Schon mit der Förderung des sozialen Wohnungsbaus hat sich Sachsens Regierung viele Jahre lang schwergetan, denn es waren nur die Großstädte, die hier dringenden Handlungsbedarf sahen, während sich ländliche Regionen immer weiter entvölkern. In Leipzig ist der Wohnungsmarkt gerade für Geringverdiener und Familien längst eng geworden. Und wieder zögert die Landesregierung, die angespannte Wohnungsmarktlage auch offiziell anzuerkennen.

Seit weit über einem Jahr prüft nun die Staatsregierung, ob der Wohnungsmarkt in Leipzig nach § 201a Baugesetzbuch „angespannt“ ist, stellt die Landtagsabgeordnete der Linken Juliane Nagel fest. Die Stadt hatte diesen Status im September 2021 beantragt, weil das im Juni 2021 in Kraft getretene Baulandmobilisierungsgesetz ihr neue Instrumente an die Hand gibt, um kommunalen Wohnraum zu schaffen.

Einige dieser Instrumente können freilich nur genutzt werden, wenn die Landesregierung für das jeweilige Gebiet per Rechtsverordnung einen angespannten Wohnungsmarkt festgestellt hat. Zu diesen Instrumenten zählen das erweiterte Vorkaufsrecht, das erweiterte Baugebot oder das erleichterte Abweichen vom Bebauungsplan. Zudem kann die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen eingeschränkt werden.

Kein Interesse zu handeln

Dass die Staatsregierung geradezu keine Lust hatte, sich mit dem Antrag aus Leipzig überhaupt zu beschäftigen, machte die Antwort von Regionalminister Thomas Schmidt (CDU) vom 27. September 2021 deutlich:

„Die Staatsregierung ist nicht der Ansicht, dass die Voraussetzungen eines angespannten Wohnungsmarktes für die einzelnen staatlichen Eingriffe in den Wohnungsmarkt identisch sind. Jeder staatliche Eingriff in den Wohnungsmarkt bedarf einer gesonderten Betrachtung der Voraussetzungen, auch wenn der Bundesgesetzgeber für die staatlichen Eingriffe den identischen Begriff ‚angespannter Wohnungsmarkt’ verwendet. So betrifft beispielsweise die abgesenkte Kappungsgrenze ausschließlich Bestandsmieten, die Mietpreisbremse ausschließlich Neuvertragsmieten.

Für ein Umwandlungsverbot nach § 250 Baugesetzbuch (BauGB) reicht allein das Vorhandensein der Voraussetzungen für die vorgenannten staatlichen Eingriffe nicht aus. Vielmehr müssen zusätzlich das Umwandlungsgeschehen und das Umwandlungspotenzial betrachtet werden, um feststellen zu können, ob ein angespannter Wohnungsmarkt im Sinne von § 201a BauGB vorliegt.“

Deutlicher konnte der Minister gar nicht formulieren, dass ihn die Novellierung des Baugesetzbuches vom 14. Juni 2021 nicht interessierte. Und Juliane Nagels Frage „Prüft oder plant die Staatsregierung den Erlass von Verordnungen nach § 201a und oder § 250 BauGB?“ empfand er geradezu als Einmischung in die Regierungsarbeit und verweigerte die Antwort.

Juliane Nagel, wohnungspolitische Sprecherin der Linksfraktion, hat deshalb erneut bei der Staatsregierung zum Stand der Prüfung nachgefragt (Drucksache 7/10957).

Mutwillige Verzögerung?

„Die Staatsregierung verwehrt der Stadt Leipzig weiter dringend notwendige Mittel, um sozial regulierend in den Wohnungsmarkt einzugreifen. Dabei zeigen die Daten des jährlichen Grundstücksmarktberichtes, dass gerade die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen ein handfestes Problem darstellt“, kommentiert Juliane Nagel die Verweigerungshaltung der Staatsregierung.

„Sie erlaubt nicht nur ein lukratives Geschäft mit dem Gemeinwohl Wohnraum, sondern bedeutet häufig Entmietung, zum Beispiel durch Eigenbedarfskündigungen. So ist es etwa in Wohnblöcken in der Kantstraße in der Leipziger Südvorstadt zu erwarten.“

Aus Sicht von Juliane Nagel ist das alles nur mutwillige Verzögerungstaktik.

„Erneut verzögert und verhindert die Staatsregierung mit fadenscheinigen Argumenten den Schutz von Miethaushalten sowie die Stärkung von Wohnungs- und Bodenpolitik in öffentlicher Hand. Schon die Mietpreisbremse wurde anderthalb Jahre später als geplant eingeführt – ich kann hier nur eine mutwillige Verzögerungstaktik unterstellen“, sagt die Leipziger Landtagsabgeordnete.

„Ich fordere, dass die Angespanntheit des Leipziger Wohnungsmarktes endlich festgestellt wird. Besonders absurd: Die Kriterien für diese Feststellung des angespannten Wohnungsmarktes nach Baulandmobilisierungsgesetz sind dieselben wie diejenigen im Bürgerlichem Gesetzbuch, das die Mietpreisbremse und die Kappungsgrenze bei Mieterhöhungen regelt. Beide Instrumente gelten für die Stadt Leipzig!“

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