Am Wochenende möchte die „Bild“ auf den Trikots von Fußballclubs für ihre Kampagne „Wir helfen“ werben. Einige Vereine haben sich bereits dazu entschlossen, daran nicht teilzunehmen. Nun regt sich auch in der Fanszene von RB Leipzig Widerstand. Ob der Verein noch kurzfristig darauf eingehen wird, ist zur Stunde offen.

Dass die sogenannte „Bild“-Zeitung unlängst ihr Herz für Geflüchtete entdeckt hat, sorgte bereits für einige Verwunderung und Skepsis. Zugleich fällt es vielen schwer, an einer Beilage für Flüchtlinge in arabischer Sprache etwas Negatives zu finden. Auch kann es kaum schaden, wenn ein Medium dieser Größe nun für einen menschenwürdigen Umgang mit Geflüchteten wirbt. Gleichwohl schwebt über allem der Verdacht, dass es „Bild“ dabei weniger um die gute Sache als vielmehr um das eigene Image und den Verkauf von Zeitungen geht. Denn so richtig nachzuvollziehen ist dieser Umschwung nicht, nachdem in den Jahren davor eifrig gegen jene Personen, die nun in Schutz genommen werden sollen, Stimmung gemacht wurde.

Eine aktuelle PR-Kampagne – zumindest wird sie überwiegend als solche wahrgenommen – stößt nun auf starken Widerstand. Am Wochenende sollen sämtliche Teams der ersten und zweiten Fußball-Bundesliga mit dem Logo der „Bild“-Kampagne „Wir helfen“ auf den Trikots auflaufen. Als erstes Team entschied sich der FC St. Pauli dazu, an dieser Aktion nicht teilzunehmen. Einige andere Zweitligisten wie der SC Freiburg oder der 1. FC Nürnberg schlossen sich dem an.

Bei weiteren Vereinen, die nach aktuellem Stand mit dem Logo auflaufen werden, stellt sich zumindest die aktive Fanszene gegen eine Teilnahme. So waren etwa beim gestrigen Europapokalspiel von Borussia Dortmund zahlreiche Banner auf der Südtribüne zu sehen, die für einen Boykott der Kampagne warben. Am späten Abend veröffentlichten nun auch die Red Aces, eine Fangruppe von RB Leipzig, eine Stellungnahme zum Thema.

Darin heißt es: „Die Zeitung kriminalisiert und pauschalisiert Migranten und Flüchtlinge seit Jahren, indem sie der rassistischen Stimmungsmache der geistigen Brandstifter eine Plattform bietet. Immer wieder tauchen dubiose Statistiken und reißerische Analysen auf, mit denen sich der rechte Rand Legitimation verschafft. Jetzt springt das Boulevardblatt plötzlich auf den, in den letzten Wochen und Tagen gut ins Rollen gekommenen, „Refugees Welcome-Zug“ auf und versucht, diesen offensichtlich für sich zu nutzen.“

Eine direkte Aufforderung, an der Aktion nicht teilzunehmen, enthält die Stellungnahme nicht, stattdessen jedoch einen Appell an Fans und Verein, selbständig aktiv zu werden und sich für Geflüchtete zu engagieren: „Wir fordern den Verein dazu auf, eigene und autonome Wege des gesellschaftlichen und antirassistischen Engagements zu gehen, fernab von diskontinuierlichen und substanzlosen Kampagnen.“

Mehrere Fanclubs haben sich diesem Appell bereits angeschlossen, darunter der „Bulls Club“, einer der mitgliederstärksten. „Diese Aktion gehört definitiv nicht zu den Aktionen, die man tun muss und schon gar nicht in Zusammenarbeit mit einer Zeitung, die mutmaßlich dazu beigetragen hat, Ressentiments gegenüber Asylbewerben zu schüren“, heißt es auf seiner Facebookseite.

In den vergangenen Wochen gab es von Fans und Verein zahlreiche Aktionen unter dem Motto „Refugees Welcome“. RB Leipzig spendete beispielsweise 50.000 Euro für den Bau eines Bolzplatzes in der Torgauer Straße und betreut die Initiative „Willkommen im Fußball“ für geflüchtete Kinder und Jugendliche. Die Spieler brachten eigene Kleidungsstücke zu den Annahmestellen. Zuletzt ermöglichte der Verein auf Faninitiative 700 Geflüchteten, begleitet von 200 Paten, den Besuch eines Heimspiels. „Die Planungen für weitere und gezieltere Aktionen laufen auf Hochtouren“, heißt es im Statement der Red Aces.

Das nächste Spiel der Rasenballer findet bereits heute Abend in Heidenheim statt (Anstoß 18:30 Uhr). Auf diesem liege, laut Verein, derzeit der Fokus. Ob die RB-Spieler dann mit “Wir helfen”-Logo auflaufen werden, bleibt somit vorerst offen. Die „Bild“ hat die Maske derweil schon wieder fallen lassen. Aus der Ankündigung des FC St. Pauli, sich an der Marketing-Aktion nicht beteiligen zu wollen, schlussfolgerte Chefredakteur Kai Diekmann: „Kein Herz für Flüchtlinge“. Gerade bei diesem Verein ein offensichtlicher Blödsinn.

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

René Loch über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar