Seit drei Jahren geht das nun so: Der Protest gegen die jährlichen Fahrpreiserhöhungen im Mitteldeutschen Verkehrsverbund (MDV) wächst. Der Leipziger Stadtrat hat ein Konzept zur zukunftsfähigen Gestaltung des MDV gefordert. Ein Gutachten liegt vor, ein Konzept aber nicht. Und im Herbst schloss sich der Kreis, kündigte der MDV an, ohne weitere Fahrpreissteigerungen nicht weitermachen zu können. Da hilft wohl nur noch eine Petition.

Findet zumindest der Landesverband Elbe-Saale des Verkehrsclub Deutschland (VCD). Er hat Anfang Dezember 2014 gemeinsam mit anderen Umwelt- und Mobilitätsverbänden eine Petition gegen die ständigen Fahrpreiserhöhungen im Gebiet des Mitteldeutschen Verkehrsverbundes angestoßen. Hauptanliegen der Petition ist es, den Prozess hin zu einem schlüssigen und nachhaltigen Finanzierungskonzept des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) zu beschleunigen – und das ohne steigende Fahrpreise.

Dieses Konzept hatte der VCD eigentlich erwartet, als seit Sommer gemurmelt wurde aus den Gremien des MDV, dass da ein Papier zirkuliere. Doch was dann im Herbst vorgestellt wurde, war nichts anderes als eine Analyse der Situation, die eigentlich längst bekannt ist: Bund, Länder und Kommunen haben sich in den letzten zehn Jahren massiv aus der Finanzierung des ÖPNV zurückgezogen. Die steigenden Preise mussten aber irgendwie aufgefangen werden – sie wurden natürlich auf die Fahrpreise umgelegt.

Ein Vorgang, de psychologisch sogar funktioniert – wenn parallel auch das Angebot besser wird: neue Fahrzeuge, dichtere Taktzeiten, Zuwächse im Liniennetz. In Städten wie Leipzig und Halle eigentlich kein Unding. Im Gegenteil. Gerade Leipzig als wachsende Stadt hat auch jährlich wachsende Fahrgastzahlen. Die Zahlen stiegen, obwohl sich im Angebot nicht wirklich viel verbesserte.

Aber das ist kein Zukunftsmodell. In den Hauptverkehrszeiten sind Leipzigs Straßenbahnen regelmäßig überfüllt. Automaten funktionieren nicht, Fahrpläne werden nicht eingehalten.

Ein gutes Ă–PNV-System funktioniert so, dass es die Nutzer gar nicht merken, wenn es irgendwo einmal hakt. Dann sind auch steigende Betriebskosten vermittelbar.

Der MDV hat noch ein zusätzliches Problem: Er ist nicht barrierefrei (wenn man von einigen Angeboten für Senioren und Studierende absieht). Wer mehrere Zonengrenzen überfahren muss, weil Wohn- und Arbeitsort so weit auseinander liegen, zahlt tüchtig drauf. Die Zonengrenzen verlaufen mitten durchs LVB-Gebiet. Service ist das nicht – und auch keine Einladung, ohne Extra-Zuschlag etwa ins Leipziger Neuseenland zu kommen. Ein moderner Verbund ist das auch nicht.

Und die Vorstellung des MDV-Gutachtens hat zumindest auch einmal in Zahlen gezeigt, wo das hinführt, wenn alle drei Fördergeldgeber der Meinung sind, sie könnten ihre Zuschüsse einfach mal senken. Die Verkehrsträger würden ja schon noch irgendwo Einsparpotenziale finden. Das haben sie auch getan in den vergangenen zehn Jahren. Sie haben beim Personal gespart, sie haben weniger investiert. Der Investitionsstau liegt im dreistelligen Millionenbereich allein bei den LVB.

Doch das Gutachten hat nicht zu einem Umdenken in den Verwaltungen geführt. Auch Leipzigs Verwaltung will sich noch drei Jahre Zeit lassen, um vielleicht eine Lösung vorzuschlagen. Ohne dass sicher ist, dass diese Lösung dann auch nachhaltig sein wird.

Petition „Schluss mit den Fahrpreiserhöhungen im MDV!“

Da könne wohl nur noch ein lautes „Stopp!“ aus der Bevölkerung helfen, findet der VCD und will möglichst viele Stimmen für die Petition sammeln, die ein Ende der automatischen alljährlich stattfindenden Fahrpreiserhöhungen fordert.

Die Petition „Schluss mit den Fahrpreiserhöhungen im MDV!“ läuft bis zum 7. März und soll mindestens 5.000 Unterzeichner finden, bevor sie an die Petitionsausschüsse der Stadträte und Kreistage im MDV-Gebiet übergeben wird.

Bisher wurden online bereits über 2.700 Unterschriften gesammelt – damit haben nach heutigem Stand 55 Prozent der erforderlichen Unterzeichner die Petition unterschrieben. Gleichzeitig läuft eine Postkarten-Kampagne im gesamten MDV-Gebiet, die von der Leipziger Firma culturtraeger unterstützt wird.

GrĂĽnde fĂĽr eine Unterschrift gibt es mehrere. Der VCD hat die Kommentare auf der Petitionsseite ausgewertet und zeichnet folgendes Bild:

Leipzig: Kritik des ĂĽberdurchschnittlichen Preisniveaus im Vergleich zu anderen GroĂźstädten – wer mit mehreren Personen ĂĽber kĂĽrzere Strecken unterwegs ist, kommt oft mit einem Taxi preisgĂĽnstiger ans Ziel. Zudem könne die angestrebte Verlagerung des Verkehrs vom Auto zum öffentlichen Verkehr nur mit attraktiven Preisen gelingen.

Halle (Saale): Kritik des schlechten Preis-Leistungs-Verhältnisses. Etliche Hallenser erinnern sich noch an die Ausdünnung der HAVAG-Fahrpläne vor einigen Jahren und sehen nicht ein, dafür weiterhin Preissteigerungen deutlich über der Inflationsrate hinzunehmen.

Landkreise im MDV-Gebiet: Viele Pendler beklagen, dass den hohen Preisen abseits der neuen S-Bahn-Linien nur ein dünnes Fahrtenangebot gegenüber steht. Warum die Preise steigen, während Benzin derzeit billiger als zuvor ist, ist für die Unterzeichner nicht nachvollziehbar.

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