Es wäre ein Leichtes, das am Holzberg bei Böhlitz entstandene Biotop unter Landschaftsschutz zu stellen. Denn alles, was hier wirtschaftlich geplant ist, ist sogar nach Gesetzeslage untersagt. Das machen mehrere Anfragen der Linksfraktion im Sächsischen Landtag deutlich, die sich mit dem Wasser in diesem ehemaligen Steinbruch beschäftigen. Nicht grundlos musste die Firma KAFRIL 2019 ihre Pumpen abstellen.

Denn die Vorgängerfirma, die den Steinbruch nutzte, hat hier Material verfüllt, das voller Schadstoffe ist und nach bundesdeutschem Recht nie hier hätte verfüllt werden dürfen. Und ob es nach altem DDR-Recht genehmigt war, lässt sich nicht belegen. Denn diese behauptete Genehmigung war seltsamerweise nicht auffindbar, als KAFRIL den Steinbruch übernahm.

Aus einem Dokument des Regierungspräsidiums Leipzig vom 13. Januar 2006 geht hervor, dass es im Zeitraum von 2003 bis 2007 im Holzberg solche illegale Verfüllungen gab. Bei den danach genommenen Bodenproben waren die Schwellwerte für gesundheitsschädliche Stoffe überschritten. Während dieses Zeitraums wurde aber auch schadstoffbelastetes Wasser aus dem Holzberg in die naheliegende Lossa gepumpt, die sich in der Trinkwasserschutzzone III befindet.

Wie eine Kleine Anfrage des Landtagsabgeordneten Marco Böhme aus dem Januar (Drucksache 7/12155) offenlegt, finden sich weder in den Akten der unteren Wasserbehörde noch des Sächsischen Oberbergamts Bescheide für eine wasserrechtliche Erlaubnis zur Einleitung des Sümpfungswassers aus dem Steinbruchrestloch Holzberg in die Lossa. Der damalige Eigentümer berief sich auf eine Gestattung aus DDR-Zeit: „Allerdings ist die genannte Nutzungsgenehmigung von 1970 nicht mehr auffindbar“, teilte Wirtschaftsminister Martin Dulig auf eine weitere Nachfrage von Marco Böhme dann im März mit. (Drucksache 7/12687)

Eine nicht auffindbare Genehmigung

„Eine nicht auffindbare Genehmigung ist meines Erachtens nicht existent – eine darauf basierende genehmigungspflichtige Maßnahme demnach illegal“, erklärt dazu Antonia Mertsching, Sprecherin für Umweltpolitik der Linksfraktion.

„Spätestens mit einem Eigentümerwechsel hätte eine Erlaubnis erteilt werden müssen. Aus der Anfrage geht hervor, dass der Firma KAFRIL GmbH zu keinem Zeitpunkt eine wasserrechtliche Nutzungsgenehmigung vorlag. Wir haben es hier mit einem weiteren Beispiel von unternehmerfreundlichem Behördenversagen zu tun.“

Im Zeitraum von Juli 2018 bis November 2019 wurden dann durch die Entsorgungsfirma KAFRIL rund 30 Millionen Liter Wasser – das entspricht etwa 700 Tanklastzügen – im Holzberg abgepumpt und in die Lossa eingeleitet. Das geht aus einer dem Umweltministerium vorliegenden hydrologischen Betrachtung von Dr. Martin Treiber hervor.

Dabei kam es zu einer erheblichen Beeinträchtigung des besonders schützenswerten Flachwasserbiotops. Nach Behördenangaben wurde KAFRIL mehrfach mündlich auf die Unzulässigkeit von Gewässerbenutzungen ohne entsprechende wasserrechtliche Erlaubnisse hingewiesen. „Eine schriftliche Anordnung durch die untere Wasserbehörde zur Einstellung des Abpumpens erfolgte nicht.“

In der Antwort des Wirtschaftsministeriums vom 27. März heißt es dazu: „Im Rahmen der Betriebsübertragung auf den jetzigen Bergbauunternehmer gab die Fa. KAFRIL GmbH an, dass die wasserrechtliche Nutzungsgenehmigung nicht mit übergeben worden sei. Auch in den Akten der unteren Wasserbehörde und des sächsischen Oberbergamtes findet sich diese nicht. Insofern fehlt aktuell der Nachweis der wasserrechtlichen Erlaubnisse, weshalb die Fa. KAFRIL GmbH nach der Betriebsübertragung darauf hingewiesen wurde, dass die erforderlichen wasserrechtlichen Erlaubnisse neu zu beantragen seien.“

Eine solche Erlaubnis hat KAFRIL aber nicht beantragt. Die Firma hätte die Pumpen also gar nicht einsetzen dürfen.

Verfüllen nur im Trockenen

Und das hat natürlich Gründe – eben die hohe Schadstoffbelastung des Wassers, das niemals in die Lossa hätte eingeleitet werden dürfen.

Weshalb es noch eine weitere bergrechtliche Anordnung gab, wie der Wirtschaftsminister mitteilte: „Das Einbringen von (sowohl bergbaueigenem als auch bergbaufremdem) Verfüllmaterial in die Kippe durfte gemäß Sonderbetriebsplan aus Gründen der geotechnischen Standsicherheit der Kippe nur im Trockenen erfolgen.“

Das heißt: Verfüllmaterial darf hier nur eingebracht werden, wenn die Grube trocken liegt. Was aber beim anliegenden Grundwasserstand nie der Fall ist. Das Wasser aber darf nicht abgepumpt werden.

Man wird den Eindruck nicht los, dass in den Genehmigungsbehörden Menschen beschäftigt sind, die sich schwertun, solche eindeutigen Tatbestände als das zu begreifen, was sie sind: ein Ausschlussgrund für jede (weitere) Verfüllung des ehemaligen Steinbruchs.

Aber stattdessen wird weiter geprüft, verhandelt, vertagt und ausgewichen.

„Der Eigentümer ignorierte offenbar wiederholt die behördlichen Aufforderungen und setzte die illegale Wasserentnahme sowie Einleitung in die Lossa, also in eine Trinkwasserschutzzone III fort“, resümiert Antonia Mertsching.

„Wie die Kleine Anfrage belegt, tat er dies mit dem Wissen, keine Genehmigung dafür zu besitzen. Die Behörden wurden erst nach wiederholter Aufforderung an den Landkreis Leipzig und Erstattung einer Anzeige tätig. Inzwischen kenne ich mehrere solcher Fälle und frage mich, wen die Umweltbehörden schützen: unsere Lebensgrundlagen oder Unternehmensinteressen?“

Eine berechtigte Frage.

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Für diese Behördeneierei muss es ein Ende geben – unter Natur-Schutz-Stellung des ehemaligen Steinbruches Am Hozberg. Der Fa. KAFRIL wurde schon durch das sächsische Wirtschaftsministerium seit einiger Zeit die Möglichkeit eingeräumt zum verkippen von Reststoffen in gesicherten Tagebaubereichen im Südraum. Dem iligalem Auspumpen vom Steinbruchrestloch wurde seitens der zuständigen Behörden bisher tatenlos zugesehen. Was erwarten die Geschäftsführenden von KAFRIL denn noch an Zugeständnissen durch die Verwaltungen? Entschädigungen? – das wäre eine weitere Unverschämtheit.

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