Am Freitag, 21. September, hat der Landwirtschaftsausschuss des Sächsischen Landtages auf Antrag der Koalitionsfraktionen CDU und SPD Experten zu den Dürrefolgen in Sachsen angehört. Und wie das so ist, wenn ein Land noch immer keinen Strukturplan zur nachhaltigen Stabilisierung der wertvollen landwirtschaftlichen Flächen hat, gehen die Einschätzungen zu dieser Sitzung diametral auseinander.

Eigentlich spiegeln die Positionen den aktuellen Zustand der sächsischen Politik. Während die Grünen dringend einen klimagerechten Umbau der Landwirtschaft anmahnen, damit die Landwirte nicht bei jedem extremen Erntejahr in Existenznot geraten, bleibt die sächsische CDU ihrer alten Linie treu und fordert nur Hilfe vom Bund.

Oder mit den Worten des agrarpolitischen Sprechers der CDU-Fraktion, Andreas Heinz: „Die heutige Anhörung hat uns sehr klargemacht, welch immense Schäden die Hitze und Trockenheit der vergangenen Wochen in der sächsischen Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft bis heute angerichtet hat! Wir als CDU-Fraktion des Sächsischen Landtages fordern insbesondere den Bund auf, die angekündigten Dürrehilfen schnell und unbürokratisch umzusetzen. Ich sehe vor allem tierhaltende Betriebe in Gefahr. Diesen Landwirten müssen wir zügig helfen, um den Abbau von Tierbeständen zu vermeiden.“

Wirklich viele Zahlen hat der Freistaat zu den Dürrefolgen noch nicht herausgegeben. Dass die Getreideernte deutlich niedriger ausfällt als in den Vorjahren, hat zumindest das Statistische Landesamt vermeldet: „Die Dürreperiode dieses Sommers führte zu hohen Ernteausfällen. Mit 57,4 Dezitonnen je Hektar Getreide ist in Sachsen der voraussichtlich geringste Ertrag seit 2006 mit 56,2 dt/ha (endgültig) zu verzeichnen, bei Winterraps wird voraussichtlich mit 30,0 dt/ha der endgültige Ertrag des Vorjahres (33,3 dt/ha) bei weitem nicht erreicht.“

In guten Jahren ernten Sachsens Landwirte 70 bis 80 Dezitonnen Getreide je Hektar.

„Fest steht: Die Dürreschäden sind regional höchst unterschiedlich verteilt. Neben der Anpassung von Betriebsstrategien müssen deshalb weitere Vorsorgemaßnahmen, wie beispielsweise Mehrgefahrenversicherung oder Risikoausgleichsrücklage, parallel dazu entwickelt werden“, erklärt der CDU-Agrarpolitiker Andreas Heinz.

Aber Geld ändert nun einmal nicht die Bohne an der Gefährdung der Landwirtschaft durch Extremwetter. Von denen es ja nun sichtlich immer öfter solche gibt, die auch die Ernte beinträchtigen. Der Klimawandel ist angekommen, wie die Dürrejahre und Hochwasser bezeugen, stellt deshalb auch Wolfram Günther, agrarpolitischer Sprecher und Vorsitzender der Grünen-Fraktion fest.

„In der aktuellen Ausnahme-Dürresituation, einer Vegetationsperiode regional nahezu ohne Niederschläge, sind Hilfen für betroffene Landnutzer, wie Landwirtschaftsbetriebe oder Forstbetriebe dringend notwendig. Zugleich müssen falsche Anreize einer Risikoverlagerung auf die Gesellschaft vermieden werden, die in der Zukunft einer aktiven Risikovorsorge der Betriebe entgegenstehen könnten“, sagt Günther.

Den Glauben, man könne sich gegen Extremwetterereignisse einfach gut versichern, teilt er sichtlich nicht.

„Vielmehr sollte die Widerstandsfähigkeit der Landwirtschaftsbetriebe unterstützt werden. Sie sollen sowohl bei Ertragsausfällen nach Extremwetterperioden als auch gegenüber Preisschwankungen am Weltmarkt, unabhängiger werden“, sagt Günther und zitiert den von den Grünen geladenen Sachverständigen Kai Pönitz, Fachlehrer für Landwirtschaft, aktiver Naturschützer sowie Bio-Landwirt (im Nebenerwerb) und Weidetierhalter.

Der unterstrich in der Anhörung ebenfalls die Dramatik der aktuellen Dürresituation. In den letzten 19 Jahren gab es in Sachsen drei Hochwasser in den Jahren 2002, 2006 und 2013 sowie zwei Dürrejahre in den Jahren 2003 und 2018. Er konstatierte aber auch, dass besonders Landnutzer eine besondere Verantwortung sowohl beim Hochwasserschutz als auch bei Maßnahmen gegen Dürrejahre haben.

„Es zeigt sich immer wieder, dass der von uns Grünen favorisierte ökologische Landbau über viele Jahre schon eine klima- und bodenschonende Landwirtschaft ermöglicht. Betriebe mit vielfältigen Fruchtfolgen, Zwischenfruchtanbau, Heckenpflanzung und dem vorhandenem Grünland angepasste Tierbestände sind gegen Extremwetterereignisse zukünftig besser gerüstet“, erläutert Wolfram Günther. „Die EU-Flächenprämien sollten auch unter der Bedrohung des Klimawandels für die Landwirtschaft unbedingt an ökologische Auflagen geknüpft werden. Die Mittel müssen die breitere Aufstellung der Betriebe unterstützen und die Rahmenbedingungen der Landnutzung dem Erhalt der Biodiversität dienen.“

Das Fazit ist eigentlich klar: Die Bettelei aus Sachsen muss endlich einem wirklich durchdachten Umbau der Landwirtschaft weichen, damit Sachsens Landwirte gegen eine absehbar zunehmende Zahl von Extremwettereignissen resistenter werden.

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