Carsharing? Die Leipziger Verkehrsbetriebe (LVB) betreiben doch gar kein Carsharing. Trotzdem ist das Leipziger Verkehrsunternehmen aktuell Teil einer bizarren Auseinandersetzung um Carsharing-Stellplätze. Oder genauer: stationsbasierter Carsharing-Stellplätze. Denn diese gibt es an den von den LVB betriebenen Mobilitätsstationen, erkennbar an der blauen Säule. Die Zahl dieser Mobilitätsstationen soll wachsen. Und damit auch die Zahl der dort eingerichteten Carsharing-Stellplätze. Aktuell sind es 130. Zwei Anbieter teilen sich künftig die Plätze.

Dazu sollten am 1. Juni die Verträge in Kraft treten. Aber dazu ist es nicht gekommen. Stattdessen berichtete die LVZ im Vorfeld „immer wieder von Verstimmungen zwischen dem lokalen Carsharing-Anbieter teilAuto und der LVB“, stellte die SPD-Fraktion im Leipziger Stadtrat in einer Anfrage fest.

„Demnach läuft die Zwischenvereinbarung zur Abdeckung der Mobilitätsstationen mit Carsharing-Fahrzeugen zum 31.05.2025 aus. Und erst im Februar hat das Leipziger Verwaltungsgericht geurteilt, dass die Kosten für Carsharing-Stellplätze in Leipzig unverhältnismäßig teuer sind und bis zu vierzigmal mehr kosten als in anderen vergleichbar großen Städten Deutschlands.“

Alles Gründe für eine sehr umfassende Anfrage, die dann das Mobilitäts- und Tiefbauamt (MTA) zur letzten Stadtratssitzung auch entsprechend ausführlich beantwortete. Darin bestätigte das MTA auch, dass eigentlich der alte Vertrag mit teilAuto zum 31. Mai auslief und die neuen Verträge zum 1. Juni im Kraft treten sollten.

Aber, so das MTA: „Das Vergabeverfahren zur Besetzung der Mobilitätsstationen mit stationsbasierten Carsharing-Fahrzeugen liegt aufgrund eingegangener Rügen derzeit zur Prüfung bei der Vergabekammer. Aufgrund dessen verzögert sich die Vergabe der Stellplätze entsprechend. Es war geplant, das Vergabeverfahren vor dem 01.06.2025 abzuschließen und somit die Umsetzung des Vergabeergebnisses ab dem 01.06.2025 zu realisieren. Ein Termin für den erfolgreichen Abschluss der Ausschreibung kann noch nicht genannt werden, da auch die Vergabekammer die Entscheidungsfrist bereits verlängert hat.“

Eine Übergangsregelung

Aber was passiert jetzt, bis die Vergabekammer eine Entscheidung trifft? Bleiben die Mobilitätstationen – und nur um die geht es ja – bis dahin verwaist?

Das ist nicht der Fall, teilt das MTA mit. Es gibt eine Übergangslösung: „Die LVB haben den Leipziger Carsharing-Markt angefragt und die Stellflächen zur Miete angeboten. Nach einer transparenten Verteilung der Stellflächen an die Anbieter (teilAuto und JETZTmobil) konnten Mietverträge mit beiden geschlossen werden. Bis zur Umsetzung des Ergebnisses der aktuell laufenden Vergabe werden sich ab 01.06.2025 beide Anbieter übergangsweise die 176 Stellflächen teilen. Aus diesen Mietverträgen soll ein nahtloser und stufenweiser Übergang in das Vergabeergebnis gewährleistet werden.“

Mit JETZTmobil bekommt teilAuto – auch so von der Stadt gewünscht – direkte Konkurrenz in Leipzig. Bis jetzt war nur teilAuto Vertragspartner für diese stationsgebundenen Carsharing-Stellplätze. Dieser Vertrag lief am 31. Mai aus.

