Da geht im Herbst die nächste Wahlperiode des Sächsischen Landtags zu Ende und einige Minister fielen geradezu auf durch Untätigkeit. Obwohl selbst im Landtag heftig debattiert wurde, passierte nichts. Viel zu spät brachte jetzt die zuständige Gesundheitsministerin Barbara Klepsch (CDU) ein Bündnis gegen den Landärztemangel zustande.
āMit dem Bündnis gehen wir gemeinsam neue Wegeā, sagte die Ministerin am Montag, 3. Juni. āDie Anforderungen an das medizinische Versorgungssystem und die vertragsƤrztliche Versorgung haben sich verschoben. Wir brauchen perspektivisch deshalb unter anderem mehr Ćrzte für Sachsen und neue Modelle für die medizinische Versorgung. Ein entscheidender Baustein bleibt für mich die Einführung einer Landarztquote, um vorab bereits Ćrzte für den lƤndlichen Raum zu gewinnen.ā
Verschoben hat sich da eigentlich nichts. Der Mangel ist seit über fünf Jahren bekannt. Doch Sachsens Regierung hat das Problem einfach ausgesessen. Selbst der kleine Koalitions-Partner SPD hat von all den vertagten Entscheidungen die Nase voll. Denn die Anträge für ihre gar nicht kühnen Pläne hätte Barbara Klepsch schon 2016 oder 2018 stellen können.
āDie SPD-Fraktion im SƤchsischen Landtag ist erstaunt, dass ā nach 55 Monaten im Amt ā von der Gesundheitsministerin doch noch VorschlƤge vorgelegt werden, die helfen sollen, die Ƥrztliche Versorgung in Sachsen sicherzustellen. Das ist drei Monate vor einer Landtagswahl überfƤllig, leider aber zu spƤt, um wichtige Punkte noch in dieser Legislaturperiode umzusetzen. Ideen, die Geld aus dem Landeshaushalt erfordern, kƶnnen frühestens im Doppelhaushalt 2021/22 berücksichtigt werden. Dennoch ist es gut, dass infolge des im Oktober 2017 verabschiedeten Koalitionsantrages endlich diskussionswürdige VorschlƤge auf dem Tisch liegenā, sagt der hochschulpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Holger Mann.
Und dass die Gesundheitsministerin erst jetzt vorschlƤgt, jƤhrlich 100 zusƤtzliche MedizinstudienplƤtze in Sachsen zu schaffen, findet er mehr als verspƤtet.
āIch wundere mich, dass die Ministerin diese Bedarfe nicht wƤhrend der Haushaltsverhandlungen 2016 und 2018 angezeigt hat. Die SPD wird die Ministerin gern dabei unterstützen, beim Finanzminister um zusƤtzliches Geld in Hƶhe von mehr als 25 Millionen Euro für diese MaĆnahme zu werben. Wer aber medizinische und pflegerische Versorgung als Wahlkampfplattform benutzt, braucht sich nicht wundern, wenn die Menschen das Vertrauen in staatliche Institutionen verlierenā, kommentiert das Holger Mann.
Die SPD-Fraktion nehme darüber hinaus erfreut zur Kenntnis, dass sich viele VorschlƤge der SPD-Fraktion im Ideenkatalog der Ministerin wiederfinden, darunter eine bessere Betreuung und Vergütung wƤhrend des Praktischen Jahres (PJ), insbesondere für Studierende, die dieses im lƤndlichen Raum absolvieren, eine Verbesserung von Weiterbildungen für Ćrztinnen und Ćrzte, Abbau der Bürokratie für niedergelassene Ćrzte, Unterstützung von Ćrzten, die mit Regressforderungen zu tun haben und die Unterstützung von Kommunen als TrƤger des Konzeptes āPoliklinik Plusā.
CDU: Ein ganz entscheidender Schritt
Bei der CDU wundert man sich hingegen nicht über das langsame Tempo. Auch wenn Sachsens Ćrzte schon vor zwei Jahren Druck gemacht hatten.
āDieses Bündnis ist ein entscheidender Schritt zur flƤchendeckenden Ƥrztlichen Versorgung in Sachsen. Erstmals sind alle Akteure von der KassenƤrztlichen Vereinigung über die Vertreter von KrankenhƤusern bis zu den Krankenkassen an einem Tisch vertretenā, sagt der gesundheitspolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Oliver Wehner. āDieses Bündnis bringt Sachsen in Zukunft mehr Ćrzte. Das soll mit einer verbesserten Studienplatz-Steuerung erfolgen. AuĆerdem sind sich alle Experten einig, dass die von der CDU geforderte Landarztquote ein wichtiger Baustein ist und unterstützen sie.ā
Und neue Wege sollen jetzt gegangen werden: āDas Bündnis hat sich auch auf neue Wege verstƤndigt. So sollen künftig Impfbusse und rollende Arztpraxen auf dem Land die Menschen erreichen und die Wege zur medizinischen Versorgung für sie verkürzen.ā
Linke: Bis jetzt nur Ankündigungen
Aber auch Susanne Schaper, Sprecherin der Linksfraktion für Gesundheitspolitik, hält den Vorstoà von Barbara Klepsch eher für einen vorgezogenen Wahlkampfakt.
āPünktlich drei Monate vor der Landtagswahl übt die Sozialministerin den Schulterschluss mit wichtigen Akteuren des Gesundheitssystems. Die Regierung will offenbar endlich lernen ā knapp zwei Jahre nachdem die Chefs von LandesƤrztekammer, KassenƤrztlicher Vereinigung, Krankenhausgesellschaft und AOK Plus ein gemeinsames Thesenpapier vorgelegt hatten. Gleichzeitig hatten wir einen Antrag eingereicht (Drucksache 6/11275), in dem wir viele der heute angekündigten MaĆnahmen fordertenā, sagt Schaper.
āSchon lange wollen wir ein gemeinsames Vorgehen, mehr Medizin-StudienplƤtze, eine ordentliche Bezahlung für Studierende im Praktischen Jahr, mehr Medizinische Versorgungszentren, neue AnsƤtze wie mobile Arztpraxen, mehr Unterstützung für niedergelassene und niederlassungswillige Ćrztinnen und Ćrzte ā insbesondere HausƤrzteĀ ā Entlastung der Ćrztinnen und Ćrzte durch mehr Assistenzpersonal ā¦ā
Der Antrag wurde sichtlich ignoriert. Das Thema blieb liegen und geriet jetzt zwangslƤufig in den beginnenden Landtagswahlkampf.
āDass den Ankündigungen Taten folgen, glaube ich aber erst, wenn ich es erlebeā, sagt Susanne Schaper. āDie 92 Millionen Euro, die laut der Ministerin für die MaĆnahmen eingeplant sind, reichen nie und nimmer. Und es ist offen, wie die Arbeit des Bündnisses organisiert werden soll. Zudem ist es zwar schƶn und gut, dass die Ministerin weitere Gruppen zur Beteiligung aufruft ā sie sollte aber aktiv dafür sorgen, dass sie an den Tisch kommen. Dazu zƤhlen etwa die Kommunen, Patientenvertretungen, Gewerkschaften oder berufsstƤndische Vertretungen wie die der Heilberufe. Nicht zuletzt gehƶren die Akteure des Ćffentlichen Gesundheitsdienstes dazu, der dringend ausgebaut werden muss. Auch PrƤvention gehƶrt ins Zentrum der Gesundheitspolitik ā doch dazu hat die Ministerin heute kein Wort gesagt.ā
Trotz Landarztstipendium droht in weiten Teilen Sachsens eine Unterversorgung mit Ćrzten
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