Seit Monaten lässt die MIBRAG Braunkohle vom Kohle-Misch-und Stapelplatz Peres wochentags täglich 24 Stunden zur Bahnverladestation im Tagebau Profen fahren. Doch davon will man weder bei der Regierung Sachsens noch Sachsen-Anhalts etwas wissen. Der L-IZ liegt jedoch jetzt ein Auszug aus dem Hauptbetriebsplan des Tagebaus Profen der MIBRAG vor. Und der ist eindeutig.

Jens Hausner ist einer der Akteure der Initiative “Pro Pödelwitz”, jenes Dorfes im Leipziger Südraum, das von der MIBRAG abgebaggert werden soll. Sieben Familien weigern sich jedoch nach wie vor standhaft, das Dorf zu verlassen. Hausner will nicht einsehen, dass im Südraum Dörfer weichen müssen, damit unter anderem tschechische Kraftwerke befeuert werden können: “Es ist nicht mehr nachvollziehbar, welchen Zweck diese Kohle aus dem Tagebau Schleenhain erfüllt, wenn genehmigungspflichtige Stellen nicht mal Kenntnis von Braunkohlelieferungen aus dem Mitteldeutschen Revier besitzen.”  Weiterhin argumentiert er: “Die Bürger von Heuersdorf mussten ihr Dorf devastieren lassen, weil nur so, begründet im Heuersdorfgesetz, eine ausreichende Versorgung des Kraftwerkes Lippendorf mit Braunkohle über seine gesamte Laufzeit zu gewährleisten war.”

Ist es wirtschaftlich, Kohle hunderte Kilometer zu transportieren?

Dabei wurde die von den Heuersdorfern damals angetragene Option, fehlende Kohle mit Lkw´s aus Profen anzufahren, einst noch als unwirtschaftlich abgewiesen. Nun scheint das alles kein Problem mehr?  Jens Hausner versteht die Welt nicht mehr und fragt sich: “Warum ist es wenige Jahre danach wirtschaftlich, Kohle nicht bloß 20, sondern hunderte Kilometer zu transportieren? Das offenbart ein unverantwortliches Geschäftsgebaren der MIBRAG gegenüber den Bürgern in unserer Region. Spenden der MIBRAG gegenüber Kommunen dienen damit sicher nur zur Schaffung einer Abhängigkeitsloyalität.”

Einen für die Region üblen Geschmack bekämen die Braunkohlelieferungen der MIBRAG nach Tschechien außerdem dadurch, so Hausner, dass – aufgrund eines 2012 abgeänderten tschechischen Bergbaugesetzes – in Tschechien keine erzwungenen Grundabtretungen zum Zwecke der Braunkohleförderung mehr möglich seien. Doch die tschechischen Braunkohlekraftwerke gehören ebenfalls den Anteilseignern der MIBRAG und haben genehmigte Laufzeiten bis mindestens 2040. Dafür soll die Kohle also nun offenbar dauerhaft aus Sachsen kommen. Jens Hausner weiter: “Damit werden in unserer Region weiter Dörfer und wertvolles Siedlungsgebiet mit hochwertiger landwirtschaftlicher Nutzfläche zerstört, nur um rein wirtschaftlichen Interessen der MIBRAG gerecht zu werden. Enteignungen, welche in Tschechien nicht mehr möglich sind, werden einfach in Mitteldeutschland durchgeführt. Alle Entscheidungsträger müssen dazu angehalten werden, nachzudenken, was dem Wohle unserer Region dient, auch vor dem Hintergrund, dass die Braunkohleindustrie vom deutschen Steuerzahler exorbitant subventioniert wird.”

Tschechische Kraftwere Komorany und Opatovice  als Abnehmer

Auch Stefan Schroeter befasst sich in seinem Beitrag mit genau diesem Problem. Der Energie-Journalist und Experte für die Region Ostdeutschland sowie für Mittel- und Osteuropa: “Das LABG Landesamt für Geologie und Bergwesen Sachsen-Anhalts wird demnächst darüber entscheiden, ob der Braunkohleförderer Mibrag seine fragwürdigen Langstrecken-Transporte nach Niedersachsen und Tschechien fortsetzen kann oder nicht. Derzeit läuft der bergrechtliche Zulassungsprozess für den Hauptbetriebsplan des Mibrag-Tagebaus Profen, der im Zeitraum vom 1. April 2015 bis zum 31. März 2017 gelten soll.”

In diesem Hauptbetriebsplan wird das relativ nahe Kraftwerk Schkopau als Hauptabnehmer genannt. Als weitere Abnehmer der Profener Braunkohle sind unter anderen das Kraftwerk Buschhaus in Niedersachsen sowie die tschechischen Kraftwerke Komorany und Opatovice aufgeführt. Langstrecken-Transporte von Rohbraunkohle, so der Journalist weiter,  seien aus Umweltsicht fragwürdig und galten bisher auch als unwirtschaftlich. Denn diese unverarbeitete Kohle bestehe zur Hälfte aus Wasser, so dass der Energieaufwand für den Transport in einem ungünstigen Verhältnis zum transportierten Energieinhalt stehe.

Devastierung durch Kohle-Abbau. Foto: Matthias Weidemann
Devastierung durch Kohle-Abbau. Foto: Matthias Weidemann

Heuersdorfer Kohle für den Export

Schroeter in seinem Beitrag weiter: “Mittlerweile verdichten sich die Anzeichen dafür, dass es nicht nur Braunkohle aus dem Tagebau Profen ist, die mit der dortigen Bahn-Verladestation auf weite Reise geschickt wird. Der frühere Energieberater der Gemeinde Heuersdorf, Jeffrey Michel, berichtet, dass schon seit mehreren Monaten große Mengen Rohbraunkohle aus dem sächsischen Mibrag-Tagebau Vereinigtes Schleenhain per Lastkraftwagen zur Bahnverladung nach Profen gefahren werden.”

Jens Hausner stößt ins gleiche Horn: “Die Schleenhainer Kohle war angeblich früher als unverzichtbar für den Betrieb des benachbarten Kraftwerks Lippendorf. “Nicht zuletzt deshalb sei Heuersdorf nach jahrelangem Widerstand im Jahr 2009 weggebaggert worden. Auch in diesem Zusammenhang sind die Reaktionen der sächsischen und sachsen-anhaltischen Regierungen mehr als unverständlich. Energiewirtschaft unter diesen Vorzeichen käme bei den betroffenen Bürgern nämlich nicht wirklich gut an. Und Transparanz, ein oft von Politikern strapazierter Begriff, sieht wohl wirklich ganz anders aus.

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Es gibt 2 Kommentare

Welchen Bruch eines Amtseides?
Ich sehe das seit langem nur noch als unverbindliche Absichtsfloskel der in die “freie Wirtschaft” strebenden und um maximale Gewinnoptimierung bemühter Parteimitglieder an.

In meinen Augen ein Skandal. Wenn jetzt nicht der Stopp der weiteren Devastierungen die Folge ist, kann man den verantwortlichen Politikern den Bruch ihres Amtseides attestieren, zum Wohle des Landes und der Menschen zu handeln…

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