eher gegeben, wenn man es lokal dort einen Grund gibt. Wie eine Schule, eine Unfallhäufung oder sowas.
> “20 zu schnell innerorts? Auto beschlagnahmen und versteigern, Führerschein weg für 10 Jahre. Wenn die ganzen Idioten nicht mehr fahren, wird es dann viel ruhiger für ALLE.”
Eine ziemlich charmante Idee, finde ich. Gern auch Lärmblitzer. Gern auch solche, die sich für Motorräder eignen.
“aber bei der STVO sind die Regeln auf einmal nur Empfehlungen. Und die Kontrolle natürlich ABZOCKE. Der Schutz von schwächeren Verkehrsteilnehmern – EGAL.”
Wo habe ich das denn letztens gehört, ja bei der Fußgängerumleitung der Brückenbaustelle in Markkleeberg. Geäußert von Radfahrenden gegenüber der Polizei, Die sich mal entschlossen hat etwas gegen die fortwährende Gefährdung der Fußgänger zu tun.
Also sorry, aber warum sollte nur bei Unfallschwerpunkten oder Gefahrenstellen reagiert werden?
Wie wird denn eine Stelle dazu – genau, indem was passiert. Es muss also immer erst was passieren, damit man tätig wird?
“Der Blitzer ist nur Abzocke, hier ist doch gar nichts!” – is klar. Insbesondere die Law&Order Fraktion (die Rechten und Nazis, also CDU, CSU, AfD) fordert die Einhaltung von Regeln und Gesetzen (und das zu Recht!) – aber bei der STVO sind die Regeln auf einmal nur Empfehlungen. Und die Kontrolle natürlich ABZOCKE. Der Schutz von schwächeren Verkehrsteilnehmern – EGAL.
Da wünschte man sich doch einmal eine ordentliche Überwachung und auch mal ordentliche Konsequenzen. >20 zu schnell innerorts? Auto beschlagnahmen und versteigern, Führerschein weg für 10 Jahre. Wenn die ganzen Idioten nicht mehr fahren, wird es dann viel ruhiger für ALLE.
Hallo thomas,
Ganz kurz:
>”T30 ist nicht die Lösung sämtlicher Probleme dieser Welt”
Stand das im Raum? Es ging um die Sinnhaftigkeit, die viele, viele Leute anzweifeln. Vor allem, wenn es um englische Buzzwords geht, die als Grund herhalten sollen. Wie kann man auch als Stadt gegen so eine Vision sein? Natürlich beschließt man für sich solchen Quatsch, haben wir auf Arbeit auch gemacht. Bringt genau gar nichts, es gibt immer noch die gleiche Häufigkeit an Arbeitsunfällen und auch die gleichen Schulungen dagegen. Aber die Plakate sehen schön aus.
–
>” Jeder einzelne nicht getötete oder verletzte Mensch wäre aber schon ein Gewinn, für den es sich lohnt.”
Mit dieser Argumentation könnte man jeglichen Verkehr einstellen, wenn es denn Eine wäre.
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> “Es gibt kein einziges erhebliches Argument *gegen* T30 in der Stadt,…”
Der Kern des Satzes dürfte in Ihrer persönlichen Wertung liegen, was denn als “erheblich” Geltung hat. Ich bleibe dabei: die “Leichtigkeit des Verkehrs” ist nicht völlig egal.
–
>”… ausser der Furcht vor Veränderung.”
Der Fakt an sich, also dass sich etwas ändert, ist doch aber gar kein erhebliches Argument.
Na jedenfalls ist es die Einschränkung, nicht die Furcht, die die Leute nervt.
–
> “Es wird wie immer sein: Erst wird der Weltuntergang prophezeit”
Nein, das macht tatsächlich niemand. Außer vielleicht die Leute, die tatsächlich überall den Pessimismus streuen, dass die Stadt nicht mehr den Menschen gehören würde und so.
–
>”“komplette Straßenzüge” – doch, natürlich geht das.”
Hat jemand das Gegenteil behauptet? Es hat nur eben dann nichts mehr mit “Gefahr an neuralgischen Punkten” mehr zu tun, was die meisten Menschen einsehen als Grund für Tempolimits und Blitzer.
