Leipzig fliegen die Sozialkosten um die Ohren. Aber Bund und Land zeigen nicht einmal die Absicht, die Kommunen im Land von den explodierenden Sozialkosten zu entlasten, die nicht nur Leipzig immer tiefer in die Schulden stürzen. Leipzigs Verwaltungsspitze legt immer neue Kürzungspläne auf, um die aus dem Ruder laufenden Kosten einzufangen. Und das geht jetzt – mit der Schließung zweier Bürgerbüros – auch direkt an das immer wieder diskutierte Versprechen einer bürgernahen Verwaltung.

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Leipziger Stadtrat kritisiert die geplante Schließung der Bürgerämter Südwest-Zentrum und Böhlitz-Ehrenberg durch die Stadtverwaltung zu diesen Konsolidierungszwecken.

Mit diesem Schritt werde nicht nur ein zentrales Versprechen des Oberbürgermeisters gebrochen, der im Rahmen der Haushaltskonsolidierung Kürzungen bei bürgernahen Dienstleistungen ausgeschlossen hatte, sondern auch ein jahrzehntelang bewährtes Modell der dezentralen Verwaltung abgebaut. Bereits im Januar hat die Fraktion drohende Stellenkürzungen kritisiert und den Oberbürgermeister zu einem Umdenken aufgefordert.

Eine grüne Initiative von 1996

Marvin Frommhold, Stadtrat und verwaltungspolitischer Sprecher der Fraktion, erklärt zu diese fatalen Entwicklung: „Die Einrichtung der Stadtteil-Bürgerämter geht auf eine Initiative unserer Fraktion zurück, die bereits 1996 erfolgreich die Schaffung eines flächendeckenden, niedrigschwelligen Serviceangebots angestoßen hat.

Dass dieses bundesweit nachgeahmte und seit 30 Jahren fest in Leipzig etablierte und zur Grundversorgung der Bürger*innen zählende Modell nun ausgerechnet unter dem Deckmantel der Effizienzsteigerung ausgehöhlt wird, ist ein Rückschritt für die Bürgerfreundlichkeit in Leipzig. Die Argumentation der Stadt, wonach die nächsten Alternativstandorte nur wenige Kilometer entfernt lägen, blendet die realen Mobilitätshürden vieler Menschen aus – besonders in Stadtteilen wie den Ortschaften, wo der öffentliche Nahverkehr nur eine zeitaufwendige Anbindung bietet.“

Hinzu komme, dass die Schließungen in einer Phase erfolgen, in der durch die anstehende Sperrung der Georg-Schwarz-Brücken ohnehin bereits erhebliche Verkehrsbeeinträchtigungen zu erwarten sind.

„Dass hier ohne Beteiligung des Stadtrats über die Infrastruktur der bürgernahen Versorgung entschieden wird, ist mehr als fragwürdig und widerspricht explizit dem gemeinsamen Beschluss im Stadtrat. Außerdem ist uns bislang nicht bekannt, welche konkreten Kostenersparnisse damit erwartet werden“, sagt Frommhold.

Die Grünen-Fraktion fordert die Stadtverwaltung deshalb auf, die geplanten Schließungen auszusetzen und die Entscheidung dem Stadtrat zur Beratung vorzulegen. Zudem müsse geprüft werden, inwiefern der mobile Bürgerservice eine gleichwertige Alternative darstelle, bevor Standorte geschlossen werden. „Digitale Angebote sind wichtig, aber sie ersetzen keine persönliche Beratung vor Ort – besonders nicht für ältere Menschen“, betont Frommhold.

Empfohlen auf LZ

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Ralf Julke über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar