Manchmal sind die Vorstellungen von dem, was Wirtschaft zu sein hat, so festgeformt in den Köpfen der Politiker, dass sie selbst noch Geld reinstecken, um die alten Wirtschaftsformen am Leben zu erhalten. Dass die Entwicklung längst drüber weggegangen ist, wollen oder können sie nicht sehen. Das betrifft in Sachsen die Kohleverstromung genauso wie den Frachtflugverkehr und die Güterschifffahrt auf der Elbe.

Das Thema Frachtflugverkehr wird noch groß werden. Das ist jetzt schon klar. Denn eine vernünftige CO2-Steuer wird hier Folgen haben und einen Teil des Billigfrachtflugverkehrs beenden.

Und dass die Elbe kein Fluss ist, auf dem man wirklich mit verlässlichen Frachtumschlägen rechnen kann, haben die letzten Jahre schon gezeigt. Die Güterumschläge auf das Schiff gehen seit Jahren zurück. In den Sommermonaten führt die Elbe immer öfter Niedrigwasser – kein Güterschiff kann fahren.

Was im Elbehafen Riesa zum Beispiel wächst, sind die Güterverladungen auf die Schiene. Das ist die belastbare Güterverkehrsart der Gegenwart.

Aber an dem Thema beißen sich im sächsischen Landtag vor allem die Grünen die Zähne aus. Denn die Staatsregierung will gar nicht einsehen, dass die Elbehäfen nicht so funktionieren, wie sie sollten bei all der Förderung.

Die Grünenfraktion bringt nun in der letzten Sitzungswoche vor der Sommerpause am Mittwoch, 3. Juli, einen Antrag zur Abstimmung, der auf eine Gesamtstrategie für die Elbe in Sachsen drängt. Denn im Ergebnis der Großen Anfrage, die die Grünen 2018 gestellt hatten, ist deutlich geworden: Sachsens Staatsregierung hat keine umfassende Strategie für den Naturschutz und die wirtschaftliche Nutzung an der Elbe.

Obwohl sich da längst etwas entwickelt hat. Aber halt nicht auf dem Wasser.

„Fluss und Elbelandschaft bieten mit dem Elberadweg, vielfältigen Naturräumen und einer historisch gewachsenen Kulturlandschaft ein herausragendes Entwicklungspotential gerade für die strukturschwachen Regionen jenseits des Ballungsraums Dresden“, erklärt Wolfram Günther, Vorsitzender der Grünen-Fraktion zum vorgelegten Antrag.

„Die Elbe mit ihren Auen hebt sich positiv von anderen großen europäischen Flüssen ab. Die Artenvielfalt ist groß und vielfältig. Diese gilt es zu erhalten“, so Günther. „Das Potenzial des naturnahen Tourismus ist gerade in der Sommersaison entlang der Elbe enorm, besonders für Rad- und Wandertouristen und den nichtmotorisierten Wassertourismus (Paddelboote, Kanus usw.). Das Potenzial der Elbe als Lebensader für Natur und Mensch soll insb. von Meißen bis Nordsachsen viel besser ausgeschöpft werden.“

Was die Grünen von der Staatsregierung fordern, ist die Entwicklung einer Gesamtstrategie für den nachhaltigen Elbetourismus, die vor allem die Anforderungen dieser Nutzergruppen aufgreift und attraktiv für alle Altersgruppen gestaltet.

„Dabei kann auf die landschaftliche Schönheit, wie (Obstbaum-)Alleen, Blühstreifen und naturnahe Wiesen, natürliche Kies- und Sandbänke sowie Altwasser gesetzt werden. Ein Auenprogramm soll das Potenzial der Elbelandschaft erhalten, Retentionsräume und Überflutungsflächen als wertvolle Lebensräume in ein länderübergreifendes Biotopverbundnetz einbinden“, erklärt Günther.

Aber der Fluss spielt in der Politik der Staatsregierung noch immer die zentrale Rolle als Wasserstraße. Die sie unter den klimatischen Bedingungen der Gegenwart immer öfter nicht mehr ist.

„Die Strukturpolitik der Staatsregierung hinkt der Realität hinterher. Bislang wurde einseitig auf die Binnenschifffahrt gesetzt“, kritisiert der Fraktionsvorsitzende der Grünen. „Die sächsischen Binnenhäfen wurden aus dem EU-Programm ,Förderung umweltfreundlicher Verkehrsträger‘ massiv gefördert. Dabei ist die Elbe als Niedrigwasserfluss für die Güterschifffahrt kaum geeignet. Die Niedrigwassertage an der Elbe haben seit 1990 deutlich zugenommen. In den letzten fünf Jahren wurde die für die Schiffbarkeit geforderte Mindesttiefe von 1,40 Metern an etwa fünf Monaten im Jahr nicht erreicht. Die Häfen sind längst nur noch Logistikzentren für Straße und Bahn. Der ganzjährige Transport von Massengütern per Binnenschiff auf der Elbe ist ein Auslaufmodell.“

Die Grünen hatten im Jahr 2018 ihre Große Anfrage zur wirtschaftlichen und ökologischen Bedeutung der Elbe an die Staatsregierung gestellt (Drs 6/13315). Allein im Radtourismus entlang des Elbe-Radwegs werden inzwischen jedes Jahr mehr als 160 Millionen Euro erwirtschaftet. Dagegen erwirtschafteten die Oberelbe-Binnenhäfen in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Tschechien im Jahr 2018 gerade mal einen Umsatz von 21,2 Millionen Euro, von denen lediglich 5,7 Prozent auf den Schiffsverkehr entfielen.

Die sächsische Hafenpolitik an der Elbe ist reine Steuergeldverschwendung

Die sächsische Hafenpolitik an der Elbe ist reine Steuergeldverschwendung

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Es ist doch richtig, Geld für die Entwicklung von Natur zur Verfügung zu stellen (Retentionsflächen, Auenprogramm), statt Natur noch weiter zu zernutzen. Doch was hat das mit Tourismus zu tun? Und was soll diese Ideenlosigkeit überhaupt? Förder(Steuer)mittel für Bratwurstverkauf und Betten machen, saisonale Billigarbeitsplätze? Sind das die innovativen und attraktiven Arbeitsplätze der Zukunft?
Werden dann noch ein paar Straßen mehr gebaut, um in die “touristischen” Naturregionen zu kommen? Für die dann wieder in die Natur eingegriffen werden muß? Gilt für Fahrradstraßen übrigens ebenso, denn es werden kaum bestehende Straßen umgewidmet?

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