Zu später Stunde konnte man in der Ratsversammlung am 28. Februar auch noch miterleben, wie verzwickt es ist, wenn Leipzig über Grundstücke außerhalb des Stadtgebietes verfügt, die eigentlich bestens geeignet wären, um richtig große Ausgleichsmaßnahmen für Bauvorhaben im inneren Stadtgebiet durchzuführen. So ein Stück Land besitzt Leipzig mit dem Gelände der ehemaligen LPG Dölzig am Elster-Saale-Kanal. Aber das Gelände liegt auf der Flur der Stadt Schkeuditz.

Und die möchte hier den Ortsteil Dölzig aufwerten und Wohnbebauung errichten. Schön für Dölzig, denn wer hier künftig wohnt, hat den Elster-Saale-Kanal direkt vor der Nase, den die Stadt Schkeuditz an der Stelle auch gern touristisch erschließen will.

Aber das trifft gleich auf mehrere Leipziger Bauchschmerzen, die in der Ratsversammlung am 28. Februar vor allem SPD-Stadtrat Andreas Geisler äußerte, der ja bekanntlich den Leipziger Norden vertritt. Und dort mangelt es durch die massive Ansiedlung von Unternehmen schon lange an Ausgleichsflächen und damit an dem so wichtigen schattenspendenden Grün. Riesige Flächen sind versiegelt. Und irgendwie gibt es die Bundesgesetzgebung einfach nicht her, direkt an Ort und Stelle den dringend notwendigen Ausgleich zu schaffen.

Aber die Entscheidungen, was Schkeuditz auf eigenem Stadtgebiet bauen will, trifft eben nicht der Leipziger Stadtrat. Und Flächen, die Leipzig mit Schkeuditz an dieser Stelle tauschen könnte, gibt es keine mehr.

Ein schönes Plätzchen für Wohnungsbau

Was Schkeuditz auf dem alten LPG-Gelände am Kanal vorhat, schildert die Vorlage aus dem Liegenschaftsamt so: „Das Flurstück 168/1 der Gemarkung Dölzig befindet sich in der Planungshoheit der Stadt Schkeuditz. Aus Sicht der Stadt Schkeuditz besitzt diese Fläche ein hohes Entwicklungspotenzial für Wohnungsbau, ggf. gewerbliche Nutzungen sowie Angebote für Sport und Kultur.“

Zum Zustand des Geländes liest man da: „Auf dem Flurstück befinden sich Gebäude, die sich nicht im Eigentum der Stadt Leipzig befinden. Die ehemalige LPG Dölzig hat die Gebäude errichtet, die im Sinne des § 64 LwAnpG selbstständiges Gebäudeeigentum sind. Dabei handelt es sich zum Teil um mittlerweile verfallene Stallgebäude, welche nicht mehr nutzbar sind und um 2 Gebäudekomplexe, welche aktuell von der Dölziger Verwaltungs- und Dienstleistungs GmbH genutzt werden. Die Dölziger Verwaltungs- und Dienstleistungs GmbH ist die Rechtsnachfolgerin der LPG Dölzig und demnach Eigentümer dieser Gebäude (die Stadt Leipzig hat der Dölziger Verwaltungs- und Dienstleistungs GmbH im Vorfeld den Erwerb der Flächen angeboten, was jedoch abgelehnt wurde).

Des Weiteren ist eine Teilfläche des Grundstückes von ca. 10.000 m², die sich im nördlichen Bereich des Kaufgrundstückes befindet, an die Gundorfer Agrargemeinschaft e.G. zur landwirtschaftlichen Nutzung von der Stadt Leipzig bis zum 30.09.2022 verpachtet. Darüber hinaus hat sich eigenständig eine Waldfläche mit einer Größe von ca. 5.360 m² inmitten des Flurstücks gebildet.“

Da sind Wünsche, so ein Gelände als Ausgleichsfläche für Leipziger Baumaßnahmen zu behalten, nur zu verständlich. Was dann ein umfangreicher Änderungsantrag der SPD-Fraktion auch deutlich machte. Denn Schkeuditz wird ja nicht das ganze Gelände mit Wohnbebauung zubauen. Da wäre also durchaus zu klären, ob Leipzig hier nicht trotzdem Fläche für Ausgleich bekommen könnte. Und ob man bei der touristischen Erschließung nicht zusammenarbeiten könne. Ein dicker Prüfauftrag, zu dem die Stadt Leipzig dann einen im Grunde positiven Verwaltungsstandpunkt schrieb.

Bauchschmerzen bleiben

Mit allen Bauschmerzen. Ziemlich oft wurde an diesem Abend von verschiedenen Rednern die so wichtige und gute Zusammenarbeit mit der Nachbarstadt Schkeuditz betont. Da sei es eigentlich nur fair, den Bebauungsplänen der Nachbargemeinde keine Steine in den Weg zu legen.

Trotzdem fand der Verwaltungsstandpunkt zum SPD-Antrag mit 38:12 Stimmen eine deutliche Mehrheit. Womit er im Grunde zum Handlungsauftrag für die Verwaltung wird, eben nicht nur den Verkauf der Fläche für 630.000 Euro zu besiegeln, sondern mit der Stadt Schkeuditz über einige Leipziger Wünsche auch weiterhin im Gespräch zu bleiben.

Wozu das Liegenschaftsamt dann schrieb: „Die Planungshoheit und damit die selbstständige Entwicklung dieser Fläche liegt allein bei der Stadt Schkeuditz. Über die Fortschreibung des wassertouristischen Nutzungskonzeptes werden bereits seit Jahren (wasser-)touristische Nutzungsoptionen im Verbund des Grünen Rings überregional weiterentwickelt. Beteiligte Ämter und Behörden der Stadt Leipzig und der Stadt Schkeuditz arbeiten eng zusammen, um die verträgliche wassertouristische Nutzung des Gewässersystems des Elster-Saale-Kanals auch in der Gemarkung Dölzig auszubauen. Im Rahmen des Verkaufes wird auch versucht, auf Naturschutzprojekte zwischen der Stadt Leipzig und Schkeuditz einzugehen. Dies wird aber aktuell noch durch den erwähnten B-Plan ‘Wohnen am Kanal’ eingeschränkt.“

Womit das Liegenschaftsamt zumindest zusicherte, mit Schkeuditz auf diesem Gelände weiter im Gespräch zu bleiben, ob hier Flächen für Naturausgleich festgemacht und gemeinsame touristische Erschließungen initiiert werden können.

Aber ganz wichtig war im SPD-Antrag der Punkt, dass die Fläche in Dölzig künftig nicht einfach so in die Hände eines privaten Investors kommt. Das hätte dann mit dem partnerschaftlichen Umgang zweier Nachbarkommunen nichts mehr zu tun. Hierzu sagte das Liegenschaftsamt zu: „Der Oberbürgermeister wird beauftragt, mit der Stadt Schkeuditz zu vereinbaren, dass eine Weiterveräußerung des Flurstücks 168/1 der Gemarkung Dölzig oder von Teilen des Flurstücks an einen privaten Investor, nur mit Genehmigung der Stadt Leipzig erfolgen darf und die Stadt Leipzig zudem 40 % des Verkaufserlöses abzüglich des in dieser Vorlage vereinbarten Kaufpreises erhält.“

Gerade die große Zustimmung zu diesem Verwaltungsstandpunkt machte deutlich, wie viele Bauchschmerzen die Ratsversammlung mit diesem speziellen Verkauf hatte.

Die eigentliche Vorlage der Stadt, die den Verkauf selbst enthielt, bekam dann nur eine relativ knappe Mehrheit von 31:26 Stimmen. Was dieses Gefühl, dass es eine nicht ganz einfache Entscheidung war, noch einmal verstärkte.

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