Am 6. Oktober gingen DJV, MDR und Sächsischer Zeitungsverlegerverband mit einer gemeinsamen Erklärung an die Öffentlichkeit. Zu oft standen mittlerweile auch Fernsehteams großer Sender und Reporter von Nachrichtendiensten und großen Zeitungen im Fokus von gewalttätigen Angriffen am Rande von Pegida, Legida & Co. Die Forderung an den sehr wenig auskunftsfreudigen sächsischen Innenminister war: Die Angriffe sollten endlich unterbunden werden.

Für Beobachter der zunehmend radikaleren Demonstrationen war die Verbindung offenkundig: Die “Lügenpresse”-Rufe aus den Versammlungen heraus hatten dasselbe Ziel: jede Berichterstattung zu diffamieren, die den Weltsichten der marschierenden Fremden-, Islam- und Demokratiefeinde widerspricht.

“Die Aufputschung von teilweise tausenden Anhängern der Bewegungen mit den Rufen ‘Lügenpresse’ ist nicht nur für alle Medienvertreter unerträglich. Sie beschädigt die Demokratie, schafft eine Stimmung der Verunsicherung in der Bevölkerung und provoziert Handlungen bis hin zum Einsatz von Gewalt”, hieß es in der Erklärung.

Und während der innenpolitische Sprecher der Grünen, Valentin Lippmann, nun so eine Art Null-Antwort der Staatsregierung bekommen hat, als er nach den Übergriffen gegen Journalisten bei -GIDA-Demos fragte, fand die Linksfraktion, das wäre eigentlich jetzt endlich Thema für einen Antrag.

“Die Serie von Übergriffen auf Journalistinnen und Journalisten aus Pegida-Demos heraus sowie die Bedrohungen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Medien, die von Pegida-Teilnehmenden ausgegangen sind, werfen nicht nur Schlaglichter auf das hohe Aggressivitätspotenzial dieser Aufmärsche. Innenministerium und die Verantwortlichen der Polizei nehmen es offenbar hin, dass Medienberichterstattung über Pegida zunehmend nur noch unter bürgerkriegsähnlichen Bedingungen stattfinden kann”, stellt Rico Gebhardt, Vorsitzender der Linksfraktion im Sächsischen Landtag, dazu fest.

Und es ist ja nicht so, dass sich seit dem 6. Oktober etwas geändert hätte. Die selbsternannten Islamfeinde marschieren mit breiter Brust, werden in Sprüchen und Reden immer radikaler – und immer wieder fallen auch Polizisten auf, die bei Übergriffen auf begleitende Journalisten nicht einschreiten oder gar die Journalisten vom Platz schicken, statt sie gegen die Angreifer zu schützen. Das kann ein Zeichen echter Überarbeitung sein. Das kann aber auch ein Zeichen von zunehmender Gleichgültigkeit sein. Denn wenn das Innenministerium zu all diesen Vorgängen schweigt, kann es ja wohl rechtens sein, eher die Presse als Störenfried zu sehen, als die aufgeputschten Hooligans aus dem rechten Lager, oder?

Die klare Haltung des zuständigen Ministers fehlt. Also fragt die Linksfraktion gar nicht erst, um dann wieder eine Nicht-Antwort zu bekommen, sondern stellt einen Antrag, der die Regierung zur öffentlichen Auskunft über die Vorfälle verpflichtet. Und vor allem auch zur Berichterstattung über ihr eigenes Handeln.

“Mit unserem Antrag folgen wir der Aufforderung mehrerer Landesverbände des DJV, des MDR und des Sächsischen Zeitungsverlegerverbandes, die wirksame politische Maßnahmen verlangt und gefordert haben, den Umgang mit Pegida-Veranstaltungen gründlich zu überdenken. Herr Ulbig hat sich mal im Rahmen seines Schmusekurses mit der seinerzeitigen Pegida-Spitze als ‘Versammlungsminister’ bezeichnet”, spottet Rico Gebhardt. “Er muss endlich auch der ‘Pressefreiheitsminister’ werden, der die Bedingungen in der Polizei schafft, damit sie bei Übergriffen auf Journalisten nicht nur zuschaut, sondern eingreift.”

Der Linke-Antrag bezieht sich dabei nicht aufs Grundgesetz, sondern direkt auf die Sächsische Verfassung, Artikel 20, wo es heißt: “(1) Jede Person hat das Recht, ihre Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt”.

Auch hier heißt es also genauso wie im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland: “Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet.”

