„AfD droht Neuwahl der Landesliste zur Bundestagswahl“, meldete die in Chemnitz heimische „Freie Presse“ am Donnerstag, 9. Februar. Wieder einmal ist die AfD damit aufgefallen, dass sie grundlegende Regeln bei Kandidatenwahlen nicht beachtet. Schon seit zwei Jahren beschäftigt sich der sächsische Landtag mit der Listenaufstellung der AfD zur Landtagswahl 2014. Diesmal steht die Wahl der Kandidaten zur Bundestagswahl im Fokus.

Es geht um die Wahl der Landesliste der AfD zur Bundestagswahl am 29. Januar in Klipphausen, wo die Vorsitzende Frauke Petry mit 80 Prozent der Stimmen der 301 Delegierten (ohne Gegenkandidaten) auf Platz 1 der Liste gewählt wurde und Jens Maier (54) aus Dresden, Richter am Landgericht Dresden, der zuvor mit einer ziemlich heftigen Rede bei einem Auftritt mit dem AfD-Rechtsaußen Höcke aufgefallen war, auf Platz 2.

Aber die Wahl der Landesliste könne ungültig sein. „Grund sind rechtliche Bedenken hinsichtlich der Wahl der Kandidaten für die ersten fünf Listenplätze bei einem Parteitag vor knapp zwei Wochen. Die AfD war während des Parteitags mangels Zeit nur bis Platz fünf gekommen. Der Rest der 20 Plätze umfassenden Kandidatenliste soll nach bisheriger Planung auf einer Fortsetzungsversammlung am 3. und 4. März bestimmt werden“, schreibt die „Zeit“ zum Thema. Das Problem, das der sächsische Landeswahlleiter derzeit prüfe, sei die Frage, wie lang eine Aufstellungsversammlung unterbrochen werden dürfe.

„Es ist nicht das erste Mal, dass die AfD Probleme mit einer Kandidatenliste hat. Nun lässt die Partei die Zulässigkeit der Landesliste für die Bundestagswahl prüfen. Auch der an Frauke Petry bereits vergebene Spitzenplatz könnte wieder zur Disposition stehen“, schreibt die „Freie Presse“.

Am 29. Januar wollte die sächsische AfD eine Liste mit 20 Kandidatinnen und Kandidaten aufstellen, kam aber nur bis Position Nr. 5. Und dann? Dann schien es wie bei so vielen AfD-Parteitagen gewesen zu sein: Die älteren Herrschaften wollten nach Hause. Man brach den Parteitag in den frühen Abendstunden ab.

Man kennt das Phänomen auch von Parteitagen anderer Parteien: Wenn die aussichtsreichsten Plätze weg sind, erlahmt das Interesse, wird der Abend zäh. Dann gibt es noch ein paar harte Kämpfe um die Listenplätze, die noch eine vage Aussicht bieten, doch noch den Sprung ins Parlament zu schaffen. Auch das kann den Abend zäh machen. Aber für gewöhnlich beißen die Parteitagsentsandten die Zähne zusammen, versuchen sich für die ausstehenden Abstimmungen munter zu halten und bleiben da, bis auch der letzte Listenplatz vergeben ist. Oder auch nicht, wenn ihnen schon relativ egal ist, wer da steht. Aber abgebrochen wird für gewöhnlich nicht. Man zieht durch, bis die komplette Wahl geschafft ist.

Laut „Freier Presse“ gibt es noch eine Unterlassung: Die AfD habe es in Klipphausen versäumt, zwei Versammlungsteilnehmer zu bestimmen, die laut Gesetz einen ordnungsgemäßen Verlauf der geheimen Wahl an Eides statt versichern müssen.

Was aber sind bei einer 20-köpfigen Liste in Sachsen die aussichtsreichen Plätze?

Bei über 600 Bundestagesabgeordneten kann Sachsen um die 30 Abgeordnete in den Bundestag entsenden. 16 Sitze werden durch die Kandidaten besetzt, die ihren Wahlkreis gewinnen. Meistens war es bisher die CDU, die die meisten dieser Sitze für sich gewinnen konnte. Die anderen Parteien sind darauf angewiesen, dass ihre Kandidaten über die Landeslisten ins Parlament kommen. In kühnsten Träumen könnte die AfD in Sachsen ja auf 30 Prozent kommen, was bis zu neun Kandidatinnen und Kandidaten von ihrer Liste eine Chance gibt. Logisch also, dass auch nach Listenplatz Nr. 5 weiter gefochten wird.

Werden es aber nur 10 Prozent, dann haben nur die ersten drei Kandidaten eine große Chance, in den Bundestag zu kommen. Es spricht also nichts dafür, die Kandidatenkür durch eine Aufteilung und Verschiebung des „Rests“ auf den März auseinanderzureißen. Denn mit einiger Sicherheit wird das Wahlgremium am 3. und 4. März anders zusammengesetzt sein als auf dem Parteitag am 29. Januar. Es werden also in Teilen andere Leute sein, die über die restlichen Plätze abstimmen, als die, die über Listenplatz 1 bis 5 abgestimmt haben. Und auch der Versuch des Parteivorstands wird wieder greifen, sich die Mehrheiten für die eigenen Wunschkandidaten zu sichern.

Ob es der Landeswahlleiter so sieht, wird man sehen. Diesmal geht es immerhin um eine Klärung vor der Wahl, nicht erst im nachhinein wie nach der Landtagswahl, mit der sich der Wahlprüfungsausschuss des Landtags herumschlägt.

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