Im mitteldeutschen Streckennetz gibt es ein paar Probleme. Zum Beispiel ein paar wichtige Strecken, die noch immer nicht elektrifiziert sind, so dass dort keine elektrisch betriebenen S-Bahnen fahren können. Nach Grimma zum Beispiel und nach Döbeln. Deswegen hat der ZVNL im neuen „Nahverkehrsplan 2017“ auch angeregt, zum Betrieb auf diesen Strecken künftig wasserstoffbetriebene S-Bahnen zum Einsatz zu bringen. Eine Idee, die technisch heue schon umsetzbar ist.

Für die nächste Ausschreibung des Mitteldeutschen S-Bahn-Netzes prüft der zuständige Zweckverband für den Nahverkehrsraum Leipzig (ZVNL) jetzt ganz bewusst auch alternative Antriebsmöglichkeiten für Strecken, für die vorerst keine Aussicht auf Elektrifizierung besteht. Großes Potenzial haben dabei wasserstoffbetriebene Brennstoffzellenzüge als Ablösung für dieselbetriebene Fahrzeuge auf Strecken, die bislang nicht ins S-Bahn-Netz eingebunden sind.

Sie können auch hier umweltfreundlichen Verkehr schaffen, belegt eine Studie, die die Europäische Metropolregion Mitteldeutschland gemeinsam mit dem ZVNL unter Beteiligung des ostdeutschen Wasserstoffclusters HYPOS in Auftrag gab.

Mit der Folgeausschreibung zum Fahrplanwechsel 2025 soll die direkte Anbindung des Leipziger Stadtgebiets ans Muldental sowie in Richtung Gera verbessert werden. Für die Strecken Leipzig-Grimma-Döbeln und Leipzig-Zeitz-Gera ließ der ZVNL als zuständiger Aufgabenträger des Schienenpersonennahverkehrs nun die Realisierbarkeit von wasserstoffbetriebenen Brennstoffzellenzügen prüfen.

Die beauftragte Machbarkeitsstudie wies nach, dass Brennstoffzellen als Antriebstechnik für den Schienenpersonennahverkehr in Mitteldeutschland grundsätzlich geeignet sind. Der benötigte Wasserstoff ist in der Region verfügbar, Leipzig böte sich als Standort einer Wasserstoff-Tankstelle an. Mit den Brennstoffzellenzügen besteht demnach nicht nur die Möglichkeit eines umweltfreundlichen Zugverkehrs, sondern auch eine Antriebstechnologie, die sich mit Dieselantrieb zu vergleichbaren Kosten verwirklichen ließe.

Die Prüfung der diversen Optionen der Verkehrsbeschaffung sind deshalb nötig, um zukünftig die bisher fehlende Einbindung in das Mitteldeutsche S-Bahnnetz (MDSB) für Strecken zu gewährleisten für die derzeit keine Aussicht auf Elektrifizierung seitens der DB Netze AG, der Eigentümerin des Schienennetzes, besteht. Und die Verbindung nach Grimma steht hier ganz obenan.

„Wir möchten den Bürgerinnen und Bürgern eine bestmögliche Anbindung an den Schienenpersonennahverkehr bieten und gleichzeitig ein attraktives Zugangebot für die Region schaffen. Alternative und saubere Antriebstechnologien können dazu einen wertvollen Beitrag leisten“, erklärt ZVNL-Geschäftsführer Oliver Mietzsch.

Und Jörn-Heinrich Tobaben, Geschäftsführer der Metropolregion Mitteldeutschland Management GmbH.: „Die äußerst dynamische Entwicklung unserer Region macht es notwendig, intelligente Lösungen für den Wirtschaftsverkehr als auch den ÖPNV zu finden. Die Metropolregion Mitteldeutschland setzt dabei auf zukunftsfähige Energiefelder. Mit der Initiierung des Innovationsprojekts HYPOS fördern wir die Anwendung von Grünem Wasserstoff auch im Bereich Mobilität. Die Nutzung Erneuerbarer Energien erhöht letztlich auch die Lebensqualität der Menschen in der Region.“

Ein wichtiger Knackpunkt der durch die Ludwig-Bölkow-Systemtechnik GmbH erstellten Machbarkeitsstudie „H2-Schienenverkehr in Mitteldeutschland“ war die Prüfung der Durchfahrt von Brennstoffzellenzügen durch den Leipziger City-Tunnel als Herzstück des MDSB-Netzes.

Diese Durchfahrt ist nach Einschätzung der Gutachter uneingeschränkt und sicher möglich. Die Studie, unterstützt von der ALSTOM Transport Deutschland GmbH und der TÜV-SÜD Rail GmbH, beinhaltet darüber hinaus eine Einschätzung der Bereitstellungskosten für Wasserstoff unter Berücksichtigung verschiedener Szenarien. Dabei wurden auch die Infrastrukturkosten wie z. B. für Wasserstofftankstellen berücksichtigt. Zudem belegen die Untersuchungen das große Einsparungspotenzial an umweltschädlichen Emissionen durch den Einsatz des Brennstoffzellenantriebs.

„Die Studie zeigt: Mit Grünem Wasserstoff sind Treibhausgas-Einsparungen von 95 Prozent und mehr zu erwarten“, sagt Alexander Spieß, Projektmanager bei HYPOS. „Jedoch sind auch mit Grauem Wasserstoff aus Erdgas schon Einsparungen von bis zu 30 Prozent möglich. Lokale Stickoxidemissionen entfallen komplett. Für HYPOS geht der Mehrwert des Grünen Wasserstoffs über den alleinigen Beitrag zum Umwelt- und Klimaschutz hinaus. Mit der Umsetzung Grüner Wasserstoffanwendungen und dem Wissensaufbau unterstützen wir nicht nur den Erfolg der Energiewende, sondern entwickeln auch einen zukunftsfähigen Wirtschaftszweig für die mitteldeutsche Region und sichern Industriestandorte.“

Die Machbarkeitsstudie könne als Grundlage für eine zukünftige Ausschreibung des ZVNL dienen, betont Oliver Mietzsch.

„Um für die Strecken- und Bedarfsanforderungen optimale Lösungen zu finden, sind zusätzliche Untersuchungen notwendig, die auch weitere alternative Antriebsmöglichkeiten, wie zum Beispiel batterieelektrisch betriebene Fahrzeuge, in den Blick nehmen“, betont Oliver Mietzsch. „Als Umsetzungszeitraum vom Projektstart bis zur Betriebseröffnung wäre mit allen notwendigen Bestandteilen von einer Dauer von mehreren Jahren auszugehen.“

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