Als die Leipzig Pass Mobil Card 2009 eingeführt wurde, kostete sie 26 Euro und passte gerade so mit Ach und Krach in das Budget von Hartz-IV-Beziehern und etwa 30.000 anderen Leipzigern, die aufgrund ihres Einkommens berechtigt waren, dieses Sozialticket der LVB in Anspruch zu nehmen. Seither aber stieg der Preis für das Ticket auf 35 Euro. Eine Petition wollte jetzt wieder eine deutliche Absenkung erreichen. Und wird wohl scheitern.

Das Dezernat Jugend, Soziales, Gesundheit und Schule hat jetzt Stellung genommen, eigentlich stellvertretend für die Verwaltung. Denn die ermäßigte Karte funktioniert nur, weil die Stadt jedes Jahr rund 1,5 Millionen Euro zuschießt. LVB und Stadt teilen sich in die Finanzierung des Monatstickets 70 zu 30.

Und wenn die Stadt den Preis wieder senken will, muss der Haushalt wieder einen zusätzlichen Posten verkraften. Oder mit den Worten des Sozialdezernats: „Eine Absenkung des Preises der Leipzig-Pass-Mobilcard auf 20 Euro monatlich ist derzeit nicht finanzierbar. Ausgehend von den Verkaufszahlen des Jahres 2017 wäre eine Absenkung des Preises (ohne Aboverpflichtung) von derzeit 35 Euro auf 20 Euro monatlich mit Zusatzkosten von ca. 1,9 Mio. € p.a. verbunden.“

Neben der Preisreduzierung für die Leipzig-Pass-Mobilcard forderten die Petenten außerdem:

„die Gültigkeit der Leipzig-Pass-Mobilcard auf alle Zonen zu erweitern, die an die Zone 110 angrenzen

ermäßigte Leipzig-Pass-Einzeltickets einzuführen,

die kostenlose Mitnahme von Kindern oder Enkel*innen im Alter bis 18 Jahre für Inhaber der Leipzig-Pass-Mobilcard bzw. von Leipzig-Pass-Einzeltickets,

die kostenlose Mitnahme von Hunden oder Fahrrädern für Inhaber der Leipzig-Pass-Mobilcard bzw. von Leipzig-Pass-Einzeltickets.“

Was aus Sicht der Betroffenen alles logisch ist. Denn die im SGB-II-Satz („Hartz IV“) verankerten Sätze für Mobilität geben nicht wirklich mehr als die 20 Euro her. Das heißt: Die Betroffenen müssten von so einer Summe eigentlich ihre komplette monatliche Mobilität bestreiten können – ohne Puffer für solche Extras wie eine zweite Zone, auf Hunde oder Fahrräder.

„Diese Leistungsausweitungen bei der Leipzig-Pass-Mobilcard sind sozialpolitisch wünschenswert, jedoch im Rahmen der laufenden Vertragsverpflichtungen nicht umsetzbar“, stellt das Sozialdezernat fest. „Bei künftigen Verhandlungen zwischen der Stadt Leipzig und der LVV/LVB sowie dem Mitteldeutschen Verkehrsverbund wird geprüft, ob ein oder mehrere der durch die Petenten benannten Vorschläge aufgegriffen werden kann/können und finanzierbar ist/sind.“

Aber nicht nur mit den LVB müsste man einen Deal finden, sondern auch noch mit dem Mitteldeutschen Verkehrsverbund (MDV): „Mit der Ausweitung der Gültigkeit der Leipzig-Pass-Mobilcard auf das Umlandgebiet der Stadt wären zudem die Interessen weiterer Verkehrsunternehmen und Aufgabenträger betroffen. Eine Umsetzung wäre nur im Rahmen des Mitteldeutschen Verkehrsverbundes und unter Zusage umfangreicher Ausgleichsleistungen denkbar.“

Also so oder so kostet es Geld. Was natürlich kein Thema wäre, wenn der Bund nicht ausgerechnet die Bedürftigsten zu seinem Lieblingssparschwein gemacht hätte und den Betroffenen einfach das wirklich zum Leben Notwendigste zugestehen würde. Was die Hartz-IV-Sätze ja auch nach Erkenntnis des obersten Gerichts nun einmal nicht sind.

Sie gehen in fast allen Positionen des täglichen Lebens unter die wirklichen Bedarfe, zwingen also die Betroffenen dazu, auf mehr zu verzichten als auf das Lebensnotwendige. Also echte Abstriche zu machen – bei der Ernährung, der Bildung der Kinder, der Mediennutzung, der kulturellen Teilhabe und eben auch der Mobilität.

Trotzdem nutzen rund 23.000 Leipzigerinnen und Leipziger die Leipzig-Pass-Mobilcard, vorwiegend das Monatsticket, was zumindest die Flexibilität ermöglicht, so ein Ticket vor allem in den nassen Jahreszeiten zu nutzen und im Sommer lieber zu Fuß zu gehen oder mit dem Rad zu fahren.

Bleibt jetzt noch die Hoffnung, dass sich die Stadt bei den Verhandlungen mit den LVB im Rahmen des jetzt diskutierten Nahverkehrsplans vielleicht doch auf ein paar Zugeständnisse einigt.

Oder mit den Worten des Sozialdezernats: „Am 27.09.2018 hat die Ratsversammlung die Grundsatzentscheidung getroffen, dass den strategischen Planungen im Mobilitätsbereich der Stadt Leipzig bis zum Jahr 2030 das Nachhaltigkeitsszenario zugrunde gelegt wird (VI-DS-03902-NF-02-ÄA-01, Ziff. 1).

Vor dem Hintergrund dieser strategischen Planungsprämisse hat die Stadt Leipzig verschiedene Finanzierungsbausteine einer nachhaltigen Mobilitätsstrategie 2030 formuliert, die der derzeit absehbaren finanziellen Leistungsfähigkeit der Stadt Leipzig und der Leipziger Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft mbH (LVV mbH) Rechnung trägt.“

Und schon jetzt steht fest, dass wenigstens der heftige Preisauftrieb der letzten Jahre gedämpft werden soll: „Die erste Stufe der Finanzierung des Einstiegs in ein Nachhaltigkeitsszenario im Bereich Mobilität sieht vor, die Fahrpreissteigerung für die Tarifzone Leipzig von bisher jährlich 3,5 % auf 2 % jährlich für die Jahre 2019 und 2020 zu begrenzen.

Die Stadt Leipzig erhöht in diesem Zusammenhang auch ihre Ausgleichszahlungen an die Leipziger Verkehrsbetriebe GmbH (LVB) für die Leipzig-Pass-Mobilcard zur Erreichung einer Kofinanzierungsquote von 50 % und für den Ausbildungsverkehr.“

Das soll dann wenigstens vorerst helfen, den Preis der Monatskarte von 35 Euro stabil zu halten. An eine Absenkung wagt die Verwaltung da noch gar nicht zu denken.

Zwar muss der Petitionsausschuss beraten, wie er mit der Petition umgehen möchte.

Was hier vorliegt, ist ja erst einmal die Stellungnahme der Verwaltung, die aber aus ihrer Sicht zu der Einschätzung kommt: „Der vorliegende Verwaltungsstandpunkt positioniert sich ablehnend gegenüber der Petition. Die geforderte Absenkung des Preises der Leipzig-Pass-Mobilcard ist finanziell nicht umsetzbar. Weitere Forderungen des Petenten werden im Rahmen der künftigen Vertragsverhandlungen geprüft.“

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