Das ist der Job des Sächsischen Innenministers, ob es ihm behagt oder nicht. Und deshalb fordert die Linksfraktion in ihrem Antrag, “dem Landtag detailliert und umfassend darzulegen, welche konkreten einzelnen (sicherheitsbehördlichen) Maßnahmen zur Abwehr von Gefahren für die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film” ergriffen wurden, um die Pressefreiheit in Sachsen zu gewährleisten. Und wenn sich die anderen Fraktionen im Landtag ebenfalls als demokratisch verstehen, dann sollten sie dem eigentlich zustimmen.

Der Antrag der Fraktion Die Linke „Pressefreiheit im Freistaat Sachsen schützen, die Freiheit der Berichterstattung nicht preisgeben: Angriffe auf Journalistinnen und Journalisten sind Angriffe auf Grundrechte und müssen unterbunden werden!“ (Parlaments-Drucksache 6/3203).

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Es gibt 6 Kommentare

Lieber Herr Klaus,
nehmen Sie doch bitte einfach mal zur Kenntnis, dass es in diesem Artikel um DAS Hauptbegiet aller Journalisten in einem freiheitlich demokratisch verfassten Staatswesen geht: Die grundgesetzlich garantierte, ungestörte Berichterstattung über ALLE Vorgänge in unserer Gesellschaft im öffentlichen Raum. Genau DAS scheint jüngst aber nicht mehr uneingeschränkt gewährleistet zu sein und Legislative sowie Exekutive schauen systematisch weg. Ein solch ZENTRALES Thema ist übrigens auch durch kein anderes Thema (über das mehr oder weniger berichtet wird) relativierbar.
MfG
F.K.

Ich bedanke mich für die Auszeichnung. So viel Ehre muss nicht sein, denn Herr Beckenbauer ist doch die Lichtgestalt in Deutschland.

Ohmann, Sie scheinen also etwas zu verwechseln.

Bisher war ich der Ansicht, dass es für einen Journalisten zur Selbstverständlichkeit gehört, sich neben seinem Hauptgebiet auch in vielen anderen Bereichen auszukennen und nicht nur nach Bauchgefühl und politischer Einstellung zu schreiben.

Bei vielen Journalisten, die ich kenne, ist das so. Leider trifft das nicht auf alle Vertreter dieser Zunft zu, wie Ihr Kommentar sehr schön verdeutlicht. Aber was soll es. Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen.

Ende

Ohmann. Ohmann. Herr Klaus. Sie sind ja wahrhaft eine Lichtgestalt. Der Einzige unter all den anderen Unterbelichteten, nicht wahr? Es gibt nur eine Wahrheit – und dies ist die Ihre. Faszinierend!

Ich kann Sie durchaus verstehen.

Trotzdem bitte daran denken, es geht hier nicht um mein Thema. Schauen Sie doch einmal über den Tellerrand.

Der Skandal bei VW, die Skandale um Blatter & Co,, der Skandal jetzt um Beckenbauer & Co. Alles hat doch etwas mit Finanzkontrolle zu tun. Bleiben wir bei Beckenbauer & Co. Noch vor wenigen Tagen wurde Herr Zwanziger von namhaften Medien als Nestbeschmutzer, senil und bösartig abgestuft. Von mir nicht.
Auf die Herren Netzer, Beckenbauer u.s.w. durfte doch kein schlechtes Licht fallen, obwohl deren Glaubhaftigkeit von vornherein zu bezweifeln war. Gegenwärtig bemühe ich mich darum, dass endlich die Rolle der Wirtschaftsprüfer hinterfragt wird. Daran haben sich diese scheinheiligen Medien bisher nicht getraut. Mehrere Gespräche wurde von mir bereits geführt. Doch keiner will in diesen Sumpf hinein.

Ist das also tatsächlich mein Thema? Wachen Sie auf Herr Freitag!!! Die Welt ist ein Kugel.

Lieber Klaus,

nicht böse sein – aber nur, weil sich nicht jeder für Ihr Thema interessiert, ist dass kein Indiz für mangelnde Pressefreiheit. Über die Auswahl und Breite der Themen entscheidet sich jedoch durchaus auch der Erfolg/Nichterfolg von Medien. Eingedenk der Tatsache, dass sich auch Leser nicht immer für jedes Thema so brennend interessieren, wie der “Sender” der Botschaft … Die zwei Seiten einer Medaille eben.

Herzlichst Ihr
M.F.

Auch hier heißt es also genauso wie im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland: „Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet.“

Wenn da nicht die Chefredakteure wären. Dort hört oftmals diese Pressefreiheit auf (siehe z.B. LVZ).

Ich kann darüber in der Zwischenzeit ein bzw. mehrere Lieder singen. Nicht nur bezüglich der LVZ.

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