Carsharing ist eines der Segmente, das die Mobilität in Leipzig langfristig verändern und umweltfreundlicher machen kann. Doch beim Ausbau des Carsharing-Systems klemmt es und kam es just in der letzten Oktoberwoche zu einer neuen Turbulenz, weil der aus Halle stammende Anbieter Jetztmobil seinen Rückzug aus Leipzig bekannt gab. Worüber dann in der LVZ ein wenig orakelt wurde, sodass der in Leipzig heimische Anbieter Teilauto eine Gegendarstellung zum LVZ-Artikel „Carsharing im Umbruch: Jetztmobil zieht sich aus Leipzig zurück“ verlangte.

Aber der eigentliche Grund für die Verwerfungen ist im Grunde die aktuelle Sondernutzungssatzung der Stadt, die die SPD-Fraktion am 29. Oktober in der Ratsversammlung zu Thema machte.

Im SPD-Antrag geht es um die verfügbare Zahl von Stellplätzen für Carsharing, aber auch um die Staffelung von Zonen, die unterschiedliche Gebührensätze für die Anbieter bedeuten. Und außerdem sei es ein Irrweg, so SPD-Stadtrat Frank Franke, Carsharing in Leipzig nur über eine einzige App anzubieten. Das habe mit Wettbewerb nichts zu tun.

Im Antrag der SPD-Fraktion hieß es dann so: „Der Ausbau von stationsbasierten Carsharing-Angeboten kommt in Leipzig nicht in der nötigen Geschwindigkeit voran. Während die Zahl der Mobilitätsstationen der LVB in den vergangenen Jahren zwar erfreulich angewachsen ist, befindet sich das Vergabeverfahren dieser Stellplätze gemäß Antwort auf die SPD-Anfrage VIII-F-01227 weiterhin in der Schwebe mit ungeklärtem Ausgang.

Es steht zu befürchten, dass ein im Raum stehendes Scheitern des Vergabeverfahrens die notwendige Entwicklung des Carsharings in Leipzig auf unbestimmte Zeit weiter ausbremst.

Abseits der Mobilitätsstationen bietet die Stadt Leipzig grundsätzlich die Möglichkeit, frei von gestalterischen und organisatorischen Vorgaben Stellplätze zu beantragen, allerdings sind die Sondernutzungsgebühren dafür auch vom Leipziger Verwaltungsgericht als zu hoch eingeschätzt worden.

Wir beantragen daher, die Sondernutzungssatzung entsprechend zu ändern und legen einen gestaffelten Vorschlag vor, der sich an den entsprechenden Gebühren in anderen Städten orientiert (diese liegen überwiegend zwischen 10 und 50 EUR pro Stellplatz pro Monat).“

Die Sondernutzungssatzung müsste also zeitnah überarbeitet werden, möglichst noch im Jahr 2025, wie Franke betonte.

Mehr Mobilitätsstationen mit Carsharing

Den zentralen Vorwurf der SPD-Fraktion wollte das Mobilitäts- und Tiefbauamt (MTA) zumindest nicht auf sich sitzen lassen.

„Der Ausbau der bestehenden Mobilitätsstationen und Mobilpunkte sowie der Neubau weiterer Stationen erfolgt fortlaufend, aktuell entsprechend des Beschlusses zum EKSP bis 2030. Ende 2024 bestanden so in Leipzig 51 komplexe Mobilitätsstationen, 77 Mobilpunkte und 70 Solostationen (Sharingangebote/E-Ladestationen). In 2025 errichtet die LVB mindestens 16 weitere Mobilitätsstationen und 29 Mobilpunkte/Solostationen. Die Besetzung dieser Stationen durch Carsharing ist gesichert“, erklärte das MTA in seiner Stellungnahme.

„Jeder Carsharinganbieter kann sich darüber hinaus frei von jeglichen Vorgaben seine Stellplätze im öffentlichen Verkehrsraum selbst auswählen. Es werden dabei keine Vorgaben zu Stückzahlen, konkreten Standorten o. Ä. seitens der Verwaltung gemacht.

