Die sächsische SPD hat Martin Dulig erneut zum sächsischen Landesvorsitzenden gewählt. Der 44-Jährige erhielt auf dem Landesparteitag in Dresden knapp 84 Prozent der Stimmen. In seiner Rede kritisierte Dulig die SPD-Parteiführung, forderte den Dialog und bezeichnete die Angst als „größten politischen Gegner“.

Mit einer Rede des Landesvorsitzenden Martin Dulig hat am Samstag, den 27. Oktober, der Parteitag der sächsischen SPD in Dresden begonnen. Der 44-Jährige thematisierte darin das Image und Selbstverständnis der SPD sowie mögliche Koalitionen nach der nächsten Landtagswahl am 1. September 2019.

„Der Sozialdemokratie in Deutschland geht es heute nicht gut“, stellte Dulig zu Beginn fest. „Unsere Anliegen, Programme und Erfolge kommen bei vielen Menschen nicht an. Wir verlieren seit Jahren an Glaubwürdigkeit und Vertrauen und schaffen es nicht, den Menschen Gründe zu liefern, warum sie uns wählen sollten.“ Weder Parolen wie „Wir müssen zurück zur Sacharbeit“ noch ein Austritt aus der Großen Koalition auf Bundesebene würden das Image der Partei verbessern.

Stattdessen, so forderte es Dulig, müsse sich die SPD für die Menschen und deren Wünsche und Hoffnungen einsetzen. „Wir brauchen keine Angstmacher, wir sind Mutmacher. Wir dürfen uns nicht wegducken und die Debatte nicht scheuen, wir müssen klare Kante zeigen.“

Den Dialog suchen

Dies bedeute, mit den Menschen zu reden, so wie es beispielsweise bei der „Küchentisch-Tour“ oder dem Projekt „Deine Arbeit, meine Arbeit“ geschehe. Auch die sächsische Integrationsministerin Petra Köpping sei ein positives Beispiel für die Suche nach dem Dialog. Lösungen für die Menschen im Osten zu finden, sei Aufgabe der gesamten SPD.

Als zentrales Element benannte Dulig anschließend „Angst“. „Ich treffe viele Menschen, die offen bekennen, dass sie Angst vor dem Wahlausgang im nächsten Jahr haben.“ Manche würden sogar darüber nachdenken, aus Sachsen wegzuziehen. „Genau das dürfen wir nicht zulassen. Wir müssen einen Wahlkampf gegen die Angst führen. Diese sei der „größte politische Gegner“, nicht CDU, Linke oder AfD.

„Wer unbedingt AfD wählen möchte, soll es tun. Danach soll aber niemand zu mir kommen und mich fragen, wer sich um Rente, ÖPNV, Kita, Umwelt und Pflege kümmert.“, so Dulig.

In der darauffolgenden Debatte thematisierten die Rednerinnen und Redner unter anderem die Große Koalition und die Frage, welche Personen die Partei ansprechen soll. „Wir müssen wieder die Partei der Arbeitnehmerinnen und ihrer Interessenvertreter werden“, forderte etwa die Leipzigerin Irena Rudolph-Kokot. Zudem äußerte sie sich zu möglichen Koalitionen in Sachsen: „Wir müssen langfristig auf progressive Mehrheiten setzen und dürfen das nicht von vornherein ausschließen.“

Wahlen am Nachmittag

Holger Mann, ebenfalls aus Leipzig, gab einen Einblick in die aktuelle Mitgliederstruktur der SPD. Seit 2016 sie die Anzahl um 18 Prozent gestiegen. Der Frauenanteil betrage 25,4 Prozent – laut Mann ein „Allzeithoch“, das aber nicht zufriedenstellend sei.

Im Anschluss an die Debatte äußerte sich Dulig nochmals. Er hielt fest, dass er keine Koalition ausgeschlossen habe: „Ich würde mir wünschen, dass die CDU mal in die Opposition geht. Ich möchte, dass wir die Führerschaft im progressiven Lager einnehmen.“ Zudem forderte er mehr Klarheit, um Kompromisse mit der CDU besser vermitteln zu können. Das Parteitagsmotto „Es ist dein Land“ bezeichnete Dulig als „Einladung“. Zuvor hatte es daran Kritik gegeben, da es nationalistisch sei.

Am Nachmittag folgten wichtige Wahlen. Dulig wurde mit 83,9 Prozent erneut zum Vorsitzenden gewählt. Vor zwei Jahren hatte er 84,7 Prozent erreicht. Die stellvertretenden Vorsitzenden heißen Hanka Kliese und Karsten Schütze, der Oberbürgermeister von Markkleeberg. Generalsekretärin Daniela Kolbe und Vorstandsmitglied Holger Mann wurden neben anderen SPD-Mitgliedern verabschiedet, da sie nicht erneut zur Wahl antraten. Mann kandidiert am 17. November jedoch um den Vorsitz der Leipziger SPD.

Holger Mann (MdL, SPD) tritt am 17. November zur Wahl für den Leipziger Stadtvorstand an. Foto: L-IZ.de
Holger Mann (MdL, SPD) tritt am 17. November zur Wahl für den Leipziger Stadtvorstand an. Foto: L-IZ.de

Mit Henning Homann hat die sächsische SPD nun zudem einen neuen Generalsekretär. Nach einem Wahlergebnis mit 80,8 Prozent erklärte Homann unter Anderem „Wir sind noch nicht am Ziel, aber wir regieren in Sachsen erfolgreich. Die Kürzungspolitik ist beendet. Sachsen investiert wieder in die Zukunft. Wir haben den Staat wieder handlungsfähig gemacht und stellen ihn in den Dienst der Menschen – nicht der Konzerne oder des Finanzministers“.

