Eigentlich ist die Verkehrswende seit 2018 Beschlusslage in Leipzig, auch wenn die Veränderungen oft mit unheimlicher Verzögerung passieren. Und zwar gerade im umweltfreundlichen Verkehrssegment Radverkehr. Die Zahl der Radfahrenden in Leipzig steigt seit Jahren, damit auch der Anteil des Radverkehrs am Modal Split. Das bedeutet aber eben auch, dass sich die Konflikte mit Autofahrern mehren und es mehr Unfälle mit Radfahrern gibt.

Erst kürzlich wies der Bericht der Verkehrsunfallkommission auf diese beunruhigende Entwicklung hin.

Was für die Stadt nun einmal heißt, dass sie das an vielen Stellen lückenhafte Radwegenetz ausbauen und sicherer machen muss. Was auch mit dem nur zu berechtigten Gefühl vieler Leipzigerinnen und Leipziger zu tun hat, dass sie mit dem Rad im Stadtverkehr hochgradig gefährdet sind.

Dienberg: Infrastruktur für Radler konsequenter vorantreiben

Damit es in Leipziger Radwegenetz wenigstens an einigen Brennpunkten endlich sicherer wird, hat die Stadt jetzt einen priorisierten Maßnahmenkatalog vorgelegt: Im sogenannten Radverkehrsentwicklungsplan (RVEP) werden anhand von elf Zielstellungen Bau- und Infrastrukturprojekte, Beteiligungsformate und Aktionen dargestellt und gewichtet, die den Radverkehr befördern sollen.

Baubürgermeister Thomas Dienberg sagt zur Vorstellung des Maßnahmenplans am Donnerstag, dem 22. Februar: „Leipzig hat eine lange Tradition als Fahrradstadt und eine vielfältige und lebendige Radkultur. Die Entwicklung der letzten Jahre zeigt aber auch, dass wir die Förderung der Radverkehrsinfrastruktur konsequenter vorantreiben müssen.

Wir arbeiten daran, Kindern und Erwachsenen bis ins hohe Alter attraktive Verkehrswege zu eröffnen, Lücken zu schließen und Hauptrouten zu verbessern. Wir wollen die Verknüpfungspunkte im Umweltverbund stärken und ein 365 Tage im Jahr nutzbares Radwegenetz etablieren.“

Einige geplante Projekte

Zu den Infrastrukturprojekten gehören beispielsweise Lückenschlüsse im Radwegenetz – hier wird unter anderem die Arthur-Hoffmann-Straße zwischen Bayerischem Bahnhof und Hohe Straße genannt, aber auch zusätzliche Radwege zwischen Merkwitz und Gottscheina oder dass die Neue Linie im südlichen Auwald ertüchtigt werden soll.

Der Radverkehrsbeauftragte Dr. Christoph Waack und Baubürgermeister Thomas Dienberg zusammen bei der Vorstellung des Maßnahmenplans. Foto: Sabine Eicker
Der Radverkehrsbeauftragte Dr. Christoph Waack und Baubürgermeister Thomas Dienberg bei der Vorstellung des Maßnahmenplans. Foto: Sabine Eicker

66 Straßen sollen daraufhin geprüft werden, ob sie als Fahrradstraßen ausgewiesen werden können, darunter die Nonnenstraße, die Berggartenstraße sowie der Abschnitt Elsterstraße bis Otto-Schill-Straße.

An 39 Orten wie etwa am Bayerischen Bahnhof und am Johannisplatz müssen Problemstellen zwischen Radfahrern und Fußgängerinnen entschärft werden. 72 Maßnahmen betreffen Kreuzungen, wo mehr für die Sicherheit der Radfahrerinnen getan werden soll, etwa indem Autos und Radfahrer zu
unterschiedlichen Zeiten ein Grün-Signal erhalten und Aufstellflächen erweitert werden.

Ein weiteres Pilotprojekt ist das Fahrradparkhaus am Hauptbahnhof, damit Räder sicher abgestellt werden können. Das Geld dafür hat der Bund tatsächlich zur Verfügung gestellt. Winterdienst und Reinigung für Fahrradstraßen sollen ebenfalls verbessert werden.

Ein Teil der Mobilitätsstrategie

Zentrale Ziele des Plans sind neben der höheren Verkehrssicherheit sowie einem weiteren Zuwachs bei den Radfahrern und Radfahrerinnen unter anderem auch ein fahrradfreundlicheres Klima in der Stadt, lückenlose Infrastruktur und insbesondere ein besserer Anschluss aus städtischen Randgebieten, betont die Stadt.

Vorgabe ist zudem, dass die Fahrradnutzung im Wirtschaftsverkehr gefördert werden soll. Hier geht es etwa um eine spezielle Infrastruktur für die Logistik in Form von sogenannten „Micro-Hubs“ – kleinsten Depots für Lastenrad-Kuriere und Zulieferer. Insgesamt soll das Fahrrad mehr als Wirtschaftsfaktor wahrgenommen werden.

Der Radverkehrsentwicklungsplan konkretisiert damit die vom Stadtrat beschlossene Mobilitätsstrategie 2030. Er ging mit einer umfangreichen Bürgerbeteiligung im Jahr 2022 einher: Über 4.000 Hinweise von Bürgerinnen und Bürgern sind eingegangen und flossen jetzt in die Planungen ein. Das Konzept kann Haushaltsbeschlüssen nicht vorgreifen, die städtischen Aktivitäten mit Bezug zum Radverkehr werden jedoch anhand des Plans gesteuert.

So legt er beispielsweise fest, auf welchen Verbindungen im Haupt- und Nebenstraßennetz der Radverkehr gebündelt werden soll. Dies geht mit entsprechenden Anforderungen an den Unterhalt beziehungsweise den Ausbau der Straßen einher.

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