Am 5. Februar präsentierte der große schwedische Energiekonzern Vattenfall sein Geschäftsergebnis für 2014. Dass es weniger berauschend als in den Vorjahren ausfallen würde, war zu erwarten. Auch dass die Geschäftsführung noch einmal erwähnen würde, dass man sich von der Braunkohlesparte trennen will. Eine Botschaft, die natürlich vor allem den Braunkohle-Träumern in Sachsen und Brandenburg gilt, wo Vattenfall seine größten Kraftwerkskapazitäten stehen hat.

Im Herbst waren ja reihenweise Regierungsmitglieder aus Sachsen und Brandenburg nach Schweden gefahren, um mit der schwedischen Regierung über den Erhalt der Braunkohlewirtschaft in der Lausitz zu reden. Auch die Grünen waren hingefahren, hatten aber die Gespräche mit der rot-grünen Minderheitsregierung in Stockholm völlig anders interpretiert und vor allem auch den Hinweis mitgenommen, dass zum Wunsch der neuen schwedischen Regierung, aus der fossilen Energiegewinnung auszusteigen, auch der knallharte wirtschaftliche Faktor kommt: Wenn Kohle sich nicht mehr rechnet, stößt Vattenfall auch schon aus eigenem wirtschaftlichen Interesse seine Kohlekraftwerke und Tagebaue ab.

Und Fakt ist: Gäbe es nicht die millionenschweren Subventionen für die Energiegewinnung aus Kohle, wäre das Ganze auch für Vattenfall längst ein Minusgeschäft. Man kann zwar durch die hohe Subventionierung aus Braunkohle recht billigen Strom produzieren – aber das bringt an den Strombörsen kaum noch richtig Geld ein. Ein Zustand, den Magnus Hall, Präsident und CEO von Vattenfall, am Donnerstag, 5. Februar, mit den Worten beschrieb: “2014 war ein ereignisreiches und schwieriges Jahr, das von einer schwachen Nachfrage, dem Überangebot an Produktionskapazitäten und fallenden Strompreisen geprägt war. Die Nachfrage wurde zusätzlich durch die warme Witterung gemindert.”

Mit Kohle ist da keine Perspektive mehr zu gewinnen. Die Wertberichtigungen lagen 2014 fast genauso hoch wie das Betriebsergebnis. Und Hall bestätigt noch einmal, dass der Konzernumbau längst begonnen hat: “Um unseren Kunden verstärkt nachhaltige Lösungen anbieten zu können, werden wir ein europäisches Unternehmen bleiben. Außerdem werden wir ein Stromerzeuger sein, der seinen Schwerpunkt auf emissionsfreie oder emissionsarme Lösungen legt.”

Heißt im Klartext eben auch: Es werden weiter Käufer für die Braunkohlesparte gesucht.

Ein Vorgang, den Dr. Gerd Lippold, energiepolitischer Sprecher der sächsischen Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, als “offensichtlichen Versuch, das Thema in der öffentlichen Diskussion zu halten”, beschreibt. Immerhin hatte Magnus Hall bestätigt, Vattenfall wolle nun das Braunkohlegeschäft noch in diesem Jahr verkaufen. Der Aufsichtsrat des Unternehmens hatte die Suche nach Käufern schon im vergangenen Jahr auf den Weg gebracht. Doch für eine derart schwierige Branche binnen eines Vierteljahres Käufer zu finden, ist nicht leicht. Denn einen neuen Aufschwung des Kohlegeschäfts scheint man nicht wirklich erwarten zu können.

“Auch die kürzlich erfolgte Aussage des Unternehmens, man habe eine Investment-Bank eingeschaltet, stellt nicht etwa eine Neuigkeit dar, sondern beschreibt seit zwei Monaten den Istzustand“, kommentiert Lippold die Meldung vom Donnerstag. Bereits am 24. November 2014 war bekannt geworden, dass Vattenfall die Citi-Bank mit der Begleitung des Verkaufsprozesses beauftragt hatte. „So einer Beauftragung folgt ein Prozess zur Aufbereitung und Präsentation von Daten sowie zur Erstellung eines Angebotsprospektes.“

Und so eine Beauftragung schließt auch ein, die Rentabilität der Branche zu ermitteln. Je weniger Aussicht auf eine Rendite besteht, umso geringer sind natürlich die Angebote. Wenn überhaupt welche kommen.

“Erst wenn frühestens im zweiten Quartal 2015 potenziellen Käufern ein fundiertes Angebot unterbreitet werden kann, wird sich erweisen, in welchem Verhältnis Chancen und Risiken der Braunkohleverstromung im 21. Jahrhundert aus Käufersicht tatsächlich stehen. Erst dann wird auch die schwedische Regierung als Eigentümerin ihre Position zum Verkaufsprozess festgelegt haben”, so Lippold. Der in einem Verkauf nicht unbedingt bessere Chancen für die in Bergbau und Kraftwerken Beschäftigten sieht. Immerhin wird hinter den Kulissen von einem Interesse der Mibrag gemunkelt, nur die genehmigten Tagebaue übernehmen zu wollen, um damit Kraftwerke in Tschechien zu beliefern.

Die Grünen in Sachsen und in Brandenburg, so Lippold, forderten Vattenfall deshalb dazu auf, für den schrittweisen, sozialverträglichen Ausstieg aus der Braunkohleverstromung selbst die Verantwortung zu übernehmen, statt sich in schwieriger werdenden Zeiten nun einfach zurückzuziehen, nachdem das Unternehmen in den letzten zwei Jahrzehnten in diesem Geschäft Milliarden verdient habe.

Sollte sich Vattenfall jedoch dazu entschließen, aufgrund der eigenen Klimaschutzziele die Sparte zu verkaufen, so trage das schwedische Staatsunternehmen auch im Verkaufsprozess hohe moralische Verantwortung dafür, dass ein künftiger Erwerber bestehende unternehmensethische Standards nicht aushöhle, findet Lippold. Die Hauptverantwortung für die Konsequenzen in Sachsen trage jedoch die sächsische Staatsregierung. Die hält noch immer an der Braunkohleverstromung fest, obwohl sie die Entwicklung an den Strommärkten kennt. Und sie hat bis heute keine Strategie entwickelt, das Auslaufen von Kohleförderung und Kohleverstromung aktiv zu gestalten und auch die Folgen für die Beschäftigten abzudämpfen. Denn wenn das Ende unvorbereitet kommt, landen die Kosten recht schnell beim Land – und damit mal wieder beim Steuerzahler. Ein durchdachtes Ausstiegskonzept würde an dieser Stelle vorsorgen.

„Wir werden sehr genau hinschauen, wenn etwa versucht werden sollte, durch Zusagen und Garantien seitens der Staatsregierung Risiken von den potenziellen Erwerbern weg auf die Bürgerinnen und Bürger in Sachsen zu verlagern”, erklärt Lippold. “Das Fiasko mit der Sächsischen Landesbank sollte teure Mahnung sein. Die potenziellen Folgen einer strandenden Braunkohlenpolitik könnten uns allen ungleich teurer zu stehen kommen.“

Jetzt warten alle wieder gebannt auf das Frühjahr. Im 2. Quartal will Vattenfall nun ein fundiertes Angebot vorliegen haben. Wenn es einen ernsthaften Bieter gibt.

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Ralf Julke über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Keine Kommentare bisher

“Braunkohleverstromung wird immer unrentabler”
Mal ehrlich jetzt – woher sollte Vattenfall das denn vorher wissen, wie unrentabel so was werden kann.
Die Zusammenhänge sind sicherlich sehr viel größer, als dass es nur irgendwer im Ansatz erahnen kann.

Und das die Regierenden in Massen, gleich welcher Farbe zugehörig, sich noch ein paar schöne nutzlose Tage in Schweden machten, muss man schon verstehen. Hätte jeder andere Mensch auch noch schnell mitgenommen.

Möge nur ein geistesheller Blitz die hiesigen Verantwortlichen treffen und Sachsen vor der Übernahme einer gestrigen Industrie bewahren.
Mal ehrlich – so dumm kann kein Mensch sein und darauf noch einen halben Pfennig setzen.

Schreiben Sie einen Kommentar