Am 22. Februar stellte Baubürgermeister Thomas Dienberg den „Radverkehrsentwicklungsplan 2030+“ vor, in dem neben hunderten Radwegen, die angelegt, saniert oder ausgebaut werden müssen, auch 71 Straßen und Straßenabschnitte aufgeführt sind, die in den nächsten Jahren zu Fahrradstraßen werden sollen. Einige davon wurden priorisiert, weil die Umwidmung zur Fahrradstraße längst überfällig ist.

Etliche der aufgelisteten Straßen standen schon im Radverkehrsentwicklungsplan für 2020, wurden dann aber nicht umgesetzt, weil eine autofreundliche Lobby medial Sturm lief – nicht nur gegen neue Fahrradstraßen, sondern auch gegen neue Radstreifen wie etwa die in der Georg-Schumann-Straße. Sodass die Vorlage zum Radverkehrsentwicklungskonzept 2030+ zwar vermutet, dass zwei der Ziele von 2010 erreicht wurden. Ein drittes aber nicht.

Die ersten beiden Ziele freilich kann man nur mit Vermutungen unterlegen. Das erste war die Steigerung des Anteils aller mit dem Rad zurückgelegten Wege im Leipziger Modal Split von 14,4 Prozent, die im Jahr 2008 erreicht wurden, auf 20 Prozent im Jahr 2020. Das Problem: Eine Verkehrsbefragung hat man erst 2023 wieder durchgeführt. Die neuen Zahlen liegen noch nicht vor. Zur letzten Verkehrsbefragung wurde immerhin ein Anteil von 18,7 Prozent ermittelt.

Das zweite Ziel war die Senkung des „relativen Unfallrisikos“ für Radfahrende gegenüber dem Jahr 2002 um 25 Prozent. Auch hier können Leipzigs Planer nur vermuten, dass es erreicht wurde.

Wachsende Unzufriedenheit

Das dritte Ziel aber, die Zufriedenheit der Leipziger mit dem Radwegenetz zu erhöhen, wurde deutlich nicht erfüllt. Denn während der Radverkehr in Leipzig zunahm, kam es beim Ausbau des Radwegenetzes regelrecht zu einem Stau. Ergebnis: Die Zufriedenheit im ADFC-Fahrradklima-Test blieb zwischen 2011 und 2020 praktisch gleich, die Unzufriedenheit aber wuchs von 18 auf 27 Prozent.

Und der genauere Blick in die Zahlen zeigt, dass es vor allem Radfahrer/-innen sind, die täglich mit dem Rad unterwegs sind, die immer unzufriedener wurden. Denn sie erleben das Leipziger Radwegenetz jeden Tag im Praxistest.

Und sie merken auch, was es bedeutet, wenn sie in wichtigen Verbindungsstraßen, die eigentlich Hauptradrouten sind, nicht als vorrangige Verkehrsteilnehmer betrachtet werden. Und gerade die mit der höchsten Stufe priorisierten Straßen in der Liste der geplanten Fahrradstraßen sind solche, in denen der Radverkehr in den letzten Jahren spürbar zugenommen hat. Mehr als ein Dutzend dieser Straßen sollte also in der nächsten Zeit eine Beschilderung als Fahrradstraße bekommen.

Die für eine Widmung als Fahrradstraße priorisierten Straßen:

die Nonnenstraße in ihrem kompletten Verlauf
die Naunhofer Straße von der Russenstraße bis zur Holzhäuser Straße
die Erich-Köhn-Straße und die Capastraße
die Friedrichshafener Straße vom Walter-Albrecht-Weg bis zum Vierzehn-Bäume-Weg
der Walter-Albrecht-Weg von der Friedrichshafner Straße bis zur Rosenowstraße
die Rosenowstraße vom Walter-Albrecht-Weg bis zur Mockaer Straße
die Otto-Schill-Straße im kompletten Verlauf
die Weißenfelser Straße von der Merseburger Straße bis zur Nonnenstraße
die Könneritzstraße/Ernst-Mey-Straße von der Nonnenstraße bis zur Anton-Bruckner-Allee
der Rennbahnweg von der Karl-Tauchnitz-Straße bis zur Max-Reger-Allee
die Holbeinstraße von der Könneritzstraße bis zur Limburger Straße (Limburger Steg)
die Limburger Straße im vollen Verlauf
die Biedermannstraße im vollen Verlauf
die Blochmannstraße von der Bennigsenstraße bis zur Gorkistraße
die Tresckowstraße im vollen Verlauf
die Damaschkestraße von der Pater-Gordian-Straße bis zum Pirolweg

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Es gibt 11 Kommentare

P.S.: Und ja, mehr Halteverbote und konsequentes Abschleppen, bitte ja! Der Nutzer “urs” sollte autofetischistisch mehr “Qualität” erhalten dürfen, da stören lange Hindernisreihen mit soviel “billigen” Metallschrott auch nur. 🙂

Eigentlich ein einfaches Fazit:
Der Nutzer “urs” lügt sich weiterhin, reizthematisch und pathologisch erscheinend, selbst und uns die Taschen voll, an der Plagwitzer Brücke und auch an anderen analogen Stellen darf mensch sich nachweislich auf der Straße einordnen, da der Radweg kein Abbiegen zulässt, das ist erlaubt, nur der Nutzer “urs” hat sich mal wieder selektiv zu seinen rechtsregressiven Gunsten “belesen”, und Fahrradstraßen sind aktuell wirklich ein Etikettenschwindel. Der ruhende Verkehr muß aus diesen strategisch konsequent entfernt und der fließende Motorverkehr mittels Modalsperren unterbrochen werden. Immer noch sind und bleiben Schleich- und Parksuchverkehr die größten Hindernisse eines sicheren Vorankommens.
In Südchina und Shenyang war es dank Visumsfreiheit sehr schön btw. ^^

Sebastian Thurm

Mit drei Jahren Verspätung nimmt sich der “„Radverkehrsentwicklungsplan 2030+” nun also das vor, was in Teilen eigentlich schon längst an Infrastruktur umgesetzt sein müsste. Es gibt eigentlich keine Zeit zu verlieren.

Von den vielen “Fahrradstraßen” halte ich allerdings auch nicht viel. Es gibt da praktisch keine Unterschied zu einer normalen Straße, außer ein paar nett aufgemalten Piktogrammen. Bestes Beispiel für diesen Etikettenschwindel ist da der innere Dittrichring. Permanenter Parksuch- und Anliefer-/Anliegerverkehr und ständige Unterbrechungen des Verkehrsflusses durch Vorrang des Verkehrs aus den Querstraßen. Und als Sahnehäubchen dann abends die durchrasende Poser, die einen von der “Fahrrad”straße fegen, wenn man nicht schnell genug ausweichen kann. Auf soviel Vorrang kann ich gern verzichten.

Viel lieber hätte ich da, lieber gestern als heute, einen vernünftigen, durchgängigen Radfahrstreifen von der Harkort- bis zur Dufour-/Wundtstraße, und zwar beidseitig. Erst heute wurde ich von einem rasenden Kampfkraftfahrer auf meinem täglichen Weg zur Arbeit wieder um ein Haar nicht umgefahren. Die Gefahren lauern überall und dort leider sehr gehäuft.

> “Der einzige Unterschied zwischen einer normalen Straße und einer Fahrradstraße (in Leipzig) ist die Umkehrung des Vorrangs (auf der Straße). Nix weiter.”
Ja das meine ich doch. Man kann wieder “grüne Kilometer” ausweisen, aber hat faktisch nichts erreicht damit. Man kann heute über die Nonnenstraße oder an der Rennbahn mit dem Rad oder dem Auto fahren, und wird es nach der Maßnahme tun können. Ich sehe heute Radfahrer, die dort unbehelligt nebeneinander fahren, und das wird nach der Maßnahme nicht anders sein. Rennbahnweg… Sehr geil. Da wurde ich immer schon von den vielen durchfahrenden Autos behelligt auf dem Rad. Eine weniger nötige Fahrradstraße, als diese Sackgasse, kann ich mir kaum vorstellen.

Also m.W. kann man nur dann einen ausgeschilderten Radweg legal nicht benutzen, lieber User Steffen, wenn die Wegbenutzung unzumutbar ist (krasser Untergrund, Scherben, Eis, etc.), der Weg zugestellt ist (wo ein Körper ist kann kein zweiter sein, Physik Klasse 6), man sich darauf vergleichsweise gefährden würde, oder man einen mehrspurigen Anhänger zieht. Verstehe ich Sie richtig, daß Sie der Meinung sind, daß man sich dort auf dem Radweg im Bereich der fünf markanten Magnolien am Palmengarteneingang gefährdet? Der Radwegteil ist exorbitant schmal (ca. 1m)l und es kommen einem immer wieder andre Radler entgegen oder kommen aus dem Palmengarten angerast, insoweit ja. Mir wäre es jedenfalls von mir aus nicht eingefallen, dort einfach so vom Radweg weg auf die Fahrbahn zu fahren, d.h. ein plötzlicher Schlenker auf die Fahrbahn käme für jedes Auto sehr unerwartet. Heikel.

@ Urs: “Nun ist man gezwungen abzusteigen, das Rad über eine Querungshilfe zu schieben und sich dann um die Ecke in die Nonnenstraße zu schwingen. Wie einfach war es doch früher, als es noch keinen Radweg und keine Haltestelle dort gab, man hat sich beizeiten auf der Fahrbahn auf der Brücke links eingeordnet und konnte souverän nach links abbiegen.”
Diese Taktik ist noch immer (legal) möglich. Einfach den gemeinsamen Rad- und Fußweg nach der Klingerbrücke ignorieren und auf der Fahrbahn bleiben. Auf der Plagwitzer Brücke kann man sich anschließend sehr bequem in die Linksabbiegerspur einordnen.

Lieber User Urs,
wenn man sich die anderen Leipziger Fahrradstraßen so anschaut, die nun mittlerweile seit Jahren existieren, dann weiß man, das eins dort nicht wegfallen wird: Parkplätze. Der einzige Unterschied zwischen einer normalen Straße und einer Fahrradstraße (in Leipzig) ist die Umkehrung des Vorrangs (auf der Straße). Nix weiter.

Das Wort Auto in der Überschrift bringt Garantiert ein Urs Kommentar zum Vorschein. Herrlich. Es gibt kein Anrecht der Autofahrer alle Straßen prioriesiert benutzen zu können.
Es gibt soooo viele Strassen, wo kein Radfahrer fährt und auch nicht fahren darf. Da ist es legitim im 30/4082828 Strassen in Leipzig mal ne Fahrradstraße einzuführen. Mein Gott ey.

> Was bitte ist am Status quo in der Nonnenstraße störend oder schlecht? Wer kommt nicht zu seinem Recht?
Gute Frage, nächste Frage: Was ändert sich dadurch, dass man dieses Schild an die Straßenenden stellt, wirklich? Alle Fahrradstraßen sind bisher auch für Autos nutzbar.

Wenn dann, lieber Autor, in der Nonnenstraße die Velozipedisten kraft der anstehenden neuen Regelung nebeneinander fahren, dann tritt der gewißlich einkalkulierte Effekt ein, daß die bisher parkierten Kfz als störend empfunden werden, und die nächste Ausbaustufe ist dann ein durchgehendes Halteverbot. Bingo!

Was bitte ist am Status quo in der Nonnenstraße störend oder schlecht? Wer kommt nicht zu seinem Recht? Wieso fechten Sie unverdrossen gegen eine imaginierte “autofreundliche Lobby”?

Übrigens wird die avisierte Fahrradstraße entlang der Ernst-Mey-Straße und dann Könneritzstraße über die Lassallebrücke (das Rudiment, das mal über die Rödel führte) führen. Was soll das? Dort ist Straßenbahnbetrieb, es sind seit Jahren Radwege da, bei Erreichen der Anton-Bruckner-Allee müssen Radfahrende (puh, in der CH sind Fahrende https://de.wikipedia.org/wiki/Fahrendes_Volk#Schweiz anders belegt) gibt es eine abbiegende Hauptstraße. Das wird ein feiner Spaß.

Zurück zur Nonnenstraße: als die neue Plagwitzer Brücke fertig war, wurde klar, daß man mit dem Rad von der Stadt kommend und in die Nonnenstraße wollend nun sehr doof dasteht. Man hat aus unklaren Gründen direkt auf der Brücke eine Haltestelle der 14 etabliert, die früher viel näher an der Kolbestraße gelegen war. Nun ist man gezwungen abzusteigen, das Rad über eine Querungshilfe zu schieben und sich dann um die Ecke in die Nonnenstraße zu schwingen. Wie einfach war es doch früher, als es noch keinen Radweg und keine Haltestelle dort gab, man hat sich beizeiten auf der Fahrbahn auf der Brücke links eingeordnet und konnte souverän nach links abbiegen. Derlei wiederherzustellen wäre Aktivitäten wert. Stattdessen Nonnenstraße zur Fahrradstraße! Aus hehren Gründen, klar. Verkehrswende und so. Und wenn man nur genug Velofahrer nach ihrer Unzufriedenheit fragt, kriegt man gewiß genug “Mehr Radwege, mehr Fahrradstraßen, mehr Radschutzstreifen!” zusammen. Wie das alles zur Stadtgesellschaft in einer Großstadt paßt? Es gilt das Diktat des Autos (B. Jung) zu brechen!

Erst gestern wurde ich von einem rasenden Kampfradler auf meinem kurzen Weg auf dem Trottoir zu meinem abgestellten Velo um ein Haar nicht umgefahren. Die Gefahren lauern überall.

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