Wenn es drauf ankommt, dann geht es auf einmal um Investoren, Infrastrukturen, Tourismus und um Wachstumsraten, mit denen politische Entscheider besoffen geredet werden. Nun schon ziemlich lange, das Wassertouristische Nutzungskonzept (WTNK) ist zehn Jahre alt. Und es hebelt umweltrechtliche Belange aus. Deswegen haben Leipzigs Umweltverbände jetzt gemeinsam Beschwerde eingelegt.

Hauptinhalt ist die bis heute fehlende Umweltverträglichkeitsprüfung für das 2004 in Auftrag gegebene WTNK, das für mehrere Bauprojekte der Folgezeit die Grundlage bildete. Immer wieder mahnten die Umweltverbände eine solche Prüfung an, denn immer wieder wurden die Baumaßnahmen begonnen, ohne dass es für die Projekte selbst eine Umweltverträglichkeitsprüfung gab.

Aktuellstes Beispiel ist der sogenannte Harthkanal zwischen Zwenkauer und Cospudener See, der mit Berufung auf das WTNK in seiner Umsetzung begonnen wurde. Aber selbst die sogenannte „Wasserschlange“, die geplante Wasserverbindung zwischen Markkleeberger See und Pleiße, braucht – als Einzelprojekt betrachtet – zwingend eine Umweltverträglichkeitsprüfung.

Doch dass auch hier das WTNK als Begründung vorgeschoben werden könnte, das befürchten jetzt die Umweltverbände BUND, NuKLA, NABU und der Ökolöwe und haben bei der Landesdirektion Sachsen Beschwerde gegen das Wassertouristische Nutzungskonzept in der Region Leipzig – kurz WTNK – eingelegt.

Nach Ansicht der Naturschützer hat das WTNK nämlich erhebliche ökologische Auswirkungen. Dass es dennoch ohne Umweltverträglichkeitsprüfung und ohne die notwendige Beteiligung der Öffentlichkeit realisiert wird, halten die Verbände für rechtswidrig. Gerade weil hier Einzelbausteine mit wirtschaftlicher und touristischer Relevanz in eigentlich nach europäischem Recht geschützten Landschaften gebaut wurden und werden sollen.

„Der Leipziger Auwald als grünes Juwel in der wachsenden Großstadt ist für viele Leipzigerinnen und Leipziger ein Ort der Ruhe und Erholung. Gerade deswegen erfordert das WTNK eine angemessene Öffentlichkeitsbeteiligung. Daran fehlt es bislang“, erklärt dazu Professor Felix Ekardt, Nachhaltigkeitsforscher und Vorsitzender des BUND Sachsen.

Nur: Wer nimmt die mahnenden Hinweise auf die sensible Auenlandschaft und auch die Europäische Wasserrahmenrichtlinie eigentlich ernst, wenn die Verwaltungen, die sich im Grünen Ring Leipzig zusammengeschlossen haben, immer wieder nur auf die Rahmensetzung des WTNK verweisen und damit die Mitwirkung der Umweltverbände jedes Mal aushebeln?

„Damit diese Vorhaben unsere Auenlandschaft nicht zerstören und die grüne Vielfalt erhalten bleibt, haben wir die Landesdirektion Sachsen darum gebeten, die Rechtmäßigkeit des WTNK zu prüfen. So kommen wir unserer Aufgabe nach, für die Einhaltung der Naturschutzgesetze einzutreten, um die Natur als unsere Lebensgrundlage zu sichern“, sagt Anja Werner, umweltpolitische Sprecherin des Ökolöwe – Umweltbund Leipzig e.V.

Und René Sievert, Vorsitzender des NABU-Regionalverbands Leipzig, fügt hinzu: „Für das Leipziger Auenökosystem ist nur eine naturverträgliche Nutzung möglich, um es in seiner einzigartigen Bedeutung für Mensch und Natur zu erhalten. Das WTNK ist ohne Umweltverträglichkeitsprüfung entstanden, der fachliche und gesellschaftliche Diskurs fand nicht ausreichend statt. Angesichts der vorwiegend wirtschaftlichen Ziele bringt das WTNK die ohnehin bedrohte Artenvielfalt im Leipziger Auwald noch weiter in Bedrängnis.“

Ganz zu schweigen davon, dass damit wirtschaftliche Interessen im Naturschutzgebiet durchgesetzt werden, wo sie eigentlich untersagt sind.

„Wir hoffen, die Landesdirektion bringt mit ihrer rechtlich objektiven Perspektive Klarheit in die weitere Entwicklung in Leipzig“, fügt Wolfgang Stoiber, Vorsitzender des NuKLA e.V., noch hinzu.

Der komplette Antrag der Umweltverbände.

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Es gibt 2 Kommentare

Vielleicht beginnt man mal mit der Frage, wer die sogenannte “Steuerungsgruppe Leipziger Neuseenland” ist?
Welche rechtliche Grundlagen es für die Existenz dieser “Steuerungsgruppe” gibt.
In der die politischen “Akteure” bis hin zur Landesdirektion, durch die Mitgliedschaft des sogenannten Grünen Rings Leipzig, das Kommunale Forum Zweckverband Südraum Leipzig sogar mehrfach, vertreten sind?

Ich habe gefragt und darauf keine Antwort bekommen. Ich bin aber auch “nur” ein Bürger. Dem muß man diese Frage offensichtlich nicht beantworten.
Dumm nur, daß ich deshalb auch nicht fragen kann, wer denn welche Beschlüsse, mit welchen Gründen, und welcher Begründung gefasst und wer wo wie abgestimmt hat. Oder diese Beschlüsse gar einsehen kann.
M.a.W., jegliche demokratische Spielregeln offensichtlich außer Kraft gesetzt sind, denn Verwaltung braucht in diesem Land immer eine rechtliche Grundlage, um tätig zu werden. Die im Falle der sogenannten Steuerungsgruppe in der sächsischen Kommunalverfassung zu suchen sind.

“Die” Verwaltung verzichtet beim WTNK und der sogenannten Charta 2030 darauf. Und diejenigen, die nachfragen, werden attackiert.

Und ich frage mich natürlich: Welche Antwort findet die Landesdirektion auf die oben gestellten Fragen? Hat sie doch alles Maßnahmen in dieser Steuerungsgruppe mitbeschlossen?! Ist also involviert. Welche Entscheidung trifft also die LDS zu der Beschwerde?
Macht sie am Ende das, was der Petitionsausschuss des Sächsischen Landtages (in dem die Linke den Vorsitz hat) mit der Petition von NuKLA e.V. zur Motorbootnutzung der hiesigen Gewässer (unterstützt von über 11.000 Bürgern) getan hat – nicht behandelt und abgelegt?!
I.Ü. Eine Konstellation, die schon 2012 dazu geführt, daß in der LDS die Frage gestellt wurde, ob ein Verbleib in dem Gremium Steuerungsgruppe Leipziger Neuseenland … möglich sei, ob die LDS in der Steuerungsgruppe verbleiben solle.

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