Es ist ein Hasardspiel, das Sachsens Regierung da in der Lausitz betreibt. Nicht nur, weil mit dem sturen Beharren auf dem Erhalt der Kohleverstromung noch auf Jahrzehnte eine Technologie verteidigt wird, die umweltschädlich ist. Schon jetzt leiden die Kommunen in den Braunkohlerevieren unter dem Gewinneinbruch der Konzerne. Und damit kommt auch die Finanzierung der Kommunalhaushalte ins Rutschen.

Auch in der Lausitz bilden Gewerbesteuern für die Kommunen die Haupteinnahmequelle. Das trug über Jahre zur einigermaßen stabilen Gemeindefinanzierung bei. Doch damit ist es vorbei, seit der Energieriese Vattenfall mit den Kohlekraftwerken in der Lausitz keine Gewinne mehr einfährt. Und das schlägt – so ist nun einmal das deutsche Steuerrecht – auch noch nachträglich heftig ins Kontor. Denn für die zurückliegenden Jahre sind die Kommunen nun auch noch mit Steuerrückforderungen konfrontiert.

Für die Linksfraktion im sächsischen Landtag ein Signal, den Freistaat endlich zum aktiven Eingreifen zu bewegen. Sie hat jetzt extra einen Antrag namens „Sächsische Kommunen mit den steuerrechtlichen Auswirkungen der Energiewende nicht allein lassen!“ eingereicht.

„Einige sächsische Kommunen sind derzeit verstärkt von Strukturumbrüchen betroffen. In der Lausitz betrifft das vor allem die Vattenfall-Standorte. Hier brechen den Kommunen nicht nur künftige Einnahmequellen weg. Speziell Vattenfall belastet mit massiven Gewerbesteuerrückforderungen für zurückliegende Jahre die ohnehin gebeutelten kommunalen Haushalte“, kommentiert die Lausitzer Landtagsabgeordnete Kathrin Kagelmann diesen Vorstoß.

Nicht zum ersten Mal hole die Realität sächsische Landespolitik ein, meint sie. Wohl mehr in der Hoffnung, die Regierung ließe sich endlich einholen in der eifrigen Flucht vor dem Thema „Wie sieht die Zukunft der Lausitz aus?“

Der Energie-Sprecher der CDU-Fraktion Lars Rohwer hatte ja schon davon geredet, man wolle die Braunkohleverstromung noch auf 50 Jahre in der Lausitz als „Brückentechnologie“ erhalten. Er hat nur nicht verraten, wie er das bezahlen will. Denn eine Technologie, die schon allein aufgrund der gefallenen Strompreise an der Börse nicht mehr kostendeckend arbeiten kann, ist nun einmal keine Brückentechnologie, sondern ein Zuschussgeschäft. Welches sich der Konzern Vattenfall nicht mehr leisten will – deswegen will er ja die ganze Braunkohle-Verstromung in der Lausitz verkaufen und nicht in eigener Regie zurückbauen.

Denn der Verkauf hat ja nichts mit der Senkung der Umweltbelastung zu tun, unter welchem Label er betrieben wird. Der Zeitpunkt, dass die Kohlekraftwerke geregelt und planmäßig beginnen vom Netz zu gehen, ist längst gekommen. Doch den Zeitpunkt, das mit den Kohlekonzernen gemeinsam zu regeln, hat auch die sächsische Regierung verpasst. Und dabei ist gerade für die Lausitz ein gestalteter Strukturwandel unerlässlich.

„Die vom Bund eingeleitete Energiewende ist klimapolitisch unerlässlich, und sie gewinnt an Fahrt“, betont Kagelmann. „Ausdruck dafür ist der Verkauf der Braunkohlesparte von Vattenfall. Die Lausitz ist nicht erst seit heute strukturschwach. Will Politik in einer solchen Region die unausweichlich gewordene wirtschaftsstrukturelle Neuorientierung sozial verantwortlich organisieren, muss sie den Wandel aktiv steuern – nicht bremsen. Das heißt auch, dass sowohl der Bund, aber insbesondere auch das Land Sachsen Kommunen bei der Bewältigung besonderer Belastungen, die mit dem Strukturwandelprozess einhergehen oder Folgen der Braunkohleförderung sind, wie die teure Neuorganisation der Trinkwasserversorgung, nicht allein lassen darf. Unser Vorschlag für einen Strukturwandelfonds aus der letzten Haushaltsdebatte wurde noch selbstherrlich abgelehnt. Nun sollte die Staatsregierung wenigstens Geld bereitstellen, damit doppelt betroffene Kommunen liquide und damit überhaupt handlungsfähig bleiben.“

Nur sind die finanziell ausgebluteten Kommunen irgendwann nicht mehr handlungsfähig. Jetzt, so Kagelmann, bestünde für das Land noch die Möglichkeit, hier selbst das Zepter des Handelns in die Hand zu nehmen.

„Die durch die Energieproduktion seit Jahrzehnten geprägte Lausitzer Region bietet tatsächlich Perspektiven auch für eine künftige solare Energiegewinnung, für Energiespeichersysteme und die dafür erforderliche Forschungsstruktur“, benennt die Abgeordnete die möglichen Handlungsfelder. „Das Know-how ist vor Ort vorhanden. Wichtig ist endlich ein politisches Signal, dass Landespolitik die Menschen bei der Gestaltung des Strukturwandels nicht allein lässt. Wenn diese Botschaft nicht bald glaubwürdig in der Region ankommt, wird die Jugend attraktivere Ziele suchen und die Lausitz endgültig verlassen.“

Der Linke-Antrag „Sächsische Kommunen mit den steuerrechtlichen Auswirkungen der Energiewende nicht allein lassen!“

In eigener Sache

Jetzt bis 9. Juni (23:59 Uhr) für 49,50 Euro im Jahr die L-IZ.de & die LEIPZIGER ZEITUNG zusammen abonnieren, Prämien, wie zB. T-Shirts von den „Hooligans Gegen Satzbau“, Schwarwels neues Karikaturenbuch & den Film „Leipzig von oben“ oder den Krimi „Trauma“ aus dem fhl Verlag abstauben. Einige Argumente, um Unterstützer von lokalem Journalismus zu werden, gibt es hier.

Überzeugt? Dann hier lang zu einem Abo …

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Ralf Julke über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar