Wie bekommt man endlich wieder Luft in den Leipziger Wohnungsmarkt? Und damit mehr Wohnungen, gerade für junge Leute, die in Leipzig durchstarten wollen? Das war eigentlich das Thema für das Wohnungspolitische Konzept, mit dem die Stadt ihre Anstrengungen bündelt, mehr Wohnungen in Leipzig zu bekommen. Und darin gab es 2023 auch einen Punkt zum Mitarbeiterwohnen. Die Stadt sollte prüfen, wie man mehr Unternehmen dazu bekommt, sich selbst um Wohnungen für ihre Mitarbeiter zu bemühen. Aber so recht will das Thema nicht in die Umsetzung kommen.
Zur Ratsversammlung legte dann das Amt für Wohnungsbau und Stadterneuerung so etwas wie ein „Handlungskonzept Mitarbeiterwohnen“ vor, das aber mit einem Handlungskonzept irgendwie nichts zu tun hatte. Irgendwie war es nur ein Sachstandsbericht, der letztlich nur in 10.000 Euro mündete, die irgendwie in die Koordinierung des Themas fließen sollen. Fand zumindest Linke-Stadtrat Enrico Stange.
Und auch der Grünen-Vorsitzende Dr. Tobias Peter fand, dass da „ein bisschen wenig Fleisch dran war“. BSW-Stadtrat Sascha Jecht war ziemlich ratlos, da war irgendwie nichts zu beißen dran, nichts, das irgendwie zeigte, was die Stadt da nun unternehmen wollte.
Uralt-Thema: Werkswohnungen
Obwohl das eigentlich schon mal funktionierte. Vor über 100 Jahren, als die Wohnungsnot in Leipzig auch groß war und Unternehmen und Stiftungen die Sache selbst in die Hand nahmen und Werkswohnungen und Wohnsiedlungen für ihre Beschäftigten bauten. Aus Eigeninteresse. Irgendwie haben das auch die größeren Unternehmen heute verlernt. Sie überlassen das Wohn-Dingsbums lieber den Kommunen.
Aber die haben jetzt nach den ganzen verunglückten Reformen auf Bundesebene kein Geld mehr, können also nicht mal Zuschüsse geben oder sonst irgendwie finanziell flankieren, falls Unternehmen die Bereitschaft signalisieren würden, für ihre eigene Belegschaft Wohnungen bauen zu wollen, wie Tobias Peter anmerkte.
Wie sich die Zeiten ändern. Zu Zeiten von Julius Meyer (Stichwort: Meyer’sche Häuser) wäre kein Unternehmer auf die Idee gekommen, bei der Kommune die Hand aufzuhalten, um Geld zum Wohnungsbau für seine Beschäftigten zu bekommen. Aber irgendwie befürchtete Tobias Peter, dass die Gedanken der Stadt in diese Richtung gehen könnten. Und ef formulierte deutlich, dass Geld für die Förderung des Sozialwohnungsbaus nicht in dieses Anliegen fließen dürfe.
Die großen Unternehmen sind gefordert
Und Enrico Stange wurde noch deutlicher: Hier sollten die großen Unternehmen selbst zu Potte kommen. Und die Stadt sollte schlichtweg die Gespräche mit den großen und größeren Unternehmen anbahnen, um dort auszuloten, inwieweit diese bereit sind, Werkswohnungen zu bauen. Ein schöner alter Begriff. Im Westen kennt man den noch. Denn wer seine Mitarbeiter binden will, schafft das natürlich mit werkseigenen Wohnungen. Das wäre mal ein echtes Engagement für die Stadt.
Weshalb die Linksfraktion dann auch genau das beantragte: „1. Vor jeder gewerblichen Ansiedlung in Leipzig werden seitens der Stadtverwaltung Gespräche über die Entstehung von Mitarbeiterwohnungen mit dem Unternehmen geführt.
2. Der Oberbürgermeister führt Gespräche mit börsenorientierten Unternehmen oder mit jenen, die über 500 Mitarbeiter beschäftigen, um ein Verfahren und ein geeignetes Quorum für die Schaffung von Wohnungen zu entwickeln.“
Die SPD-Fraktion hatte dann noch beantragt, das „Handlungskonzept“ als Sachstandsbericht zu titulieren, denn mehr war es ja nicht. Es stand keine einzige wirklich nachvollziehbare Maßnahme drin. Aber mit dem Antrag der Linken kam ja nun eine tatsächliche Handlung hinzu, ein Arbeitsauftrag fürs Wirtschaftsdezernat, mit den großen und größeren Unternehmen und denen, die sich in Leipzig ansiedeln wollen, endlich auch mal über Werkswohnungen zu reden.
Es geht im Grunde um Azubis und Berufsanfänger
Die SPD zog ihren Antrag also zurück. Die BSW-Fraktion hatte gleich sechs Antragspunkte in ihren Änderungsantrag geschrieben, zog aber zwei Punkte wieder zurück und bekam am Ende nur einen Punkt durch: „Im Rahmen der Bewertung und Konzeptionierung, wie bspw. der Konzeptverfahren, wird neben dem bisherigen Fokus auf einheitliche Zielgruppen (Azubis, Einkommensschwache) auch die Orientierung auf Wohnstrukturen gefasst; so sollen Formen wie Clusterwohnen oder Wohnungsflat-Optionen mit den potenziellen Partnern beraten werden.“
Was ja nur logisch ist: Wer (sofort) gut verdient, hat in Leipzig kein Problem, eine hochpreisige Wohnung zu finden. Das Problem haben die Auszubildenden und Berufsanfänger, die mit wenig Geld auf die Suche gehen müssen. Und für die bezahlbare Werkswohnungen ein echtes Plus wären.
Dieser Punkt aus dem BSW-Antrag bekam tatsächlich 36:10 Stimmen bei 9 Enthaltungen,
Der Linke-Antrag wurde mit 36:20 Stimmenpositiv votiert, womit das „Handlungskonzept“ jetzt tatsächlich zwei konkrete Handlungspunkte bekam. Und so konnte der Stadtrat dann die Gesamtvorlage auch beschließen – mit immerhin 40:16 Stimmen bei einer Enthaltung.
Was letztlich ein Handlungsauftrag an Wirtschaftsbürgermeister Clemens Schülke war, mit den großen Unternehmen in Leipzig jetzt endlich auch einmal über Werkswohnungen zu reden.
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