Anlässlich des 90. Geburtstags von Günter Thiele (* 1930) zeigt die Galerie Schwind Leipzig vom 18. August bis 19. September 2020 eine Einzelausstellung des Leipziger Malers. Günter Thiele, der an der Hochschule für Bildende Künste Berlin-Charlottenburg Malerei studierte, gilt als stiller Beobachter und Topograf seiner Umwelt.

Seine deutlich durch die Berliner-Schule der 1950 Jahre angeregten Stadtbilder gehören heute zu einer künstlerisch wichtigen Position innerhalb der Leipziger Malerei. Thiele, der bereits 1949 in Leipzig angefangen hatte Malerei zu studieren, entscheidet sich erst in seiner Studienzeit in Berlin von 1959-1960 für einen realistischen Ansatz und es entstehen erste konkrete Beispiele einer realistischen Malerei, die er bis heute beibehalten hat.

Zentraler Themenkomplex seines Oeuvres und der Ausstellung bilden die Leipziger Stadtbilder. In ihnen skizziert Thiele ganz unaufgeregt das tägliche Leben und setzt zumeist schemenhaft wirkende Figuren in Kulissen bestehend aus Straßenfluchten, Häuserzeilen, Garten- und Parkanlagen. Der narrative Moment tritt dabei völlig zurück, Aktionen und Blickachsen werden vermieden. Vielmehr geht es Thiele um das Erfassen eines stimmungshaften Augenblicks.

Die strenge Perspektive seiner Architekturszenerien, die Vermeidung eines dramatischen Licht-Schatten-Spiels, die Unaufdringlichkeit und Transparenz der eingesetzten, tonigen Farben und die reduzierte Malweise bewirken beim Betrachter einen Zustand der Entschleunigung und Stille, aber auch der Melancholie.

Viele der gemalten Stadtansichten sind heute in dieser Form nicht mehr vorzufinden und so wurde der Künstler durch seine Arbeiten gleichzeitig auch zu einem Chronisten der Stadt, die sich im Laufe der Zeit so stark gewandelt hat. Auch seine Eindrücke aus Paris, Berlin oder Italien ähneln sich in der konsequenten Reduzierung auf die wesentlichen Details.

In den jüngeren Arbeiten des Künstlers, der weiterhin täglich im Atelier arbeitet, rückt die Figur zusehends in den Mittelpunkt seiner Sujets. Thiele findet viele seiner Figuren auf der Straße, beim Vorbeigehen oder bei unterschiedlichen Veranstaltungen aber auch seine Familie, seine Frau und die zwei Töchter finden Eingang in seine Gemälden, in den späteren Jahren auch sein Enkel.

Aber auch in den Szenen von Tanzenden, Schauspielern auf der Theaterbühne oder Einzelporträts erkennt man die einzigartige Handschrift des Künstlers und sein Talent, alltägliche Szenen als stille Momente einzufangen.

Die neue Leipziger Zeitung Nr. 81: Von verwirrten Männern, richtigem Kaffee und dem Schrei der Prachthirsche nach Liebe

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