So betont auch das MTA: „Die auslaufende Zwischenvereinbarung zwischen LVB und teilAuto betrifft grundsätzlich nur einen Teil der CS-Stellpätze in Leipzig. Um aber auch hier ein nahtloses Carsharing-Angebot sicherzustellen, haben Stadt und LVB gemeinsam auf eine Übergangslösung hingewirkt. Nachdem keine Einigung über eine Verlängerung im Rahmen des bisherigen Mietvertrages gefunden werden konnte, die einen nahtlosen Übergang in das Vergabeergebnis gewährleistet hätte, wird der aktuelle Mietvertrag zum 31.05.2025 auslaufen.

Als im März 2025 hierzu Klarheit herrschte, hat die LVB als Betreiber der Mobilitätsstationen und Sondernutzungsinhaber unmittelbar daraufhin den gesamten Markt Leipziger Carsharing-Anbieter angefragt, um kurzfristig weiterhin Carsharing auf diesen Flächen zu ermöglichen.“

Carsharing nicht nur an Mobilitätsstationen

Und dazu kommt: Es gibt ja auch noch jede Menge ganz regulärer Carsharing-Stellplätze außerhalb der Mobilitätsstationen. Die sind natürlich von diesem Vorgang überhaupt nicht betroffen. „Jeder Carsharing-Anbieter kann sich frei von jeglichen Vorgaben seine Stellplätze im öffentlichen Verkehrsraum selbst auswählen. Dazu wird durch den Anbieter ein Antrag auf Sondernutzung nach § 18 SächsStrG gestellt, der sodann straßenrechtlich von der Verwaltung geprüft wird. Es werden dabei keinerlei Vorgaben zu Stückzahlen, Stückzahldeckelungen, konkreten Standorten o. Ä. seitens der Verwaltung gemacht“, betont das MTA dazu.

Die Stadt steuert vor allem die Stellplätze an den Mobilitätsstationen. Und deren Entwicklung ist auch im Energie- und Klimaschutzprogramms (EKSP) 2030 festgelegt. Danach sollen 50 neue Mobilitätspunkte pro Jahr bzw. mindestens 400 bis 2030 eingerichtet werden. Aktuell betreiben die LVB nach eigenen Angaben 48. Aber wie gesagt: Das betrifft nur die Mobilitätsstationen. Ansonsten gilt: „Grundsätzlich kann jedoch auch jeder Sharinganbieter selbst im Rahmen der gesetzlichen Bedingungen und städtischen Vorgaben eigene Stationen beantragen und genehmigt bekommen.“

Zu hohe Nutzungsgebühren?

Und auch zu den überhöhten Nutzungsgebühren nahm das Mobilitäts- und Tiefbauamt Stellung. Die Gebühren fallen tatsächlich nur an, wenn der Anbieter sein Angebot nicht auf der LVB-App LeipzigMOVE schaltet.

„Solange der Anbieter Bestandteil der städtischen Mobilitätsplattform LeipzigMOVE ist, d. h. sein Angebot ist dort sicht- und buchbar, werden keine Sondernutzungsgebühren fällig“, erläutert das MTA. „Ist dies nicht der Fall, werden aktuell Gebühren je nach Zone zwischen 315 und 405 € pro Stellplatz und Monat fällig.“

Trotzdem sind die Gebühren zu hoch, wie das MTA zugesteht: „Das Vorgehen der Stadt, zu unterscheiden zwischen Integration in die Mobilitätsplattform oder nicht, bestätigte das VG Leipzig in seinem Urteil vom 12.02.2025 grundsätzlich.

Die im Falle der Nichtintegration in LeipzigMOVE vorgesehenen aktuellen Sondernutzungsgebühren wurden jedoch in diesem Urteil auch im Verhältnis zu anderen Städten als zu hoch eingeschätzt. Es ist daher noch in diesem Jahr eine deutliche Senkung der Gebühren vorgesehen. Ungeachtet dessen besteht aber immer die Option der Gebührenfreiheit, als Bestandteil von LeipzigMOVE.“

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