Solange der Anbieter Bestandteil der städtischen Mobilitätsplattform LeipzigMOVE ist, werden auch keine Sondernutzungsgebühren fällig. Nur wenn dies nicht der Fall ist, werden Gebühren je nach Zone fällig. Das Vorgehen, zwischen Integration in die Mobilitätsplattform oder nicht, zu unterscheiden, bestätigte das VG Leipzig in seinem Urteil vom 12.02.2025 grundsätzlich. Die Höhe der Gebühren muss jedoch reduziert werden.

Die im Falle der Nichtintegration in LeipzigMOVE vorgesehenen Sondernutzungsgebühren werden nach Maßgabe des o.g. Urteils überarbeitet. Eine deutliche Senkung der Gebühren ist noch in diesem Jahr vorgesehen. Ungeachtet dessen besteht als Bestandteil von LeipzigMOVE aber immer die Option der Gebührenfreiheit.“

Die Sondernutzungsgebühren sind zu hoch

Doch genau diese Unterscheidung zwischen Anbieter auf LeipzigMOVE und jene, die dort nicht vertreten sind, fand die SPD-Faktion in gewisser Weise diskriminierend. Weshalb sie vor allem die Gebührensätze in der Sondernutzungssatzung gesenkt sehen wollte.

Ein Punkt, in dem die Stadt der Fraktion tatsächlich entgegenkommen will: „Grundsätzlich findet die Berechnung der Sondernutzungsgebühren nur dann Anwendung, wenn Carsharinganbieter aus unterschiedlichen Gründen ihr Angebot nicht digital und nicht physisch als Bestandteil der Mobilitätsplattform der Stadt LeipzigMOVE anbieten.

Mit der nächsten Änderung der Sondernutzungssatzung soll der Gebührentarif dafür bereits deutlich vermindert werden. Damit soll den ökologischen und klimapolitischen Aspekten sowohl der Leipziger Mobilitätsstrategie als auch der Verkehrswende insgesamt Rechnung getragen und das Urteil des VG Leipzig vom 12.02.2025 – 1 K 2286/24 umgesetzt werden.“

Die Stadt bekam mit dem Urteil des Verwaltungsgerichts vom 12. Februar 2025 also auch zusätzlichen Druck, die Sondernutzungssatzung im Punkt des Carsharings zu überarbeiten und die Gebühren deutlich zu senken. Von 315,- bis 405,- Euro je Carsharing-Stellfläche pro Monat auf die eher bundesweit durchschnittlichen Gebühren von 10,- bis 60,- Euro.

Neue Satzung noch 2025?

Das sagte das Mobilitäts- und Tiefbauamt in seiner Stellungnahme denn auch zu, dass die Vorlage der Änderung der Sondernutzungssatzung noch 2025 in den Stadtrat kommt. Ein Punkt, an dem Frank Franke gleich noch ein bisschen Druck aufbaute, denn wenn die Satzung 2025 nicht kommt, gäbe es postwendend eine SPD-Anfrage, wo die überarbeitete Satzung bleibt.

Da die Vorlage der Stadt das gewünschte Thema aufgreift, stellte Franke auch gleich diese Vorlage zur Abstimmung, die dann – bei sieben Nein-Stimmen – trotzdem die mehrheitliche Zustimmung der Ratsversammlung fand.

Blieb noch ein Ergänzungsantrag der Linken, der dann als Protokollnotiz vom OBM übernommen wurde: „Anbietern mit dem Zertifikat ‚Blauer Engel Carsharing‘ (RAL-UZ 100) oder gleichwertigem Nachweis sowie einem eigenen Sozialtarif für Leipzig-Pass-Inhaber*innen soll eine Ermäßigung von 50 % auf die in Beschlusspunkt 2 genannten Preise gewährt werden.“

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