Warnzeichen gab es genug, dass das ganze Projekt eines barrierefreien Campingplatzes am Störmthaler See, den der Städtische Eigenbetrieb Behindertenhilfe (SEB) der Stadt Leipzig bauen will, am seidenen Faden hing. Von Anfang an. Denn ohne opulente Fördermittel geht hier gar nichts. Und diese Fördermittel fehlen jetzt schon beim ersten Schritt – der notwendigen Erschließung des Geländes durch die Gemeinde Großpösna. Am 26. November thematisierte das CDU-Stadträtin Sabine Heymann in der Ratsversammlung.

Das Problem gäbe es so nicht, würden sich die beteiligten Akteure nur dazu entschließen, das Campingplatz-Projekt auf die Magdeborner Halbinsel zu verlegen, wie es der UferLeben e.V. vorgeschlagen hat. Dort liege die technischen Anschlüsse schon vor.

Aber die beteiligten Akteure tun sich schwer, auch nur gedanklich an eine Veränderung ihrer Pläne zu denken. In Größpösna genauso wie in Leipzig oder im Landratsamt des Landkreises Leipzig. 500.000 Euro fehlen zur technischen Erschließung de geplanten Campinggeländes, Geld, das weder Großpösna noch der Landkreis haben. Geld, das ursprünglich aus den §4-Mitteln für die Erschließung der einstigen Tagebaulandschaft kommen sollte, aber in letzter Zeit nur noch tröpfelt. Die finanzielle Klammheit hat längst alle Ebenen von den Kommunen bis zum Freistaat erfasst.

Wenn das Gelände aber technisch nicht erschlossen wird, kann der Städtische Eigenbetrieb Behindertenhilfe dort nicht bauen Selbst das Campingplatz-Projekt hat sich in den letzten Jahren deutlich verteuert – von ursprünglich 22 Millionen Euro auf 31 Millionen Euro. Der Großteil der Gelder soll aus dem Stadt-Umland-Projekt zum Strukturwandel in den Braunkohleregionen kommen, 5 Prozent muss der SEB aus eigenen Mitteln aufbringen.

Ein Kassenkredit für den SEB

Wenn der SEB aber 2026 nicht bauen kann, wird sich das in seiner Bilanz niederschlagen. Weshalb sich am 26. November CDU-Stadträtin Sabine Heymann zu Wort meldete und auf diese Gefahr hinwies. Obwohl es beim Tagesordnungspunkt erst einmal nur um den „Wirtschaftsplan 2026 für den Städtischen Eigenbetrieb Behindertenhilfe“ ging.

Martina Münch.
Martina Münch (SPD), Beigeordnete für Soziales, Gesundheit und Vielfalt, im Leipziger Stadtrat am 26.11.2025. Foto: Jan Kaefer

Doch die absehbar lange Bearbeitungszeit beim Freistaat sorgte dafür, dass die Stadt Leipzig für den SEB einen Kassenkredit von 9 Millionen Euro aufnehmen muss. In der Vorlage heißt es dazu: „Im Wirtschaftsplan 2026 sind umfangreiche Investitionen geplant, welche zum Teil mit Fördermitteln finanziert sind.

Ein Gleichlauf von Zahlungsverpflichtungen gegenüber den Auftragnehmern des SEB und Ausreichung von Fördermitteln ist aufgrund von Bearbeitungszeitläufen beim Fördermittelgeber nicht machbar. Deshalb ist die Erhöhung des Kassenkredits von derzeit 6 Mio. € auf 9 Mio. € notwendig, um jederzeit allen Zahlungsverpflichtungen nachkommen zu können und die Liquidität zu sichern.“

Was freilich die Frage nach sich zieht: Was passiert, wenn Großpösna kein Geld zur Erschließung des Geländes auftreiben kann? Sozialbürgermeisterin Dr. Martina Münch betonte zwar, man sei in intensiven Gesprächen mit Großpösna, Landratsamt und dem Wirtschaftsministerium.

Die Frage bleibt trotzdem, gerade weil sie sichtbar macht, wie sehr all die großen Träume im Neuseenland auf der Zusage von Fördermitteln beruhen, die nun auf einmal in Zeiten klammer Kassen nicht mehr fließen. Ohne dass eine Bereitschaft sichtbar wird, die geplanten Prestigeprojekte umzuplanen.

Der Wirtschaftsplan für den SEB wurde von der Ratsversammlung trotzdem einstimmig angenommen.

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