Auch Homann, der auch die nächstjährigen Wahlkämpfe leitend verantworten wird, kam auf den Rechtsruck in Sachsen zu sprechen: „Wir liefern nicht nur, wir stehen. In den vergangenen Jahren hat sich die Stimmung in Sachsen geändert – die alten und neuen Nazis, die sogenannte neue Rechte haben an Deutungsmacht gewonnen – in Sachsen und im ganzen Land. Sie meinen, die Machtfrage stellen zu können. Wir dürfen aber nicht zulassen, dass es in unserem Land rechtsfreie Räume gibt. Wir stehen, auch bei Gegenwind, und lassen uns nicht einschüchtern.“

Sachsen stünde aus seiner Sicht vor einer Richtungsentscheidung zwischen Zukunft und Vergangenheit ebenso wie vor der Frage „bleibt der gesellschaftliche Zusammenhalt das Ziel von Politik oder wird Spaltung zum Regierungsziel? Regiert also die SPD – oder gibt es eine rechte Regierungsmehrheit? Es gibt in Sachsen keine Mehrheit dafür, Menschen schlecht zu behandeln. Es gibt eine Mehrheit mit Herz: Und für diese Mehrheit steht die SPD“, so Henning Homann abschließend.

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Es gibt 3 Kommentare

„Unsere Anliegen, Programme und Erfolge kommen bei vielen Menschen nicht an. Wir verlieren seit Jahren an Glaubwürdigkeit und Vertrauen und schaffen es nicht, den Menschen Gründe zu liefern, warum sie uns wählen sollten.“

„Wer unbedingt AfD wählen möchte, soll es tun. Danach soll aber niemand zu mir kommen und mich fragen, wer sich um Rente, ÖPNV, Kita, Umwelt und Pflege kümmert.“, so Dulig.

Mehrwertsteuererhöhung die insbesondere Geringverdiener trifft, dafür Nichteinführung der MwSt auf Geldgeschäfte, Verweigerung der Vermögenssteuer, Wegfall der Zumutbarkeitsregeln, Hartz IV, Leiharbeit (die Neuregelung unter Nahles ist neben der Verschlimmerung auch noch eine Verarsche), Werkverträge, unbezahlte Praktika, Einführung der Verbriefung mit den Folgen im Bankenwesen und im Immobilienmarkt (Heuschrecken) u.a Bankenrettung mit zig Milliarden € Steuermitteln, Entsolidarisierung in der Sozialversicherung, Rentenkürzung u.a. durch Demographiefaktor, Umwelt? durch beharren auf Kohleförderung, Pflege? was hat die SPD außer einer permanenten Kostenreduzierung zur Verbesserung der Pflege beigetragen?

Trägt die SPD irgendwie dazu bei, daß Arbeit ent- und Kapital belastet wird? Aber nein, das “scheue Reh”….

Bisher ist sozialdemokratische Politik ausgerichtet auf Solidarität unter denjenigen, die auf Solidarität angewiesen sind. Nötig ist jedoch eine Solidarität der gesamten Gesellschaft.
Die SPD ist alles andere als solidarisch. Und das Bißchen wurde auch nur unter dem Druck der Linken erzwungen, den diese zeitweise zu erzeugen in der Lage war.
Doch die Linke ist auf dem Weg zur Sozialdemokratisierung.

Wo ist die klare Kante? Und vor allem, für wen? Nirgends.

Doch, die “Anliegen, Programme und Erfolge kommen bei vielen Menschen… an.” Genau deshalb wird die SPD nicht gewählt.

Folgt die SPD den tollen Ratschlägen aus dem verlinkten Artikel des Herrn Wolff, wäre das mit hoher Wahrscheinlichkeit das Ende der SPD. Keine Ahnung, wie es Herr Wolff schafft, so abgehoben zu sein.

Der glaubhafte Neuanfang beginnt mit dem Eingeständnis von Fehlern. Hartz IV z. Bsp. war ein Stockfehler. Die Entlastung von Kapital statt Arbeit ein weiterer. Die generelle Neoliberalisierung der SPD. Hierfür steht u.a. Nahles (aber auch Scholz, Heil).
Wolff verlangt stattdessen die Diskussion hierüber zu beenden. Viel Erfolg….

Wer Europa wählen will, wählt CDU. Mit Kohl verbindet der Wähler Europa. Mit der SPD und Brandt die Ostannäherung. Allerdings nur für diejenigen, die das tatsächlich interessiert. In meiner Wahrnehmung sind das wenige.

Und in Sachsen? Fällt mir gar nichts Positives ein. Flughafen, Schiffbarkeit, Braunkohle, Kiesabbau – Belastung und Vernichtung von Umwelt und Natur und somit nachteilig für die Menschen.

“…wir regieren in Sachsen erfolgreich.”
Achso, ja dann ist ja alles gut. Zumindest bis zur nächsten Nacht der langen Gesichter am Wahlabend.

Die Sprüche von Herrn Homann klingen wie bei Martin Schulz abgeschrieben.
Oder ist er nur sein Ghostwriter?

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