„Der Jahresstatistik ist eine Zahl zu entnehmen, die die schwierige Lage drastisch verdeutlicht. Die Mietschulden haben sich mit fast 28 Millionen Euro innerhalb eines Jahres nahezu verdoppelt!“, meldete der Verband der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft e.V (vdw) Sachsen am 5. Juni. „Diese Summe ist auch doppelt fatal. Sie zeigt, dass die Zahlungsfähigkeit von immer mehr der bei uns wohnenden Menschen an ihre Grenzen kommt und sie ist natürlich eine zusätzliche enorme Belastung für unsere Mitgliedsunternehmen und deren Liquidität. Diese ist sowieso schon sehr unter Druck da sie für die warmen Betriebskosten in Vorleistung gehen.“
Und das sind nur die Mieterinnen und Mieter der kommunalen Wohnungsunternehmen. Der vdw Sachsen Verband der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft e.V. vertritt knapp 120 vor allem kommunale Wohnungsunternehmen, die mit über 310.000 Wohnungen fast ein Fünftel des Mietwohnungsbestandes in Sachsen bewirtschaften. Dort wohnen 550.000 Sachsen, darunter mehr als 65.000 Kinder.
Aber es wohnen dort eben auch vor allem Menschen, die aufgrund kleiner Einkommen auf bezahlbaren Wohnraum dringend angewiesen sind. Und den bieten ja die Wohnungsgenossenschaften.
„Mit durchschnittlich 5,50 €/m² Nettokaltmiete bleibt Wohnen im Bestand der vdw Mitgliedsunternehmen zwar bezahlbar – doch diese Mieteinnahmen ermöglichen es kaum noch, energetische Sanierungen oder klimagerechten Neubau zu realisieren. In Zeiten, in denen die Inflation zweistellige Baukostensteigerungen befeuert, sind sozial orientierte Wohnungsunternehmen bei dieser Ertragslage strukturell überfordert“, betonte der vdw.
Nebenkosten werden zum Problem
Aber auch immer mehr Mieter sind überfordert. Ihnen fliegen immer öfter die Nebenkosten um die Ohren. Der vdw dazu: „Die Belastung der Mieter endet nicht bei der Kaltmiete. Die warmen Nebenkosten – derzeit bei 1,60 €/m² im Durchschnitt – steigen spürbar und sind für viele Haushalte eine wachsende Belastung. Hier liegt ein enormes sozialpolitisches Risiko, das ernst genommen werden muss. Bezahlbares Wohnen heißt auch: Energie bezahlbar halten!“
„Das tägliche Leben wurde in den letzten Jahren stark verteuert. Das raubt vielen Menschen den letzten finanziellen Spielraum“, kommentiert die wohnungspolitische Sprecherin der Linksfraktion im Sächsischen Landtag, Juliane Nagel, diese Entwicklung. „Höhere Energiepreise schlagen voll auf viele Nebenkostenabrechnungen durch. Umso dringlicher müssen wir unser Land gerechter machen, die Energieversorgung auf die preiswerten erneuerbaren Quellen umstellen und den Anstieg der Mietpreise bekämpfen.“
Und es sind eben nicht nur Zahlungsrückstände. Die Mietschulden können, wenn die Betroffenen keine Lösung finden, zu einem existenziellen Problem werden, denn Mietschulden sind ein Hauptgrund für Wohnungslosigkeit.
„Wir wollen Präventionsangebote ausbauen, damit Mietschulden möglichst gar nicht erst entstehen“, geht Juliane Nagel auf die Forderung der Linksfraktion ein, das Problem anzugehen. „Vor allem Wohnungsgenossenschaften suchen individuelle Lösungen, um Wohnungsverlust zu vermeiden. Das ist vorbildlich. Auch die kommunalen Wohnungsunternehmen handeln nicht profitorientiert. Es gibt daher gute Gründe, so viel Mietwohnraum wie möglich in öffentlicher oder genossenschaftlicher Hand zu organisieren.“
Aber das Problem bleibt ja nicht bei den betroffenen Mietern. „Die kommunalen Wohnungsunternehmen geraten wegen der Mietschulden unter zusätzlichen Druck. Auch sie brauchen Entlastung“, erklärt Juliane Nagel.
„Auch deshalb wollen wir die DDR-Altschulden streichen – diese müssen schließlich aus Mieteinnahmen getilgt werden. Aufgrund des Einigungsvertrages gingen sowohl das zur Wohnungsversorgung genutzte volkseigene Vermögen als auch die anteiligen Schulden auf die Städte und Gemeinden über. In anderen Branchen entfielen sie.“
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