Für FreikäuferLEIPZIGER ZEITUNG/Auszug Ausg. 66Ihre sportliche Laufbahn begann mit Ballett. „Das war aber nicht so meins“, gesteht Alisa Fatum und beendete dieses Experiment nach einem Jahr wieder. Im Alter von 8 Jahren zog es sie nun zum Schwimmen. Sie blieb dieser Sportart bis heute treu – genau wie ihrem Verein SSV Leutzsch.

Die sportlichen Erfolge blieben für die Leipzigerin – die bevorzugt auf der 800 und 1.500 Meter Strecke unterwegs ist – aber auf den sächsischen und nationalen Rahmen beschränkt. „Bei den Deutschen Masters habe ich über 800 Meter Freistil den Altersklassenrekord aufgestellt. Das war für mich einer der größten Erfolge.

Im Freiwasserschwimmen waren die Sächsischen Meisterschaften und die Deutschen Jahrgangsmeisterschaften das Höchste“, zählt die 24-Jährige auf. Damit wollte sich Fatum aber noch nicht zufrieden geben, denn: „Es war schon immer mein Traum, auch mal zu einer Weltmeisterschaft zu fahren, aber das war im Beckenschwimmen nicht greifbar.“ Vor ein paar Wochen ging ihr WM-Traum trotzdem in Erfüllung – im Eisschwimmen.

Doch wie kommt man als Schwimmerin auf die Idee, das warme Becken zu verlassen und sich durchs Eiswasser zu quälen? „Ich habe einfach neue Herausforderungen gesucht und vor etwa vier Jahren das Freiwasserschwimmen für mich entdeckt. Dann habe ich im Internet im Schwimmkalender gelesen, dass es auch über die kalte Jahreszeit hinweg Wettkämpfe gibt. So bin ich auf das Eisschwimmen gestoßen“, erklärt die gelernte Physiotherapeutin.

Seit letztem Sommer hatte sich Fatum dann zielstrebig auf ihre Premiere als Eisschwimmerin vorbereitet. Bis in den Winter hinein drehte sie eisern zwei- bis dreimal pro Woche ihre Runden durch den Kulkwitzer See und gewöhnte sich so allmählich an die sinkenden Wassertemperaturen. „Das Kälteste, das wir hier hatten, waren 2,9 Grad, das war schon ganz ordentlich“, so Fatum.

Zu ihrem allerersten Wettkampf sollte das Wasser dann sogar noch deutlich kälter sein. Ganze 1,4 Grad hatte das eisige Nass im Januar 2019 bei den German Open im Eisschwimmen in Veitsbronn (Bayern) zu bieten. Das flößte selbst den alten Eis-Hasen Respekt ein.

„Ich war vor meinem Start zu den 1.000 Metern definitiv sehr aufgeregt. Denn die Hartgesottenen hatten mir ein bisschen Angst gemacht, als sie sagten, dass es doch sehr kalt ist und sie sich unsicher sind, ob das hier alles gut klappen wird. So bin ich mit viel Adrenalin gestartet, und es war am Ende gut.“

Gut ist dabei natürlich mächtig untertrieben. Alisa Fatum gewann nicht nur ihren Wettbewerb, sondern stellte mit einer Zeit von 12:48,7 Minuten so ganz nebenbei noch einen neuen Weltrekord auf! Sie unterbot dabei die bis dahin gültige Marke der Polin Hanna Bakuniak um ganze 17 Sekunden. „Alle waren erstaunt, dass jemand neu dazukommt und dann gleich so schnell schwimmt“, schmunzelt die neue Weltrekordhalterin, die mit dieser Leistung übrigens einen Eintrag ins „Guinness-Buch der Rekorde“ erhalten wird.

Von einem Tag auf den anderen hatte sich die Leipzigerin damit in der Szene einen Namen gemacht. Und plötzlich war die Teilnahme an einer Weltmeisterschaft, von der Fatum schon so lange geträumt hatte, nur noch Formsache. Im März erfüllte sich schließlich dieser Traum bei den Titelkämpfen im russischen Murmansk.

Ihr Verein, der SSV Leutzsch, hatte seiner Sportlerin aus Anerkennung für den Weltrekord die Startgebühr von 132 Dollar spendiert. Zudem waren nun auch Sponsoren auf die junge Frau aufmerksam geworden und rüsteten Fatum mit hochwertigem Material aus. Denn: „Wenn man an einem internationalen Wettkampf teilnimmt, sollte man schon mit Material antreten, das einen wirklich unterstützt. Da kann es um Hundertstel gehen.“

Doch das hat natürlich seinen Preis. Ein für den Wettkampf optimaler Badeanzug kostet z. B. 430 Euro. Dazu kommen Schwimmbrille (60 Euro), Badekappe (20-30 Euro), Wärmemantel (150-200 Euro) und noch einiges Zubehör mehr.

Diese Ausgaben blieben der Leipzigerin somit erspart, allerdings hatte sie immer noch die Reisekosten zu stemmen. „Das haben mir meine Eltern finanziert“, erzählt Fatum. „Es wäre schön, noch einen Sponsor zu finden, der mich hinsichtlich der Wettkampfreisen unterstützt, die ich künftig finanzieren muss.“

Argumente dafür lieferte sie in Murmansk gleich mit dazu: Sie holte über die 1.000 Meter Freistil (nun fast schon erwartungsgemäß) WM-Gold und ist somit über diese Distanz seit ihrem Einstieg ins Eisschwimmen unbesiegt. Eine zweite WM-Goldmedaille legte sie dann mit der 4 x 250 Meter Staffel nach. Da zusätzlich im selben Rahmen auch noch Weltcup-Wettkämpfe ausgetragen wurden, angelte sich Fatum gleich noch drei weitere Medaillen:

Gold war es über 500 Meter Freistil und jeweils Silber über die 50 Meter Delphin und Freistil. „Beim Eisschwimmen ist es bisher noch nicht passiert, dass ich ohne Medaille wieder aus dem Wasser gekommen bin. Das motiviert natürlich, zu wissen, dass man alles richtig gemacht hat und sich die investierte Kraft und die Anstrengungen gelohnt haben“, so das Fazit der Studentin für Gesundheits- und Pflegewissenschaften.

Die Saison ist für die 24-Jährige nun erst mal vorbei. Im Kulki zieht sie trotzdem noch hin und wieder ihre Runden, wenn es die Zeit erlaubt. Alisa Fatum wird im Sommer wie gewohnt ihre Freiwasser-Saison schwimmen. Und wenn es dann wieder eisig wird in den Gewässern, müssen für die amtierende Weltmeisterin und Weltrekordhalterin langsam neue Träume her.

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