Der Verkehr in der Könneritzstraße ist ziemlich verunsichert ob der 30km/h. Neulich radelte ich auf dem Radweg von der Lassallebrücke in Richtung Industriestraße, da kam eine Straßenbahn, die sich nicht getraute mich zu überholen, ich fuhr vielleicht 15, allenfalls 20km/h. Es ist nicht lustig, wenn sich mehrere hundert Meter lang eine Straßenbahn hinter ein Velo klemmt, anstelle einfach mal entschlossen zu passieren und damit auch die 30km/h zu überschreiten. Hätte ich paradoxerweise anhalten sollen?
T30 ist nicht die Lösung sämtlicher Probleme dieser Welt. Jeder einzelne nicht getötete oder verletzte Mensch wäre aber schon ein Gewinn, für den es sich lohnt.
Es gibt kein einziges erhebliches Argument *gegen* T30 in der Stadt, ausser der Furcht vor Veränderung. Es wird wie immer sein: Erst wird der Weltuntergang prophezeit, am Ende sind alle froh darüber, weil es danach viel besser ist.
Als Anwohner der Könneritzstr bin ich eigtl fast selbst überrascht, wie gut es hier funktioniert: T30 wird weitgehend respektiert, es kommt natürlich zu keinen Staus o dgl, statt dessen kann man jetzt halbwegs entspannt über die Straße gehen. D.h. “komplette Straßenzüge” – doch, natürlich geht das.
Die anderen erwähnten Punkte wie zB “Rowdys, Poser, usw” oder “multimediale Ablenkung” haben mit T30 eigentlich nichts zu tun und müssten in der Tat *auch* angegangen werden. Dies sind aber i.A. Bundesthemen und die Stadt hat keine Handhabe (die bisherigen Bundesverkehrsminister haben sich dabei auch nicht gerade überanstrengt, was bei deren Parteizugehörigkeit nicht überrascht).
Dies ist zwar ärgerlich, aber im Vergleich zur Unfallursache #1 (Geschwindigkeit und Abstand) zweitrangig.
Hallo TLpz,
> “…können wir auch Tempo 100 in der Stadt gut begründen”
Da die Kurven und andere Voraussetzungen Tempo 100 nicht hergeben, größtenteils nicht mal 70, ist es doch klar, dass es nicht um Tempo 100 geht in der Debatte.
Tempo 50-60 funktioniert größtenteils gut, und wenn man aufmerksam ist, dann passiert auch wenig. Dort, wo Gefahrstellen sind, ist für mich zweifellos eine Reduzierung nötig, aber das kann eben unmöglich komplette Straßenzüge betreffen, so wie es der politische Zeitgeist aktuell in dieser Stadt möchte.
–
> “Die Radfahrerin am Leuschner-Platz […] wurde trotzdem vom LKW überfahren.”
Ich gebe Ihnen in diesem Fall bei der Infrastruktur völlig Recht. Wenn ich da lang fahre, werde ich in beiden Verkehrsmitteln etwas unruhig. Ich empfinde Ihr Beispiel aber eigentlich als ein Weiteres in meinem Sinne. Der LKW, war der mit 50 unterwegs? Bergauf, so kurz vorm Abbiegen? Ich wette, ein “flächendeckendes Tempo 30” hätten diesen schlimmen Unfall nicht verhindert.
–
> “Bei Tempo 30 habe ich auch im Auto eben etwas mehr Zeit zur Reaktion.”
Im Optimalfall wäre das so, ja. Man wird trotzdem beobachten können, wie die Verkehrsteilenehmer diesen theoretischen Vorteil durch multimediale Ablenkungsmanöver zunichte machen, stellt sich bei langsamer Geschwindigkeit doch das trügerische Gefühl ein, nicht mehr so aufpassen zu müssen. Und all die wirklichen Unregelmäßigkeiten im Verkehr wie Rowdys, Poser, Tuner, Ampelrennen, Schläfrigkeit oder Ohmacht, die häufig für Unfälle verantwortlich sind, ändern Sie mit dem Tempolimit überhaupt nicht. Die Vision wird dadurch nicht erfüllt, ärgert und lähmt aber täglich zehntausende Leute.
“Und dass Unfälle passieren – soweit, so banal – leider normal. Handy aus der Hand, Musik leise oder aus, angemessene Geschwindigkeit fahren, Lichtzeichen beachten, vorausschauend bewegen. Gilt für alle Verkehrsteilnehmer.”
Mit dieser Argumentation, lieber User Sebastian, können wir auch Tempo 100 in der Stadt gut begründen. Leider ist es eben nicht so schwarz-weiß wie Sie und User Urs es uns immer weis machen wollen. Die Radfahrerin am Leuschner-Platz hatte m.W. kein Handy in der Hand, keine Kopfhörer auf, hat sich auf dem Radstreifen befunden, ist bei grün gefahren…und wurde trotzdem vom LKW überfahren. Warum? Sicher weil jemand nicht aufgepasst hat. Sicher aber auch, weil die Infrastruktur z. Bsp. an genau dieser Stelle eben nicht dafür gesorgt hat, dass der schwächere Verkehrsteilnehmer geschützt wird. Gleiches gilt auch für die Übergänge über die Straßenbahngleise am Hbf. und viele andere Stellen. Vision Zero bedeutet ja nicht automatisch Tempo 30, sondern eine Optimierung der Infrastruktur für alle. Bei Tempo 30 habe ich auch im Auto eben etwas mehr Zeit zur Reaktion. Um eigene Fehler auszugleichen oder Fehler anderer Verkehrsteilnehmer. Ist halt ein simpler Beitrag zu mehr Verkehrssicherheit…
Betonköpfe und Kartoffeln. Was mir dazu einfällt:
– seit Jahren propagieren Leute wie der “Gehzeug”-Erfinder Knoflacher, dass eine Temporeduzierung dazu beitrage, das Auto unattraktiver zu machen und die Leute in andere Verkehrsmittel zu bewegen. Nun wird gesagt, dass es damit gar nichts zu tun hätte, man will ja niemanden etwas wegnehmen, sondern es gibt andere einfache und auf der Hand liegende Gründe. Klar! Die Vision zum Beispiel, bloß gut.
– Die Vision wäre woanders schon Realität, sagen einige. Ich glaube nicht, dass sie trägt. Die Google-Suche spuckt Schlagzeilen aus wie: “13-Jähriger bei Verkehrsunfall von Straßenbahn erfasst” vom 16.05.2025, “Gegen 9.30 Uhr ist dort eine ältere Fußgängerin mit Rollator von einer stadteinwärts fahrenden Straßenbahn erfasst worden” vom 03.07.2025, oder “Auf der Karl-Liebknecht-Straße in Leipzig stieß eine Straßenbahn der Linie 11 mit einem Radfahrer zusammen, welcher eine rote Ampel …” vom 10.01.2025.
Das bedeutet nicht, dass Straßenbahnen ein MASSENUNFALLHÄUFUNGSVERKEHRSMITTEL im Dienberg´schen Sinne sind, sondern dass die Vision zero nicht eintreten wird. Die Leute müssen achtsam sein, damit ist der allergrößte Hebel in Punkto Verkehrssicherheit bewegt.
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Die CDU setzt sich offenbar dafür ein, dass nicht “flächendeckend Tempo 30” kommt. Finde ich sehr gut, finden sehr viele andere Leute auch gut.
Und dass Unfälle passieren – soweit, so banal – leider normal. Handy aus der Hand, Musik leise oder aus, angemessene Geschwindigkeit fahren, Lichtzeichen beachten, vorausschauend bewegen. Gilt für alle Verkehrsteilnehmer.
Lieber User Urs,
Sie sehen wirklich keinen Unterschied in Ihren Beispielen? Unglücke passieren, wie z.B. der selbstverschuldete Sturz des Fahrradfahrers. Das ist doch kein Verkehrstoter. Ebenso das Einklemmen in einer Straßenbahntür kein Verkehrsunfall ist.
Flächendeckend in der Stadt Tempo 30 ist schon lange überfällig. Einige Straßen – mir fällt z.B. der Schleußiger Weg ein oder die Torgauer Straße – sollten Tempo 50 beibehalten dürfen.
Wenn einem das zu langsam ist, dann muss man halt seine Strecke anders planen, vielleicht nicht direkt durchs eng bebaute Wohngebiet oder nicht direkt über die Innenstadt.
Visionen können per se nicht in die “Realität umgesetzt” werden, lieber User “EarlGrey”. Als vor rund 20 Jahren Leute, die dabei auch noch ernstgenommen werden wollten, was von “Mischen änd Wischen” zu faseln, war klar, daß Aufplustersprech ausgerollt werden sollte.
Es ist selbstredend sehr gut, wenn in Städten wie Helsinki seit einem Jahr kein Mensch im Straßenverkehr zu Tode kam. Es ist aber das Wesen von alles über einen Kamm scherenden Kampagnen, zu glauben, daß derlei genau an den genannten Restriktionen liegt. In der Industriestraße ist vor zwei Jahren ein vermutlich betrunkener Radfahrer, der trotz Radfahrverbots auf dem Trottoir die bis heute bestehenden Brückenbaustelle an der Karlbrücke passieren wollte, nachts in eine Baugrube gestürzt und dabei elend gestorben. Keine der von Ihnen genannten Aspekte wäre geeignet, ein solches Unglück zu verhindern. Auch nicht das unfaßbare Unglück mit dem in die Straßenbahntür eingeklemmten Kind in der Georg-Schwarz-Straße von vor einiger Zeit. Uswusf.
Helsinki hat seit einem Jahr die Vision in die Realität umgesetzt. Seit August 2024 starb dort kein Mensch mehr im Straßenverkehr. Dazu beigetragen haben der konsequente Ausbau des Umweltverbundes, Verkehrskontrollen und – Achtung! – Tempo 30.
Aber die Kartoffeln wissen es wieder besser.
Für die Ahnungslosen in der CDU: Helsinki mit 660.000(!) Einwohnenden ist die Hauptstadt eines unbedeutenden Viertweltlandes, völlig deindustrialisiert, heruntergekommen und verarmt am Rande der Galaxie.
Vision Zero mit wirklich “zero=0”, immer und überall, ist in der Tat vielleicht unmöglich. Aber es geht darum, sich diesem Ziel zu nähern, und die traurige Statistik von im Schnitt jährlich etwa 12 im Straßenverkehr getöteten Leipziger:innen (plus hunderte Schwerverletzte – auch das nicht lustig) nicht länger als “normal” hinzunehmen. Von den immensen wirtschaftlichen Schäden gar nicht zu sprechen.
Ich bin der Stadt Leipzig und allen anderen, die sich dafür einsetzen, dankbar für jeden einzelnen Schritt, der in diese Richtung geht.
Und, dass insb Tempo 30 auf einfache und kostengünstige Weise dazu beiträgt, lässt sich mit elementarstem Schulwissen erklären (Reaktionszeit und Bremsweg). Als Bonus gibt’s weniger Lärm und ein entspannteres Miteinander.
Eigentlich nun wirklich nicht schwer zu verstehen. Die Leipziger CDU erinnert mich sehr an die DDR “Betonköpfe”, die einfach nicht einsehen wollten, dass es so nicht mehr weitergeht.
Och kommt, Leute. Wer Mitarbeiter in der Stadtverwaltung kennt der weiß, dass RRG erst richtig angefangen hatte die Ämter mit Nachfragen und Anträgen zu beschäftigen. Und wenn ich mich richtig erinnere, wurde genau das auch in dieser Zeitung gefeiert. Und ja, auch RRG hatte den ein oder anderen Antrag abgelehnt bekommen wegen Rechtswidrigkeit / Nichtzuständigkeit des Rates.
–
Und die Freunde der Lastenräder, “schwache” Verkehrsteilnehmer und Käufer beim Unverpacktladen nennen wir in Zukunft wieder Dinkel – Dörte und Mandy Mutlos, oder waren wir da schon mal drüber hinweg?
Es ist wie bei der AfD: Die CDU macht einen Antrag für die eigene Klientel – also Diesel-Dieter. Man weiß, dass es rechtswidrig ist. Man weiß auch, dass es ein sinnloser Antrag im Sinne der beschlossenen Ziele ist. Aber bei den Wahlen möchte man auch etwas vorweisen – und sei es nur, dass man einen sinnlosen Antrag hatte, der Verwaltung und Stadtrat ewig beschäftigt hat.
Das gemeine an https://de.m.wikipedia.org/wiki/Vision_Zero ist, daß man damit eigentlich alles begründen kann. Wie konnte man eigentlich, z.B. hier in Leipzig, leben, als es diese, wie ich lese, weltweite Bewegung noch nicht bis Leipzig geschafft hatte? Ging man hier sehenden Auges über Leichen? “Vision Zero” ist eine Utopie, ein nicht erreichbarer Ort. Es hilft auch im Straßenverkehr nicht, die Gefahrenlage(n) verhältnismäßig zu betrachten. Einem Amt, das mit “Vision Zero” versucht zu argumentieren, soll man mit Mißtrauen begegnen.
Gestern nahm mir ein PKW auf dem Radweg (bei Grün) die Vorfahrt. Ich konnte mühelos bremsen, und als ich mich noch wunderte, sah ich Zivilpolizisten herausspringen, die gerade filmreif eine Festnahme vollzogen. Das ist kein Whataboutism, es zeigt einfach, daß Verabsolutierung sinnlos ist und bleibt.
