Am 13. Februar veröffentlichte die LVZ einen Beitrag, der das Schlimmste für die heute noch lebenswerte Stadt Leipzig befürchten lässt: „Diese Projekte schlägt die Kohlekommission für Leipzig vor“. Im Bericht der Kohlekommission sollen auch für die Leipziger Region lauter Großprojekte auftauchen, die seit Jahren in Leipzig für heftige Diskussionen sorgen. Und der Groß-Frachtflughafen Leipzig/Halle steht auch drin, stellt die Bürgerinitiative „Gegen die neue Flugroute“ entsetzt fest.

„In inoffiziellen Kreisen wurde es schon eine Weile kolportiert, nun konnte man es auf LVZ-online bestätigt finden. Auf Initiative der Sächsischen Landesregierung wird als Ausgleichsmaßnahme für den Kohleausstieg in ostdeutschen Regionen der Frachtflughafen Leipzig-Halle noch mehr ausgebaut“, stellt Matthias Zimmermann fest, Sprecher der Bürgerinitiative, die seit Jahren gegen den zunehmenden Fluglärm im Leipziger Nordwesten kämpft.

„Bereits im Koalitionsvertrag der aktuellen Bundesregierung war eine Aufwertung des Flughafens Halle/Leipzig vorgesehen. Nun könnte der Ausbau noch größer werden. Die Kohlekommission schlägt Vorfelderweiterungen vor, außerdem neue Rollwege und den Aufbau eines Adhoc-Cargo-Charters einschließlich ‚nachgelagerter Wertschöpfungsketten‘. Profitieren könnte davon vor allem DHL“, schrieb die LVZ am 13. Februar.

Auch wenn noch unklar ist, wie die Vorschläge überhaupt in das Papier der Kohlekommission gerieten. Die sächsische Staatsregierung habe sie eingebracht, schreibt die LVZ. Und ein Ideenwettbewerb in der Region Leipzig sei dafür die Grundlage, was sich zumindest seltsam liest. Denn offiziell gab es keinen solchen Ideenwettbewerb. Und praktisch alle Vorschläge stammen aus dem politischen Forderungskatalog der CDU, die gern mit teuren Großprojekten versucht Dinge zu lösen, die mit einer klugen Alltagspolitik viel nachhaltiger gelöst werden könnten.

Bislang gibt es weder für den immer wieder geforderten zweiten City-Tunnel in Leipzig einen berechenbaren Bedarf, noch einen für die immer wieder neuen Forderungen nach einem Lückenschluss im Mittleren Ring, der ja deshalb nicht geschlossen werden kann, weil die fehlenden Teilstücke entweder durch dicht bebautes Wohngebiet führen (wie im Leipziger Osten) oder durch streng geschütztes Auengebiet (wie im Leipziger Süden).

Aber davor, dass der nächtliche Frachtfluglärm am Flughafen Leipzig/Halle noch weiter zunimmt, fürchten sich die dort wohnenden Menschen natürlich zu Recht. Schon heute ist der Flughafen der lauteste Frachtflughafen so dicht an einer Großstadt. Und mit der (widerrechtlich beflogenen) Kurzen Südabkurvung wird auch noch das sensibelste Naturschutzgebiet der Stadt in Mitleidenschaft gezogen.

Man wird das Gefühl nicht los, dass das Ende der einen Umweltzerstörung – des Kohlebergbaus im Leipziger Süden – gleich durch mehrere umweltzerstörende neue Projekte kompensiert werden soll. Denn die meisten der aufgeführten Projekte greifen nicht nur tief in Umweltschutzgüter ein, sie sorgen auch für weiteren Verkehr – und zwar zumeist sehr umweltbelastenden Verkehr. Das hat mit einer umweltschützenden Zukunftsvision in der Region Leipzig nicht viel zu tun.

„Der sich gerne als Landesvater des Bürgerdialoges darstellende Michael Kretschmer hat es im Wahljahr 2019 geschafft, ohne auch nur ein Wort mit den Betroffenen zu sprechen, die Residenzstadt Dresden sowie seine Heimat und seinen Wahlkreis (Görlitz, 250 km vom LEJ entfernt) sauber zu halten und in der wahrlich nicht mit Bergluft gesegneten Region Leipzig/Halle den CO2- und Feinstaub-Turbo anzuschmeißen“, bringt es Matthias Zimmermann aus Sicht der Bürgerinitiative auf den Punkt.

„Da wundert es nicht, dass die vor einem Jahr begonnenen Gespräche mit den Bürgerinitiativen gegen Fluglärm am LEJ von der Landesregierung kommentarlos abgebrochen und der in Aussicht gestellte Fluglärmschutzbeauftragte für Sachsen gar nicht erst installiert wurde. Wenn es um das eigene politische Überleben geht, scheint Herrn Kretschmer jedes Mittel recht. Wie bekannt, hatte er bei der Bundestagswahl 2017 seinen Wahlkreis an die AfD verloren. Ähnliches darf sich freilich nicht wiederholen.“

Der eigentliche Findungsprozess für eine Vision der Region Mitteldeutschland hat ja gerade erst begonnen. Den Startschuss gab die Innovationsregion Mitteldeutschland erst am 7. Februar. Und der Rahmen, der sich schon jetzt abzeichnet, wird eher auf eine Wissenschafts- und Innovationsregion zielen. Und die Innovationen der Zukunft sind mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht mehr die gigantischen Großprojekte aus der Vergangenheit. Und ob Leipzig überhaupt noch attraktiv bleibt, wenn der Frachtfluglärm im Norden noch weiter anschwillt, darf zumindest infrage gestellt werden.

Jana Pinka kritisiert Kleinkariertheit des Mitmach-Fonds für die sächsischen Bergbauregionen

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