Ein bisschen veräppelt dürften sich viele Sachsen schon fühlen am Mittwoch, 29. April, dem 18. Tag gegen Lärm. - Da schaltet sogar das Sächsische Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie (LfULG) in der Zeit von 14:00 bis 18:00 Uhr wieder ein sachsenweites Bürgertelefon ein. Dabei kommt Lärmbekämpfung in der sächsischen Landespolitik nur unter "ferner liefen".

Das kritisieren vor allem die Grünen. Und sie benennen gleich mehrere Politikfelder, auf denen es klemmt.

„Lärm macht krank. Auch in Sachsen. Viele Menschen, die an Straßen oder Schienenstrecken und am Flughafen Leipzig-Halle wohnen, werden um Schlaf und Gesundheit gebracht. Leider scheint sich auch unter der CDU/SPD-Staatsregierung daran nichts zu ändern. Das Aussitzen der Probleme ist keine geeignete Maßnahme gegen Lärm“, erklärt dazu Wolfram Günther, umweltpolitischer Sprecher der Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen.

Und natürlich haben die Leipziger eine der größten Lärmquellen direkt vor der Haustür. Günther: „Wir Grüne setzen uns mit einem aktuellen Antrag für die Bekämpfung des Fluglärms ein. Nur eine absolute Nachtruhe zwischen 22 und 6 Uhr kann hier schnelle Abhilfe schaffen. Sachsen muss als Flughafengesellschafter und Gesetzgeber Einfluss nehmen, damit am Flughafen Leipzig/Halle endlich lärmabhängige Start- und Landegebühren eingeführt werden. Der Flughafen Leipzig/Halle hat bisher die niedrigsten Start- und Landegebühren Deutschlands, speziell für Nachtflüge. So ist Leipzig im bundesweiten Flughafendumping-Wettbewerb auf Kosten des Gesundheits- und Umweltschutzes der ‚billige Jakob‘. Das ist SPD und CDU offenbar egal.“

Aber nicht nur der gehätschelte Flughafen in Schkeuditz steht für das sächsische Lärm-Dilemma. Auch an anderen Verkehrsinfrastrukturen mangelt es aus Sicht der Grünen am Engagement der Staatsregierung.

„Finanziell lässt der Freistaat die Kommunen beim Lärmschutz im Regen stehen: Nur 150.000 Euro stehen im sächsischen Haushalt in den Jahren 2015 und 2016 jeweils für Schallschutzmaßnahmen an Staatsstraßen zur Verfügung. Das ist lächerlich. Wir fordern, jährlich 2 Millionen Euro für Lärmschutz an Staatsstraßen bereitzustellen. Wer viele Straßen baut, muss auch Geld in die Lärmsanierung stecken. Dieser Antrag wurde im Wirtschaftsausschuss durch die Abgeordneten von CDU und SPD abgelehnt“, kritisiert Günther.

Und: „Beim Thema Bahnlärm schiebt die Staatsregierung sämtliche Verantwortung ab auf die Bundesebene. Dabei braucht es eine Lärmschutzstrategie für das Elbtal. Für nötige Lärmschutzmaßnahmen müssen auch Landesmittel bereitgestellt werden. Kein einziger Euro steht 2015 und 2016 dank CDU und FDP im Haushalt für Schallschutzmaßnahmen an Bahnstrecken zur Verfügung. Die Grüne-Fraktion hat in den aktuellen Haushaltsberatungen jährlich insgesamt 2 Millionen Euro für Lärmschutzmaßnahmen an Bahnschienen gefordert. Finanzieren wollten wir die Lärmmaßnahmen durch Einsparungen beim Straßenneubau.“

Schwerpunkt des bundesweiten Aktionstages ist diesmal die Geräuscheinwirkung auf Kinder und Jugendliche. Lärm aus der Umgebung, aber vor allem auch ein häufiger individueller Geräuschkonsum z. B. durch laute Musik, Computerspiele oder laute Spielsachen sind gerade im Kindes- und Jugendalter eine erhebliche Belastung für das Gehör. Das führt zu Konzentrationsstörungen, mindert die Lernleistung und kann schon frühzeitig unheilbare Hörschäden verursachen. Ob das dann tatsächlich Schwerpunktthema auch bei den Anrufern auf der Hotline des Umweltministeriums sein wird?

Die anderen Lärmthemen sind ja nicht abgegessen. Oder wie es das Umweltministerium selbst formuliert: Mit dem „Tag gegen Lärm – International Noise Awareness Day“ soll insbesondere die Aufmerksamkeit auf die Ursachen von Lärm und seine negativen Wirkungen gelenkt werden: mit dem Ziel, die Lebensqualität nachhaltig zu verbessern und die Gesundheit zu schützen.

Über die Sonder-Hotline des Umweltministeriums (0351) 2612-5252 können sich Rat und Hilfe suchende Bürgerinnen und Bürger am 29. April von Experten rund um das Thema Lärm beraten lassen.

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