Für eine gewisse Aufregung sorgte in den vergangenen Tagen eine Bekanntmachung der Stadt Leipzig für eine Buslinie 64 zum künftigen Naturkundemuseum. Oder ganz amtlich: zur "Erbringung von Verkehrsleistungen im Buslinienverkehr auf der Linie 64". Die soll vom Hauptbahnhof zum künftigen Naturkundemuseum in der Halle 7 der Baumwollspinnerei führen. Die Stadt muss an dieser Stelle vorsorgen, bestätigt Michael Jana, Leiter des Verkehrs- und Tiefbauamtes.

Denn der Stadtrat hat ja nicht nur beschlossen, das Theater Lofft und das Leipziger Tanztheater (LTT) in der Halle 7 der Spinnerei unterzubringen, ab 2020 soll auch das Leipziger Naturkundemuseum hier seinen neuen Standort finden – ein Termin, der seit Kurzem zumindest in Frage steht. Denn durch Bauverzögerungen verschiebt sich auch der Umzug von LTT und Lofft von 2018 ins Jahr 2019.

Der Stadtrat hatte aber die Bedenken aus der vorhergehenden Diskussion aufgegriffen. Denn wenn der Direktor des Leipziger Naturkundemuseums, Dr. Ronny Maik Leder, seine Visionen für das neue Museum umsetzen kann und sie auch funktionieren, werden sich die Besucherzahlen im Leipziger Naturkundemuseum vervielfachen. Dann geht es um Hunderttausende Besucher jedes Jahr, die dann aber auch irgendwie in die Spinnereistraße kommen müssen.

Deswegen gab es auch einen Auftrag des Stadtrates, die ÖPNV-Verbindung zur Spinnerei zu sichern, bestätigt Michael Jana.

“Gemäß Punkt 6 des Stadtratsbeschlusses DS-00517/14-NF-06 vom 20.01.2016 ist das Naturkundemuseum bis spätestens zur Eröffnung des Museumsbetriebes im Jahr 2020 mit einer Direktverbindung an den ÖPNV anzuschließen. Da die Halle 7 auch von weiteren Nutzern (freie Theater) bereits vor Eröffnung des Naturkundemuseums in Anspruch genommen wird, prüfen wir derzeit, ob es sinnvoll ist, noch deutlich eher z. B. zum Fahrplanwechsel 2018 oder 2019 eine verbesserte ÖPNV-Anbindung einzurichten.”

Deswegen soll die Verbindung auch schon zum 16. Dezember 2018 verfügbar sein. Da es ein öffentlicher Auftrag ist, musste er auch entsprechend bekannt gegeben werden – mitsamt dem Hinweis, dass die Stadt damit den eigenen Verkehrsträger LVB beauftragen wird.

Und dort scheint man schon emsig darüber zu grübeln, wie man eine gut praktizierbare Verbindung zur Baumwollspinnerei herstellt.

Michael Jana: “Dazu werden derzeit verschiedene Varianten seitens der Leipziger Verkehrsbetriebe untersucht. Gemäß Punkt 4 des Stadtratsbeschlusses DS-04515 vom 20.09.2017 ist dem Stadtrat bis zum I. Quartal 2018, spätestens jedoch mit der Fortschreibung des Nahverkehrsplanes vorzulegen, wie der Standort Naturkundemuseum in der Halle 7/ Baumwollspinnerei besser an das ÖPNV-Netz angeschlossen wird. Vorsorglich ist eine Vorabbekanntmachung für die Direktvergabe eines öffentlichen Dienstleistungsauftrages für öffentliche Personenverkehrsdienste der Buslinie 64 an einen internen Betreiber der Stadt Leipzig (LVB GmbH) im Europäischen Amtsblatt mit Datum vom 16.11.2017 erfolgt. Die Leistungsbeschreibung umfasst die maximale Linienführung sowie die Beschreibung der Verkehrsleistung von ca. 65.000 Fahrplankilometern im Jahr.”

Das mit dem Nahverkehrsplan wird schwierig, denn der steckt noch in der Pipeline. Wahrscheinlicher ist ein Extra-Beschluss im Stadtrat über die möglichen 200.000 bis 300.000 Euro, mit denen die Stadt so eine Buslinie beauftragen kann.

Zwar sollte im Nahverkehrsplan auch über mehr Tram-Verbindungen nachgedacht werden. Aber erst einmal werden ja im Frühjahr die sechs Mobilitätsszenarien der Stadt zur Diskussion stehen. Diese sollen ja – nach OB Burkhard Jung – erst die Grundlage bilden für den neuen Nahverkehrsplan. Denn wenn sich der Stadtrat für ein wirklich ambitioniertes Mobilitätsszenario entscheidet, dann werden die ÖPNV-Investitionen eine ganz andere Dimension erreichen.

Angedacht ist die Linie zum künftigen Naturkundemuseum derzeit nur als Buslinie.

Michael Jana: “Die neue Buslinie 64 soll dauerhaft zur Erschließung des Spinnereigeländes betrieben werden.”

Sie ist auch nicht als Ersatz für die Straßenbahnlinie 14 gedacht, die für viele Besucher des Spinnereigeländes die nächstliegende Straßenbahnverbindung ist und bei der schon intensiv über eine Taktverdichtung nachgedacht werden muss, da sie mit Plagwitz und Lindenau auch zwei wachsende Ortsteile erschließt.

2018 freilich steht für die 14 ein großes Umleitungsregime an, denn die Plagwitzer Brücke soll ja endlich erneuert werden. Da ist dann eine Fahrt über Käthe-Kollwitz-Straße und Karl-Heine-Straße nicht mehr möglich. Aber an eine Einstellung der Linie denkt die Stadt nicht, betont Michael Jana: “Unabhängig davon wird die Linie 14 nach wie vor Bestand haben. Diese wird während des Baus der Plagwitzer Brücke umgeleitet.”

Aber wäre die 14 nicht der ideale Kandidat, bis zum Naturkundemuseum weiterzufahren?

Nicht unbedingt, stellt Jana fest. Das wollte die Stadtratsmehrheit nicht: “Eine Straßenbahnverlängerung bis zum Naturkundemuseum wird nicht untersucht. Derartige Anträge wurden vom Stadtrat in der oben genannten Stadtratssitzung im September 2017 abgelehnt. Mittelfristig planen die LVB die Linie 14 auf einen 10-Minuten-Takt zu verdichten. Als langfristige Option ist die Verlängerung der Linie 14 über die Saalfelder Straße zur Lützner Straße als Untersuchungsstrecke im Nahverkehrsplan enthalten.”

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