PS: Leider tut sich die CDU auch damit hervor, jede Menge Stellen in der Stadtverwaltung kürzen zu wollen. Allerdings sind diese scheinbar notwendig, um solche von vornherein unsinnigen Anträge beantworten zu müssen…
Es ist erschreckend zu sehen, wie hinterwäldlerisch die Leipziger CDU ist. Nicht nur, dass sie in Verkehrsthemen arg weit zurück geblieben ist. Wenn jedoch der x-te Antrag durch die Verwaltung abgelehnt wird, weil der Stadtrat dafür nicht zuständig ist, dann sollte man das doch langsam mal merken! Ich freue mich schon auf die Radfahrstreifen auf der Prager Straße stadtauswärts und den Aufschrei der Leipziger CDU mit deren Verweis auf den damals getroffenen (rechtswidrigen) Stadtratsbeschluss…
> “…an „sensiblen Stellen“. Aber das sind in der Regel genau die Stellen, an denen die Straßenverkehrsbehörde Tempo 30 verhängt hat – vor Schulen, Krankenhäusern, Seniorenheimen.”
So wie die Könneritzstraße, oder die Eisenbahnstraße, in so großer Länge eine einzige “sensible Stelle”?
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> “Obwohl es auf den ersten Blick widersprüchlich erscheint, kann eine angepasste Geschwindigkeit auch …”
So schön, wie aus “verringert” nun die Formulierung “angepasst” wird. Das kitzelt gleich viel weniger, wenn man es hört.
Und was ist eigentlich, wenn aus der “kann auch” Apologetik nichts wird? Na ist auch egal, denn zum Glück gibts ja all die anderen Gründe noch, die man sich aus dem Ärmel gezogen hat, zum Beispiel gewisse Visionen, die nie Realität werden können. Bloß gut.
In der CDU-Fraktion sitzt seit einem Jahr auch der “verkehrspolitische Sprecher” der Sachsen-CDU. Ich frage mich, ob sie ihn regeläßig an seinen Stuhl fesseln, knebeln und mit dem Gesicht zur Wand drehen, wenn sie sich so eine Rotze wie die hier ausdenken (Ring, Superblock, Prager Straße, etc).
Oder kann es sein, dass ein “verkehrspolitscher Sprecher” in der CDU gar keine fachliche Ahnung haben muss, es reicht wenn er Jahrzehnte in der Propaganda gearbeitetet, das richtige Parteibuch und Buddies überall hat. Mit den richtigen Buzzwords (finden sich leicht mit der beruflichen Erfahrung) “überzeugt” man dann schon das Stimmvieh.
„Obwohl es auf den ersten Blick widersprüchlich erscheint, kann eine angepasste Geschwindigkeit auch den Verkehrsfluss insgesamt verbessern, Staus verringern und den Verkehrsraum effizienter nutzen. Dies bietet auch Vorteile für den ÖPNV.
Durch eine bessere Verkehrsführung können Verzögerungen reduziert werden, was die Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit der Bus- und Straßenbahnlinien verbessert. Die Modellierung zeigt, dass durch gezielte Maßnahmen, wie z.B. Anpassungen im Fahrplan oder die Optimierung der Linienführung, eventuelle Verzögerungen ausgeglichen werden können. So bleibt die Attraktivität des ÖPNV erhalten oder kann sogar gesteigert werden.“
Warum hat das keinen Einfluss auf die Linie 70, deren Pünktlichkeit von Jahr zu Jahr abnimmt. Oder wie ein Busfahrer letztens so schön bemerkte: “Warten wird seine Kernkompetenz”
Ja, Recht und Ordnung durchsetzen wollen, aber selbst keine Ahnung. AfD und CDU – ein klasse Team.
Das ist im Bund ja auch nicht anders: Zum Großteil studierte Juristen, unsere Bundestagsabgeordneten, und trotzdem werden so viele mangelhafte Gesetze beschlossen.
Die Ahnungslosen, die immer mal wieder “Recht und Ordnung durchsetzen” wollen. Komischerweise scheitern sie regelmäßig daran – am Markenkern. Ich finde dafür keine Worte mehr, die ich hier gerade noch schreiben dürfte.
Kristian und Matthias aus der selben Alteilung durften ja jüngst auch wieder ihren Automüll auk*tzen, der allerdings in diesem Blatt richtig eingeordnet wurde.